Gesamtweltcup? "Uhrmann, ganz klar"

Von Richard Rother
Uhrmann Schmitt Skispringen
© Getty

München - Für gewöhnlich werden Skispringer von einem kräftigen "Ziiieeeh!" begleitet, sobald sie den Schanzentisch verlassen. In dieser Saison wird das nicht anders sein.

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Auch die deutschen Adler werden natürlich wieder von etlichen Fans unterstützt. Und das, obwohl Deutschlands beste Skispringer seit einigen Wintern äußerst flügellahm sind.

Den verzweifelnden Bewunderern dürfte deshalb wohl irgendwann die Puste ausgehen. Besonders bei Zugpferd Martin Schmitt "ziiieeeht" seit Jahren nur noch der Name. 

Der andere Routinier im Team von Trainer Peter Rohwein, Michael Uhrmann, ist durch seinen Mittelfußbruch herausgerissen worden, als er gerade am Zenit seiner Karriere angekommen schien.

Letzter Sieg 2002

Die Ausgangslage: Schmitt zählt zu den erfolgreichsten Skispringern der Geschichte. Der 29-Jährige konnte in seiner Karriere bisher 28 Weltcupsiege verbuchen und drei Mal den Gesamtweltcup holen. Sein letztes Einzelspringen gewann Schmitt allerdings vor mehr als fünf Jahren, im März 2002 im finnischen Lahti.

Dass Uhrmann überhaupt wieder vom Backen geht, grenzt schon an ein Wunder. Gerade als beim "Botschafter Niederbayerns" der Knoten endgültig zu platzen schien, platzten stattdessen mit dem fatalen Sturz im Training alle deutschen Hoffnungen auf eine WM-Einzelmedaille. Kurz davor war Uhrmann in Oberstdorf zum zweiten Weltcupsieg in seiner Karriere gesprungen und reiste mit viel Selbstvertrauen im Gepäck zur WM nach Japan.

Erfolg macht sexy 

Der Druck von außen ist immens, denn die Fans sind verwöhnt. Mit "Martin, ich will ein Kind von Dir", schmeichelten zahlreiche Teenies ihrem Helden der Lüfte. Doch wie allseits bekannt ist: Erfolg macht eben sexy. Der Druck von innerhalb des deutschen Teams scheint nicht so groß.

Statt sich mit Konkurrenz im eigenen Lager herumschlagen zu müssen, philosophiert Schmitt seit Jahren über Verbesserungen in der Anlaufhocke und hält damit die Öffentlichkeit an der langen Leine. "Ich habe mich letztes Jahr schon ein Stück weiterentwickelt und hatte noch ein Fehlerbild im Absprung. Das konnte ich aber im Laufe des Sommer-Grandprixs abstellen", so Schmitt gegenüber SPOX.com.

Es wird Feinschliff an kleinsten Details versucht, ohne dass das große Ganze passen würde. "Man kann ja nicht an den Weihnachtsabend denken. Man konzentriert sich auf die Sache, aber die Bewegung darf nicht zu sehr aufgeteilt werden, sonst versteift man sich", erklärt Schmitt.

Kopfblockade 

Aber was nützt alle Erkenntnis, wenn die herbeigesehnte Lockerheit einfach nicht zurückkehren will. Im Endklassement des Sommer-Grandprixs belegte Schmitt Platz 13. Nicht schlecht zugegebenermaßen, aber wen interessiert die Vorbereitung, wenn das Eigentliche dann nicht passt.

Bester Deutscher wurde der wieder erstarkte Georg Späth als Zehnter, einen Platz vor Michael Neumayer, der sich nach seinem Kreuzbandriss zurückmeldete. Nach dem überraschenden dritten Platz beim Weltcup in Lahti am 10. März 2007, meinte Schmitt noch: "Das ist eine Befreiung für mich." Ein Aufwärtstrend sieht allerdings anders aus.

Schritt nach vorne

So wie bei Uhrmann zum Beispiel, der sein Potenzial seit Jahren nutzt und bei dem man einen klaren Schritt nach vorne erkennen konnte.

Während "es wäre toll, wenn ich mich konstant unter den besten zehn bewegen könnte" (Schmitt), ein wenig nach resignierter Zufriedenheit eines gefallenen Helden klingt, will Uhrmann "langfristig wieder dahin, wo ich war". Vor dem Saisonauftakt im finnischen Kuusamo übte sich der 29-Jährige im Gespräch mit SPOX in Understatement: "Nach dem, was ich hinter mir habe, ist mir völlig egal, ob ich bei den ersten Springen 10. oder 60. werde."

Die üblichen Verdächtigen

Bei Uhrmann merkt man auch nach der schweren Verletzung, dass er heiß ist. Zu seinen Top-Favoriten für den Gesamtweltcup 2007/2008 zählt er: "Uhrmann, ganz klar!". Auch, wenn er das nicht ganz ernst meint, ist sein Biss, wieder zurückzukehren, erkennbar. Für die wahren Sieganwärter hat er mit "Malysz, Ahonen, Morgenstern und Schlierenzauer" die üblichen Verdächtigen auf dem Plan.

"Je nachdem, wo ich bin, mache ich weiter und will mich einfach hocharbeiten", erklärt Uhrmann die Zielstellung für die anstehende Saison. 

Zuversicht ist da

Uhrmann wird sich zurückbeißen in die Weltspitze, soviel Zuversicht strahlt er aus. Und selbst, wenn es in diesem Jahr noch nicht klappt, hat er in dieser Saison etwas zu feiern. "Diese Saison ist schon ganz besonders edel für jeden Bayern-Fan. Ich stehe schon immer hinter den Bayern, zwar nicht fanatisch, aber seit meiner Kindheit freue ich mich, wenn sie gewinnen", so Uhrmann.

Schmitts Herz schlägt übrigens für den SC Freiburg. Die Breisgauer hängen derzeit in der 2. Liga fest. "Ich hoffe, dass sie aufsteigen", sagt er. Wenn da mal keine Parallelen zu ihm persönlich zu sehen sind.

 

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