Fall Novak Djokovic: DTB-Vizepräsident Hordorff kritisiert Behörden: "Zeichen von Inkompetenz"

Von Maximilian Lotz
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Dirk Hordorff hat in der Causa Novak Djokovic den australischen Behörden Inkompetenz vorgeworfen. Der DTB-Vizepräsident nahm im Gespräch mit SPOX Djokovic in Schutz, auch wenn er sich "einen Gefallen getan hätte, wenn er sich geimpft hätte".

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"Es ist ein Kompetenzchaos in Australien. Verschiedene Stellen fühlen sich zuständig oder auch nicht. Das sollte nicht zulasten des Spielers gehen", sagte Hordorff im Gespräch mit SPOX.

Djokovic war vergangene Woche an der Einreise gehindert worden, da seine vorgelegten Dokumente nicht akzeptiert wurden. Gegen die Annullierung seines Visums legte der Serbe am Montag erfolgreich Einspruch ein, anschließend wurde wurde er vorerst auf freien Fuß gesetzt. Die Regierung behielt sich allerdings weitere Schritt gegen den 34-Jährigen vor.

Hordorff beobachtet das Theater mit Bedenken und fordert für künftige Turniere klare Verbesserungen und Regularien, um ein ähnliches Chaos zu vermeiden.

Kommentar zum Fall Novak Djokovic: Eine ganze Familie in der Parallelwelt

Dirk Hordorff ...

... über die Situation um Novak Djokovic:

"Ich sitze in Deutschland und habe nicht die Informationen in der Akkuratheit, als dass ich mir da ein Urteil erlauben kann. Ich kann nur wiedergeben, was das australische Gericht entschieden hat. Das hat entschieden, dass Novak sein Visum zu Recht erhalten hat und er selber keinen Fehler gemacht hat. Es ist ein Kompetenzchaos in Australien. Verschiedene Stellen fühlen sich zuständig oder auch nicht. Das sollte nicht zulasten des Spielers gehen."

... über die Schuldfrage:

"Das Gericht in Australien hat die Schuld nicht bei Djokovic gesehen und die haben einen weitaus intensiveren und genaueren Einblick in das, was geschehen war. Da scheinen schon Fehler aufseiten der australischen Bürokratie vorhanden zu sein."

... über die Rolle der Organisatoren der Australian Open im Zusammenspiel mit der Politik:

"Ich glaube, die haben auch alles richtig gemacht, soweit ich das verfolgen kann. Es gibt unterschiedliche Stellen, die dort Verantwortung haben, die nicht das gleiche geäußert haben. Und das macht die Sache natürlich kompliziert. Es müsste ein Gremium geben, das vorher entscheidet und bei dem man weiß, okay, ich habe eine Ausnahmegenehmigung oder ich habe keine. Wenn man jemandem eine gibt, ihn einreisen lässt und sagt hinterher, ätsch, jetzt ist sie weg - das ist nicht die richtig optimale Art des Vorgehens."

... über mögliche Schäden für das Tennis durch dieses Theater:

"Gut ist das nicht. Es ist schon ein Zeichen von Inkompetenz, was sich hier offenbart. Man muss wissen, was man macht. Entweder gibt man jemandem ein Visum oder man gibt ihm keins. Wenn man ein Visum erteilt, dann sollte das auch Gültigkeit haben. Und das Visum haben sie ihm ja gegeben, es gibt nur verschiedene Stellen, die dafür zuständig sind. Und das ist keine Kompetenz und keine gute Sache."

Viele Fans demonstrierten in Australien für Novak Djokovic.
© getty
Viele Fans demonstrierten in Australien für Novak Djokovic.

... über mögliche Folgen für Djokovic und sein Image:

"Das ist eine kritische Sache. Ich selber bin der Meinung, er hätte sich einen Gefallen getan, wenn er sich geimpft hätte, so wie das 95 Prozent aller Tennisspieler gemacht haben. Das hat er nicht. Das ist auch seine Entscheidung. Ungeachtet dessen kennt er die Konsequenzen. Er hat nach den Regeln anscheinend einen Antrag auf ein Visum gestellt, der ihm genehmigt wurde, nachdem er dort einreisen und auch entsprechend spielen konnte. Das ist am Durcheinander der Verantwortlichkeiten in Australien gescheitert. Gut ist es nicht, dieses ganze Gerichtsverfahren. Aber es gibt unterschiedliche Emotionen, bei so einer wichtigen Sache sind die durchaus verständlich."

... über einen möglichen Spießrutenlauf für Djokovic bei den Australian Open:

"Ich hoffe, dass er überhaupt erstmal spielen kann, das ist ja noch nicht gesichert. Es gibt noch die Möglichkeit, dass der australische Minister eine neue Entscheidung trifft und ihm das Visum entzieht. Das ist ein 'ongoing process' und alles nicht so einfach. Mit Sicherheit ist es keine hilfreiche Sache für ihn und seine Vorbereitung in den letzten Tagen. Man kann nur hoffen, dass die Australier ihn jetzt spielen lassen, dass er seine Form findet und dann muss man sehen, ob er gewinnt oder verliert."

... über den positiven Coronatest von Djokovic und anschließend wahrgenommene PR-Termine:

"Das sind viele Sachen, die andere Länder und deren Regeln betreffen, die ich auch nicht kenne. Aber glücklich ist das Ganze nicht. Nichtsdestotrotz hat Novak ein Visum von Australien erhalten, mit dem ist er eingereist und mit dem sollte er auch spielen dürfen."

... über die Möglichkeit einer Wiederholung eines solchen Chaos' bei zukünftigen Turnieren:

"Ich kann nur hoffen, dass es bei den folgenden Turnieren klare Regeln gibt, bei denen jeder weiß, woran er ist, damit sich sowas nicht wiederholt."

... über die Gründe für die noch im Herbst geringe Impfquote im Tennis, die laut ATP bei den Herren bei 65 Prozent lag:

"Das liegt auch an der Organisationsform. Im Fußball oder im Basketball sind die Spieler Angestellter des Vereins und in einer Maschinerie drin. Im Tennis sind die Spieler selbstständig und treffen ihre Entscheidungen selbst. Nichtsdestotrotz wäre es besser gewesen, je früher das Tennis nachgezogen hätte, um zu einer höheren Impfquote zu kommen, so wie sie jetzt wohl ist. Ich glaube, bei 95 Prozent liegt sie aktuell. Das ist sehr viel mit der Organisationsform des Sportbetriebs erklärbar."

... über die Reaktionen der Djokovic-Anhänger - was wäre, wenn Rafael Nadal oder Roger Federer betroffen gewesen wären:

"Ich weiß nicht, wie die Schweizer reagiert hätten. Man darf nicht vergessen, dass es sich hier um einen Spieler handelt, der ein Visum von dem Land, in das er reist, bekommen hat. Das berechtigt einen erstmal, dorthin zu reisen. Es ist schon schwer verständlich, wenn man ein Visum hat, dort ankommt und zur Begrüßung gesagt bekommt, dass dein Visum nicht gilt. Dass die Serben emotional hinter Nole stehen, ist bekannt. Das ist auch verständlich und sympathisch. Dieser ganze Vorgang ist schwer verständlich. Rafa Nadal hat gesagt, es sei egal, ob er jetzt in der einen oder anderen Sache mit Nole übereinstimme, aber jetzt hat auch mal ein Gericht gesprochen, jetzt hat er das Visum und jetzt sollte er auch spielen dürfen. Und das sehe ich auch so."

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