Ein ganz anderer Florian Mayer

SID
Florian Mayer zeigte sich sowohl auf dem Platz, als auch im Interview in ungewohnter Manier
© Getty

Der Tennisspieler, der da am Freitag auf der roten Asche des Rothenbaums in Hamburg Lleyton Hewitt schlug, sah aus wie Florian Mayer und er hieß Florian Mayer. Aber das war nicht Florian Mayer. Jedenfalls nicht der Florian Mayer, den das deutsche Publikum bislang aus dem Davis Cup kannte. Jetzt gilt es im Doppel für Philipp Petzschner und Benjamin Becker (im LIVESCORE).

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Da trumpfte ein selbstbewusster Spieler mit technischer Finesse auf, der in seinem zwölften Einzel für Deutschland die beste Leistung zeigte: 7:5, 6:3, 6:2. "Weltklasse", bescheinigte Teamkapitän Patrik Kühnen seiner Nummer eins nach dem Erfolg, der den 1:1-Ausgleich gegen Australien bedeutete und damit die Chance auf den Klassenerhalt in der Weltgruppe aufrechterhielt.

Dem Druck Stand gehalten

"Irgendwann musste der Knoten ja mal platzen", sagte der von den Zuschauern gefeierte Bayreuther, "das war ein großer Sieg heute. Wenn ich Sonntag auch so spiele, habe ich eine große Chance, noch einen Punkt zu holen."

Dann tritt er gegen den 19 Jahre alten Bernard Tomic an, der mit seinem 2:6, 6:3, 6:4, 7:6 (7:4)-Sieg gegen Cedrik-Marcel Stebe die Gäste in Führung gebracht hatte. Mayer weiß, dass er dann gewinnen muss.

Aber diesmal scheint es möglich, dass er diesem Druck tatsächlich Stand hält.

So wie am Freitag gezeigt. "Ich musste das 1:1 holen", wusste der Franke. Eine Situation, in der er in der Vergangenheit meist versagte. Die letzten vier Einzel hatte er verloren, das Vertrauen in seine mentalen Fähigkeiten war bei den Beobachtern eher gering. Boris Becker hatte jüngst beispielsweise festgestellt.

"Er hat das Problem, im Fokus der Öffentlichkeit zu stehen." Ex-Doppelspieler Alexander Waske meinte in der "Frankfurter Allgemeinen: "Er hat nicht die Persönlichkeit, dass er sich vor die Menge stellt und sagt: Ich hau' jeden weg!"

Ungewöhnliche Diktion im Interview

Hatte er am Freitag aber doch. "Ich habe mich nach dem ersten Satz richtig locker und frei gespielt", sagte der allen als eher ruhig bekannte Franke. Schon vor dem Match hatte er mit einem Interview verblüfft, dass die "Süddeutsche Zeitung" am Freitag veröffentlichte.

Dezidierte Kritik an DTB-Präsident Karl-Georg Altenburg fand sich da wieder, in einer Diktion, die bislang selten Mayers war: "Ich war sehr enttäuscht von den Aussagen von Herrn Altenburg." Der hatte mal laut darüber nachgedacht, dass Olympia-Verweigerer nicht mehr im Davis Cup spielen sollen.

Die ersehnte Ruhe nach den Querelen zwischen Kühnen und Philipp Kohlschreiber konnte so auch nicht aufkommen. Waskes Generalabrechnung mit der Davis-Cup-Mannschaft, die sich wie eine Bewerbung für den Posten des Kapitäns liest (der Vertrag von Kühnen endet zum Jahresende), tat ein Übriges.

Mayer aber drückte all das am Freitag weg. Erstmals war er nicht nur auf dem Papier, sondern in Abwesenheit der großen Egos Kohlschreiber und Haas auch tatsächlich die Nummer eins in der Mannschaft. Möglicherweise hat er genau dieses Gefühl gebraucht.

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