Schlaflos in Melbourne

SID
Eine große Liebesgeschichte: Novak Djokovic und die Australian Open
© Getty

Schlaf? Keine Chance. Nicht nach diesem Match, nicht in dieser Nacht. Und wenn der Körper nach diesem historischen Tennisklassiker im Finale der Australian Open gegen Rafael Nadal noch so fertig war. In Melbourne graute schon der Morgen, als Novak Djokovic aufgewühlt twitterte: "Ich kann nicht glauben, dass ich immer noch wach bin. Unglaubliches Match, ich liebe Tennis."

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5:53 Stunden lang hatten sich der Serbe und der Spanier bis 1:37 Uhr am frühen Montagmorgen in einem unglaublichen Match die Bälle um die Ohren gedroschen bis der Weltranglisten-Erste aus Belgrad mit 5:7, 6:4, 6:2, 6:7(5:7), 7:5 seinen Titel verteidigt und insgesamt den fünften Grand-Slam-Titel gewonnen hatte.

Aber Djokovic ist unersättlich, der 24-Jährige verfolgt bereits höhere Ziele - der Grand-Slam spukt in seinem Hinterkopf, der Triumph bei den vier Majors in einem Kalenderjahr.

Nur in Paris konnte Djokovic noch nicht gewinnen

Zwei Stunden nach dem verwandelten Matchball formulierte er in der Pressekonferenz seine Attacke auf die sportliche Domäne von Rafael Nadal: Die French Open in Paris. Das einzige Grand-Slam-Turnier, das er 2011 nicht gewonnen hat: "Ich will erstmals das Finale in Paris erreichen und ich habe das Gefühl, dass ich es in diesem Jahr schaffen kann", sagte Djokovic.

Womöglich wird der neue Rekord für das längste Grand-Slam-Finale also nur bis Anfang Juni stehen: In Paris wird auf Sand gespielt, dem langsamsten Belag im Tennis. Nirgends springen die Bälle höher ab, nirgends hat der unglaubliche Ballspin von Nadal fatalere Wirkung. Sechsmal ihn den letzten sieben Jahren triumphierte der Mallorquiner in Roland Garros.

Nadals siebte Niederlage gegen Djokovic hintereinander

Nadal sieht sich für die Attacke von Djokovic gewappnet. Der Weltranglistenzweite sieht sich nach dem Marathonfinale von Melbourne, das die Zeitung "Herald Sun" als "Eines für die Ewigkeit" feierte, mit "Nole" Djokovic auf Augenhöhe: "Ich konnte ihn 2011 nie in diese Situation bringen. Ich hatte heute keinerlei mentale Probleme gegen ihn, wie ich sie im letzten Jahr immer hatte", sagte Nadal erstaunlich gefasst.

Es war immerhin seine siebte Niederlage hintereinander in einem Finale gegen Djokovic, die dritte am Stück bei Grand-Slam-Turnieren.

Um 1.37 Uhr Ortszeit war der ultimative Härtetest im Tennis beendet. John Isner und Nicolas Mahut hatten im Jahr 2010 in Wimbledon zwar 11:05 Stunden gespielt. Freilich über drei Tage verteilt und zu Beginn des Turniers und nicht in einem bis zur letzten Minute hochklassigen Finale zwischen der Nummer eins und der Nummer zwei in der Welt.

"Der größte Sieg meiner Karriere"

"Das war der größte Sieg meiner Karriere", sagte Djokovic und ordnete diesen Titel noch ein Stück höher ein als den Wimbledonsieg im Vorjahr. "Weil wir fast unglaubliche sechs Stunden gespielt haben", sagte Djokovic stolz. Der aufopferungsvoll kämpfende Nadal bekannte: "Ich bin nur noch müde. Es war das physisch härteste Match, das ich je gespielt habe."

Nadal zeigte sich von der physischen Form und der mentalen Kraft von Djokovic beeindruckt und sagte: "Er ist jetzt der Beste der Welt, wir werden sehen, wo er einmal landet." Für den größten Tennisspieler der Geschichte hält der Spanier aber immer noch Roger Federer, der 16 Grand-Slam-Titel gewann, sechs mehr als er selbst.

Angesichts der schier unmenschlichen Fähigkeiten von Djokovic wird es bei dessen fünf Grand-Slam-Erfolgen bestimmt nicht bleiben. Nach dem Sieg bei den US Open hatte er sich im Herbst noch für einen Start im unmittelbar folgenden Davis Cup entschieden und seinem Körper den Rest gegeben.

Diesen Fehler will Djokovic nicht wiederholen und am Wochenende auf seinen Einsatz gegen Schweden zu verzichten. "Ich werde jetzt mindestens zwei Wochen Pause machen und mich dann wieder auf die nächsten Aufgaben vorbereiten", sagte der Herrscher der Tenniswelt. Er kennt seine Ziele, nächste Station Paris.

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