Der Schickste, bitte vortreten!

Von Florian Regelmann
Die acht Teilnehmer der ATP World Tour Finals beim Fotoshooting vor dem Turnierstart
© Getty
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5: Rafael Nadal (Match-Bilanz 2009: 64:11)

Ein schwieriger Fall. Menschlich gibt es gegen den Spanier nichts zu sagen. Allein sein respektvolles Verhalten gegenüber Federer war schon einige Male sehr beeindruckend. Nun ist es aber so, dass man mit Nadals Tennis nicht unbedingt etwas anfangen können muss, wenn man auf Filigranes steht.

Wenn man dagegen auf Leidenschaft und Kampfkraft pur steht, dann schon. In dieser Beziehung ist Rafa einzigartig. Nicht umsonst schießt einem beim Stichwort Nadal in den Kopf, wie er vor einem Match in der Kabine vor dem Spiegel steht und sich heiß macht. Dass er irgendwann in der Rally einen Fehler machen könnte, scheidet bei einem Nadal in Bestform als Option für einen Punktgewinn quasi aus. Er spielt die unglaublichsten Bälle aus der Bedrängnis und dabei nicht selten die absurdesten Winkel.

Aber Fakt ist eben auch, dass sich sein Spiel über Kraft definiert. Und nicht über Finesse. Es ist schwer vorstellbar, dass Nadal mit 30 Jahren noch Grand Slams gewinnt. Rein körperlich ist seine Art Tennis einfach zu heavy, um das lange durchzustehen.

6: Novak Djokovic (Match-Bilanz 2009: 52:22)

Das erste von der ATP registrierte Match bestritt Djokovic als 16-Jähriger bei einem Future-Turnier in München. 5:7, 6:7 gegen Alex Radulescu. Genau, der Radulescu, der 1996 aus Versehen in Wimbledon im Viertelfinale stand. Ist seither ganz schön weit gekommen, der Djokovic. Wäre mal interessant zu wissen, wie oft Djokovic in seiner Karriere vor dem Aufschlag den Ball aufgetippt hat.

Viel mehr als seine bekannten Imitationsfähigkeiten fasziniert beim Serben seine Fähigkeit, Spiele zu gewinnen, auch wenn es alles anderes als gut läuft. Beim Turnier in Basel stand Djokovic vor kurzem einige Male vor dem Aus, zog den Kopf aber immer aus der Schlinge. Und im Finale ließ er dann Roger Federer bei dessen Heimspiel keine Chance. Der Djokovic hat auf jeden Fall Eier.

Und er kommt nach seinem Sieg in Paris-Bercy als der heißeste Spieler nach London. Ist ein sehr sympathischer lustiger Zeitgenosse, der ohne Frage überragendes Grundlinien-Tennis spielt, aber rein spielerisch niemand, der einen komplett vom Stuhl reißt.

7: Fernando Verdasco (Match-Bilanz 2009: 52:22)

Verdasco ist der einzige Neuling beim Saisonfinale. Über seinen Status als Frauenheld (viele Grüße an Ana Ivanovic und Gisela Dulko) wurde schon viel erzählt. Der Fernando macht das alles schon richtig. Fakt ist, dass er tennistechnisch gesehen in dieser Saison einen Riesensprung gemacht hat.

Wer an Verdasco denkt, denkt an sein Fünfsatz-Match gegen Rafael Nadal bei den Australian Open. 7:6, 4:6, 6:7, 7:6, 4:6 - 5 Stunden, 14 Minuten - eines der unfassbarsten und brutalsten Matches, die es wohl je gegeben hat.

Dass es Verdasco verloren hat, ist ein bisschen typisch, denn seine Schwäche bei Big Points hat er zwar verbessert, aber noch nicht abgestellt. Neben seinem Power-Tennis positiv: Verdasco ist einer der wenigen Spanier, die so was wie Spielwitz haben. Und vollieren kann er auch. Guter Typ.

8: Nikolai Dawydenko (Match-Bilanz 2009: 53:16)

Es war 2007 bei den US Open, da hatte Tommy Haas mal wieder nur Frust. Über zwei Stunden musste er gegen diese langweilige Ballwand antreten. Diese langweilige Ballwand, die von einer Seite zur anderen rennt und einen mit seinem trockenen Tennis auf Vor- und Rückhandseite so zermürbt, dass man unschöne Gedanken bekommt.

"Wenn man ihn auf der Anlage so rumlaufen sieht, kann man nicht glauben, dass er einer der besten Spieler der Welt ist", hat Haas mal treffend über Dawydenko gesagt. Der Russe wird es nie ganz nach oben schaffen, weil ihm dafür die Brillanz fehlt.

Aber wenn der ein oder andere nicht sein A-Game bringt, dann würde es niemanden überraschen, wenn Dawydenko in London ins Halbfinale kommt. Auch wenn niemand für sein Tennis Eintritt bezahlen würde. Deshalb Rang acht.

 

Mein London-Tipp

 

Gruppe AGruppe B
1. Roger Federer1. Novak Djokovic
2. Andy Murray2. Robin Söderling
3. Juan Martin Del Potro3. Rafael Nadal
4. Fernando Verdasco4. Nikolai Dawydenko
Halbfinale
Federer over Söderling
Djokovic over Murray
Finale
Federer over Djokovic

 

Die ATP-Weltrangliste