Von Edelhelfern, Allzweckwaffen und Heino

Von Benjamin Sehring
Für Jens Voigt vom Team Saxo Bank wird es die zwölfte Teilnahme bei der Tour de France
© Getty

Am Samstag wird Tour-Direktor Christian Prudhomme in Monaco seinen Oberkörper wieder aus einer roten Limousine ragen, eine kleine Fahne hin und her schwenken und damit die 96. Tour de France eröffnen.

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Hinter ihm machen sich die 180 Fahrer aus 20 Teams auf die knapp 3500 Kilometer lange Strecke vom Fürstentum bis nach Paris. 15 davon kommen aus Deutschland. SPOX stellt die sieben hoffnungsvollsten deutschen Tour-Teilnehmer vor:

Der Form-Suchende: Linus Gerdemann

Team: Milram

Fahrertyp: Klassementfahrer

Tour-Teilnahmen inkl. 2009: 2

Beste Tour-Platzierung: 36. Platz (2007)

Größte Erfolge: 2009: Sieger Bayern-Rundfahrt, 2008: Gesamtsieger Tour de l'Ain, Gesamtsieger Deutschland Tour, 2007: Etappensieg und Träger des Gelben Trikots der Tour de France (1 Tag) 2005: Etappensieg Tour de Suisse, 2004: Deutscher U-23-Straßenmeister

Aufgaben bei der Tour: Gerdemann ist Kapitän und Milrams Hoffnung für das Gesamtklassement. Die Generalprobe für die Tour ging jedoch gehörig in die Hose: Bei der Tour de Suisse landete der 26-Jährige nur auf Platz 41 und hatte 16 Minuten Rückstand auf den Sieger Fabian Cancellara.

Mit dieser Enttäuschung sinken auch die Erwartungen an den Sieger der Bayern-Rundfahrt - von dem Gelben Trikot will bei Milram niemand sprechen: "Davon wage ich nicht zu träumen. Unser Ziel ist es, eine Etappe zu gewinnen. Vielleicht ist für Linus ein Platz zwischen 10 und 15 im Gesamtklassement möglich", sagte Teamchef Gerry van Gerwen bei der offiziellen Vorstellung des Teams.

Falls Gerdemann auch bei der Tour nicht zu seiner Form finden sollte, könnte Peter Velits die führende Rolle bei Milram übernehmen. Der 24-jährige Slowake half schon in der Schweiz aus, als er in der Gesamtwertung noch Platz 12 belegte.

Der Edelhelfer: Andreas Klöden

Team: Astana

Fahrertyp: Klassementfahrer

Tour-Teilnahmen inkl. 2009: 6

Beste Tour-Platzierung: 2. Platz (2004 und 2006)

Größte Erfolge: 2009: Etappensieg Tirreno-Adriatico, Etappensieg Trentino-Rundfahrt, 2. Platz Luxemburg-Rundfahrt, 2008: Gesamtsieg Tour de Romandie; 2. Platz Tour de Suisse, 2007: Sieger Tirreno-Adriatico, Gesamtieg Sarthe-Rundfahrt, 2006: Gesamtsieg Regio-Tour, 2. Platz Tour de France, 2004: Deutscher Meister, 2. Platz bei der Tour de France, 2. Platz Bayern-Rundfahrt, 2000: Gesamtsieg Paris-Nizza, Gesamtsieg Baskenland-Rundfahrt, Olympia-Bronze im Straßenrennen

Aufgaben bei der Tour: Der 34-Jährige ist neben Jan Ullrich und Erik Zabel einer der erfolgreichsten deutschen Radrennprofis der vergangenen Jahre. Sowohl 2004 als auch 2006 schloss er die Frankreich-Rundfahrt als Zweiter ab.

Bei Astana steht der gebürtige Sachse dennoch klar im Schatten des siebenmaligen Tour-Siegers Lance Armstrong und des Giro-Gewinners Alberto Contador. Bei der hohen Anzahl an Topfahrern im Team wird Klöden wohl nur als Edelhelfer zur Verfügung stehen.

Der Start bei der Tour war zuletzt sogar noch in Gefahr: So stand der gebürtige Sachse wiederholt wegen Dopinganschuldigungen in den Schlagzeilen. Nach dem Untersuchungsbericht der Freiburger Uniklinik soll Klöden 2006 Blutdoping begangen haben. Das Astana-Team hatte aber auf eine Suspendierung Klödens verzichtet, da keine klaren Beweise vorliegen würden. Wohl spätestens nach der Frankreich-Rundfahrt wird uns das Thema erneut beschäftigen.

Der Optimist: Gerald Ciolek

Team: Milram

Fahrertyp: Sprinter

Tour-Teilnahmen inkl. 2009: 2

Beste Tour-Platzierung: 106. Platz (2008)

Größte Erfolge: 2009: Sieger Mallorca-Challenge, 2008: Etappensieg Deutschland Tour, 2 Etappensiege Bayern-Rundfahrt; Sieger Tour de Neuss 2007: 3 Etappensiege Deutschland-Tour, 2 Etappensiege Österreich-Rundfahrt, Gesamtsieger Rheinland-Pfalz-Rundfahrt, 3. Platz Cyclassics Hamburg; 2006: U-23-Weltmeister, Etappensieg Deutschland-Tour, 2. Platz Rund um den Henninger Turm; 2005: Deutscher Meister

Aufgaben bei der Tour: Gerald Ciolek ist die deutsche Sprint-Hoffnung: Der 22-Jährige soll bei seinem zweiten Tourstart voll angreifen und um das Grüne Trikot kämpfen.

Dass er über das Potenzial dafür verfügt, bewies der ehemalige U-23-Weltmeister schon bei seinem Tour-Debüt im vergangenen Jahr. Zwar blieb ihm ein Etappensieg verwehrt, mit zwei zweiten und einem dritten Platz zeigte Ciolek aber, dass er mit der Weltelite der Radsprinter mithalten kann.

Die Vorbereitung auf Frankreich verlief jedoch suboptimal. "Meine ersten Saisonhöhepunkte habe ich verschlampt", gesteht Ciolek, der vorsichtig-optimistisch auf den Start in Monaco blickt: "Wir müssen sehen, wie wir in die Tour reinkommen und daraus dann unser Selbstbewusstsein ziehen."

Der Bald-Australier: Heinrich Haussler

Team: Cervelo

Fahrertyp: Sprinter

Tour-Teilnahmen inkl. 2009: 3

Beste Tour-Platzierung: Platz 126 (2008)

Größte Erfolge: 2009: Etappensieg Paris-Nizza, Sieger GP Schwarzwald, 2 Etappensiege Algarve-Rundfahrt, 2. Platz Mailand-San Remo,2. Platz Flandern-Rundfahrt, 2. Platz Katar-Rundfahrt, 2. Platz Neuseen Classics, 2008: Etappensieg Bayern-Rundfahrt; 2007: Etappensieg Niedersachsenrundfahrt, Etappensieg Dauphine Libere, 2006: Etappensieg Rheinland-Pfalz-Rundfahrt, 2 Etappensiege Murcia-Rundfahrt, 2 Etappensiege Circuit Franco-Belge 2005: Etappensieg Vuelta a Espana, 3. Platz Sachsen-Tour

Aufgaben bei der Tour: Bei Cervelo ist Heino, wie er von seinen Teamkollegen genannt wird, zusammen mit dem Norweger Thor Hushovd der Mann für die Flachetappen. Auch im Kampf um das Grüne Trikot könnte der 25-Jährige einsteigen, falls Hushovd schwächeln sollte.

Seine Topform hat der gebürtige Australier in diesem Jahr jedenfalls schon unter Beweis gestellt: Neben seinen Siegen in der Punktwertung der Algarve- und Katarrundfahrt erreichte der Sprinter im Mai schließlich seinen vorzeitigen Höhepunkt: Platz eins der UCI-Weltrangliste.

Kleiner Wehrmutstropfen: Da Haussler nach 2004 nicht mehr für die deutsche Nationalmannschaft berücksichtigt wurde, wird er ab dem kommenden Jahr bei Weltmeisterschaften für sein Geburtsland Australien fahren.