Wie ein Elefant auf Stöckelschuhen

Mehr als genug Power: Der Lamborghini Gallardo wird nur rund 60 Kilometer von Imola gebaut
© castrol

Bei der Castrol EDGE Lamborghini Experience darf SPOX-Redakteur Alexander Maack sich im Lamborghini Gallardo und Aventador ausprobieren. Die Fahrkünste reichen für ein paar Drifts, die dem Fahrlehrer Sorgenfalten auf die Stirn treiben. Die Knie zittern, während im Motorraum ein Elefant balanciert.

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Das Bein zittert. Volllast auf der Bremse, trotzdem bewegt sich das Knie gefühlte zehn Zentimeter auf und ab. Mein Fahrlehrer, der eigentlich Testpilot von Lamborgini ist, steht neben mir. Er guckt besorgt. "Bleib ruhig, bleib ruhig", mahnt er und spricht dazwischen in sein kleines Walkie-Talkie.

Eigentlich bin ich nicht nur ruhig, ich bin tiefentspannt. Das Einzige, was mein rechtes Knie zittern lässt, ist Adrenalin. Hinter mir schnaubt ein Kampfstier mit 570 Pferdestärken vor sich hin, nachdem sein 5,2-Liter-V10 während der letzten Minuten immer wieder vom Trab in den Galopp gescheucht wurde.

Der kleine Parcours im Paddock des Autodromo Enzo e Dino Ferrari war eigentlich nur dazu gedacht, sich kurz an die verschiedenen Lamborghini-Gallardo-Modelle heranzutasten. Allerdings war die Verlockung einfach zu groß: Gaspedal aufs Bodenblech, Heck kommen lassen, gegenlenken und bei gefühlten 100 Stundenkilometern den Stier wieder gerade ausrichten, um den anschließenden Elchtest zu bestehen.

Die Sorgen des Fahrlehrers sind verständlich. Ich sitze in einem Lamborghini Gallardo LP 570-4 Spyder Performante, die Cabrio-Variante des leistungsgesteigerten Superleggera. Von oben prasselt die oberitalienische Sonne nieder. Sofern das Auto steht, ist das Wetter am 6. September 2013 kaum auszuhalten. Zwei Tage später werden die Formel-1-Teams im rund 250 Kilometer entfernten Monza fast 30 Grad Celsius messen - bei geschlossener Wolkendecke.

Erinnerung an Barrichello, Senna und Ratzenberger

Doch Castrol hat nicht zum Einparken eingeladen. Auf dem Autodrome Enzo e Dino Ferrari wird es ernst. Statt im Paddock um ein paar Hütchen zu fahren, geht es auf die Strecke. Drei Gallardo Superleggera stehen schon in der Boxengasse bereit. Zusammen mit dem Safety-Car des Lamborghini-Markenpokals geht es auf die Strecke.

Kaum höher sitzend als im Kart geht es um die knapp fünf Kilometer lange Strecke. 1,17 Meter hoch ist die Flunder aus Sant'Agata Bolognese. Ohne di Variante Bassa geht es auf die Start-Ziel-Gerade. Einer der Lamborghini-Piloten hatte bei der morgendlichen Besprechung erklärt, dass sie nur von Motorrädern genutzt wird. Die Bilder von Rubens Barrichellos Crash 1994 schossen kurz in die Kopf.

Auch die darauffolgenden Kurven werden zum Formel-1-Geschichtskurs: Tamburello, Villeneuve. Was heute Schikanen sind, kostete Ayrton Senna und Roland Ratzenberger vor 19 Jahren das Leben. Für Erinnerungen bleibt jedoch kaum Zeit: Das Führungsfahrzeug wird immer schneller. Zwei Runden später endet der Trip vorerst in der Boxengasse. Es wartet Luigi Giacomo Barri, Lamborghini-Werksfahrer im GT3-Programm.

Der Profi drückt radikaler

Schon am Ausgang der Boxengasse ist klar: Der 22-Jährige tritt das Gaspedal deutlich radikaler. Bei voller Leistung herrsche im Motor so viel Druck, als würde ein Elefant auf einem Stöckelschuh stehen, haben die Ingenieure zuvor erklärt. Castrol Edge sei extra für solche Anforderungen entwickelt worden. Für solche Gedanken ist jetzt keine Zeit.

Mein Kopf knallt kurz zurück gegen den Schalensitz, dann fliegt er wieder nach vorn. Der Bremspunkt, der den Amateuren mit einem Hütchen angezeigt wird, ist schon lange vorbeigeflogen. Ungefähr bei der zweiten Pylone fängt auch Barri an zu bremsen. Für mich war das der Einlenkpunkt.

Nach der Tamburello-Schikane wieder Vollgas, mein Kopf fliegt dieses Mal nicht gegen den Sitz. Ich habe ihn absichtlich zurückgepresst und kann die Fahrt genießen. Villeneuve, Tosa, Piratella, Acque Minerali. Die Kurven fliegen vorbei. Alles wirkt spielerisch. Nur in der Variante Alta, der letzten Schikane, leistet sich mein Chauffeur einen kleinen Fehler und muss korrigieren.

Dass Barri nicht mal ans Limit ging und trotzdem viel schneller war, spornt an. Bei der nächsten Fahrt soll das Limit ausgelotet werden. Die Autos dafür stehen bereit: Drei Lamborghini Aventador blubbern mit laufendem Motor vor sich hin. 6,5 Liter V12, 700 PS, nur 1575 Kilogramm Leergewicht. Allein die Anzeigeinstrumente vermitteln das Flair eines Kampfjets.

Querfeldein im Aventador

Ich nehme den letzten Wagen und gebe Gas. Auf der Bergaufpassage nach der engen Tosa-Kurve wird mit klar, warum Enzo Ferrari in der Nähe von Bologna einen kleinen Nürburgring errichten wollte. Das Gaspedal klebt auf dem Boden, die Traktionskontrolle gleicht meinen Bleifuß weitgehend aus, sodass mich der Castrol-Elefant hinter mir stärker in den Sitz drückt als jede Achterbahn, in der ich bisher saß.

Vor der Acque Minerali bremse ich hinter dem markierten Bremspunkt und bekomme prompt Probleme, die Kurve noch zu erwischen. Vielleicht sollte doch den Profis der Bleifuß überlassen bleiben? In der Variante Alta wird mir die Entscheidung abgenommen. Beide Fahrer vor mir übertreiben das spätere Anbremsen. Die beiden Aventador schießen über das Ziel hinaus und poltern über den Rasen.

Aus dem Walkie-Talkie auf dem Beifahrersitz ertönt die Stimme von Simone Campedelli, der bei der Rallye Deutschland erst kurz zuvor relativ spektakulär abgeflogen war. "Tempo rausnehmen, früher bremsen!" Ich halte mich lieber daran. Die 300.000 Euro, um einen zerstörten Aventador zu ersetzen, fehlen mir.

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