Australian Open - Glückspilz Roger Federer wie Houdini: "Ich sollte schon Ski fahren sein"

SID
Roger Federer musste im Viertelfinale gegen Tennys Sandgren gleich sieben Matchbälle abwehren.
© getty

Roger Federer gelingt erneut eine wundersame Rettung. Der Schweizer wehrt im Viertelfinale der Australian Open sieben Matchbälle ab und trifft nun zum 50. Mal auf Novak Djokovic.

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Er fluchte, er kassierte eine Verwarnung, er bekam einen Krampf im Bein - und er hatte sieben Matchbälle gegen sich. "Ich sollte", scherzte Roger Federer, "schon Ski fahren sein in der Schweiz." Doch die Pisten müssen noch ein paar Tage warten: Der 38 Jahre alte Maestro entpuppt sich bei den Australian Open in Melbourne als größter Entfesselungskünstler seit Houdini.

Federer schien zum Scheitern verurteilt gegen Tennys Sandgren (USA), nur die Nummer 100 der Weltrangliste. Dann aber trat eine Art Wunder ein, von dem er behauptete: "Ich habe das nicht verdient."

Dennoch: Mit 6:3, 2:6, 2:6, 7:6 (10:8), 6:3 kämpfte sich Federer ins Halbfinale, in dem es zum 50. Duell mit Titelverteidiger und Rekordsieger Novak Djokovic kommt. "Ich hoffe, ich kriege wenigstens einen Matchball", sagte der Serbe.

Dabei schien die Zeit zum Skifahren schon gekommen zu sein für Federer, denn: Sieben Matchbälle erspielte sich Sandgren im vierten Satz, beim Stand von 5:4, danach im Tiebreak ab einer Führung von 6:3. Sechs verschlug der Amerikaner selbst. Nur beim 6:5 im Tiebreak wehrte Federer grandios ab - und betonte danach: Mit Können habe das nichts zu tun gehabt. "Manchmal muss man Glück haben."

Roger Federer: Zweiter Thriller mit Happy End

Schon im Achtelfinale gegen John Millman (Australien) hatte sich Federer mit einem faszinierenden Akt der Entfesselung vor dem Untergang gerettet: 4:8 lag er da hinten im Match-Tiebreak des fünften Satzes - dann gewann er nacheinander sechs Punkte und das Match.

Und jetzt ein zweiter Thriller mit Happy End. Wohin mag das noch führen? Nun ja, sagte Federer, "ich bin glücklich, hier zu sein, jetzt kann ich auch das Beste daraus machen." Die Australian Open hat er sechsmal gewonnen, zuletzt 2018.

Zur Geschichte von Federers Tennis-Märchen gehört auch das dritte Spiel im dritten Satz. Er hatte sich drei Breakbälle erkämpft, vergab zwei, fluchte hörbar, kassierte eine Verwarnung, verlor das Spiel - danach ließ er den Physiotherapeuten kommen und ging in die Kabine. Sein Bein habe zugemacht. Er wolle sonst keine Behandlung, um "keine Schwäche zu zeigen", sagte Federer. Diesmal aber habe er sich gedacht: Behandlung, rausgehen und sich wenigstens "mit Anstand fertig machen lassen".

Australian Open: Federer im Halbfinale gegen Djokovic

Warum er nicht aufgegeben habe? "Ich glaube an Wunder", witzelte Federer. Es hätte ja "Regen geben können" oder sonstwas, was den Fluss des Spiels, von dessen Strömung er weggerissen wurde, zu seinen Gunsten unterbrochen hätte. Gerettet wurde er im vierten Satz - von seinem Gegner.

Sandgren hatte unfassbar gut gespielt. Doch den letzten Punch gegen den schwächelnden und Fehler um Fehler begehenden Federer landete er nicht. Auch, weil der Schweizer bei den sieben Matchbällen sechsmal aufschlug.

Ein Match wie dieses, sagte Federer danach, gebe ihm den Glauben, nun sogar das Turnier gewinnen zu können. Allerdings steht ihm nun Djokovic entgegen, der 6:4, 6:3, 7:6 (7:1) gegen Milos Raonic (Kanada) gewann und im direkten Duell mit Federer 26:23 führt. Er hoffe, sagte Federer, dass sein Bein am Donnerstag wieder ausgeheilt sei. "Hoffentlich fühle ich mich dann besser", sagte er, "sonst gehe ich wirklich Ski fahren."

Australian Open: Die Ergebnisse von Tag 9

Spieler 1Spieler 2Ergebnis
Sofia Kenin (14)Ons Jabeur6:4, 6:4
Ashleigh Barty (1)Petra Kvitova (7)7:6 (8:6), 6:2
Roger Federer (3)Tennys Sandgren6:3, 2:6, 2:6, 7:6 (10:8), 6:3
Novak Djokovic (2)Milos Raonic (32)6:4, 6:3, 7:6 (7:1)
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