Die berühmte Nasenlänge

Von Thorben Rybarczik
Gesa Krause war nicht aufzuhalten
© getty

Nachdem sich alle schon mit einem medaillenlosen Tag abgefunden hatten, tritt Gesa Krause auf den Plan und rennt zu Bronze. Auch die Speerwerfer präsentieren sich gut - ein Kuhhirte aus Kenia ist aber zu mächtig. Außerdem: Der 400-Meter-Sieger muss abtransportiert werden - und Usain Bolt schaut Fernsehen.

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Einer (mehr oder weniger) offiziellen Statistik zufolge beträgt die durchschnittliche Nasenlänge einer Frau rund 5,1 cm. Und es hatte nur eine Nasenlänge gefehlt, dann hätte Gesa Felicitas Krause Gold über 3.000 Meter Hindernis gewonnen. Was eine absolute Sensation gewesen wäre - am Ende reichte es aber "nur" für eine mehr als überraschende Bronzemedaille.

Die Deutsche konnte es selber kaum glauben: "Ich bin überglücklich. Das sind Momente, von denen man träumt, die sich in harten Trainingseinheiten im Kopf abspielen", so die 23-Jährige, die sich bei 9:19.25 Minuten über die Ziellinie schleppte.

Der heutige Tag zum Nachlesen

Damit hatte sie einen eher verkorksten deutschen Tag gerettet, nachdem das Speerwerfer-Trio um Thomas Röhler, Andreas Hofmann und Johannes Vetter leer ausging. Grämen mussten sie sich aber keinesfalls, denn vor allem der ehemalige Kuhhirte Julius Yoge aus Kenia war einfach zu mächtig. "Ich bin so glücklich, das kann ich gar nicht in Worte fassen", sagte ein, naja, eben überglücklicher Sieger. "Speerwurf-Weltmeister zu sein, als Kenianer, das ist unglaublich. Ich wusste nach den 92,72 Meter, dass keiner mehr weiter werfen würde."

Auch bei den Stabhochspringerinnen war die Konkurrenz einfach zu stark. Martina Strutz und Lisa Ryzih scheiterten jeweils schon bei 1,70 Meter und hatten mit den Medaillenentscheidungen nichts am Hut.

Bolt vs, Gatlin, Teil II

Für die große Show sorgten erneut die Sprintstars: Justin Gatlin (19,87) und Usain Bolt (19,95 Sekunden) dominierten ihre 200-Meter-Vorläufe im Vorbeigehen, der Jamaikaner bestaunte sich beim Lauf noch selber im Videowürfel. Der Mann hat Style - und direkt eine Ansage für morgen parat.

Denn dann startet um 15.05 (der Tag im LIVETICKER) das Finale über seine Paradedisziplin. Ein Sieg wäre für den Superstar bereits die zehnte Goldmedaille bei einer WM. Auch Betty Heidler und Kathrin Klaas schielen auf Edelmetall, wenn das Hammerwurf-Finale der Frauen ansteht.

Die Entscheidungen des Tages

Stabhochsprung Frauen: Es ging bis zum Äußersten, auch ohne Jelena Isinbajeva. In einem hochklassigen Finale setzte sich die Jahresbeste gegen die Titelverteidigerin durch - im letzten Versuch. Die Kubanerin Yarisley Silva stand mächtig unter Druck, als sie sich zum dritten Mal die 4,90 Meter zur Brust nahm. Wäre sie gescheitert, dann ginge das WM-Gold an die Brasilianerin Fabiana Murer, doch Silva behielt mit einem Lehrbuchsprung die Nerven. Dritte wurde übrigens Nikoleta Kyriakopoulo, die es auf 4,80 Meter brachte. Die beiden Deutschen Martina Strutz und Lisa Ryzih hatten absolut nichts mit den Medaillen zu tun und scheiterten jeweils bei 4,70 Meter. Strutz: "Das ist aber keine Schande". Stimmt.

Speerwerfen Männer: An alle, die demnächst mal eine Goldmedaille bei einer Leichtathletik-WM gewinnen wollen: Sucht euch eine Disziplin eurer Wahl und schaut euch dazu YouTube-Tutorials an. Trainer? Nicht nötig. Das hat zumindest bei Julius Yego funktioniert, ehemaliger Kuhhirte, inzwischen Shootingstar aus Kenia und nun auch Weltmeister im Speerwerfen. Er pulverisierte in unnachahmlicher Weise die zuvor von ihm aufgestellte Jahresbestleistung und schleuderte seinen Speer 92,72 Meter weit. Alle, die sonst noch an Gold glaubten, konnten im Prinzip nach Hause gehen. Zweiter wurde Abdelrahman Ey Sayed (Ägypten) mit 88,99 Meter, dritter Tero Pitkämäki (Finnland) mit 87,64 Meter.

400 Meter Hürden Frauen: Wenn andere Jahresbestzeiten werfen, warum dann nicht selbst eine laufen? Dachte sich die Tschechin Zuzana Hejnova und verteidigte ihren Titel mit einer Zeit von 53,50 Sekunden. Dahinter folgten zwei US-Vertreterinnen: Silber ging an Shamier Little (53,94), Bronze an Cassandra Tate (54,02). Eine Deutsche suchte man vergebens.

400 Meter Männer: Im Highspeed-Finale gab der Außenseiter Wayde van Niekerk so viel Gas, dass er im Ziel vor Erschöpfung zusammenbrach und nicht mehr aufstehen konnte. Die Belohnung: Überraschungs-Gold mit 43,48 Sekunden! Hinter dem Südafrikaner kamen LaShawn Merrit (USA, 43,65 Sekunden) und Kirani James (Grenada, 43,78 Sekunden) ins Ziel.

3000 Meter Hindernis Frauen: Es sah alles nach einem Tag ohne deutsche Medaille aus, bis sich die 23-jährige Gesa Krause dachte: Das muss doch eigentlich nicht sein. Also nahm sie die Beine in die Hand und sicherte sich mehr als überraschend Bronze. Sie konnte es selber kaum glauben und hielt sich schockiert die Hand vor den Mund. Besonders beeindruckend: Ihre 9:19.25 Minuten hätten beinahe für mehr gereicht, doch die Tunesierin Habiba Ghribin (9:19.24) und die Kenianerin Hyvin Jepkemo (9:19.11) waren ihr eine Nasenlänge voraus. Hauchdünn!

Mann des Tages: Wayde Van Niekerk

Eines muss sich der 23-Jährige niemals vorwerfen lassen: nicht alles gegeben zu haben. Der 400-Meter-Läufer stellte eine persönliche Bestleistung auf, und nicht nur das! Seine 43,48 Sekunden sind der viertbeste Wert aller Zeiten! Nach dem Rennen war der Südafrikaner so erschöpft, dass er noch auf der Tartanbahn behandelt und anschließend in einem Krankenmobil aus dem Vogelnest gefahren wurde. So werden Helden geboren. Und für alle, die sich Sorgen machen: "Es ist nur Erschöpfung. Sie wollen ihn nur zur Beobachtung im Krankenhaus behalten", sagte Südafrikas Team-Manager Peter Lourens.

Frau des Tages: Lalita Shivaji Babar.

Versuchen kann man es ja mal. Beim Finale über 3000 Meter Hindernis gab die Inderin gleich ordentlich Gas und erarbeitete sich einen Vorsprung von ca. 30 Metern. Doch wie es bei Weitstreckendisziplinen nun einmal ist, muss man sich seine Puste gut einteilen. Das ging bei ihr - wenig überraschend - schief. Noch bevor es in die entscheidende Phase ging, wurde sie vom Großteil des Feldes munter überholt und landete am Ende irgendwo im Mittelfeld. Aber: Die ein oder andere Minute Aufmerksamkeit und ein paar schöne Fotos als Führende hat sie ergattert.

Sprüche des Tages:

"Ich bin der bessere 200-Meter-Läufer, und das werde ich zeigen." (Usain Bolt zum morgigen 200-Meter-Duell mit Justin Gatlin)

"Ich suche mir jetzt eine wunderschöne Holz-Medaille - im Ernst." (Speerwerfer Thomas Röhler bei der WM in Peking, nachdem ihm 87,41 Meter nur zu Platz vier gereicht hatten)

"Das ist eine Schande, das ist nicht gut!" (Julius Yego zu den überführten Dopingsündern aus Kenia)

Zahlen des Tages:

18,72 - so viele Meter liegen zwischen Julius Yegos Jahresbestleistung aus dem Jahre 2009 und seinen neu aufgestellten 92,92 Metern. Der Mann sollte ein Trainingsbuch schreiben.

85,74 Meter warf der Deutsche Klaus Tafelmeier seinen Speer 1986 weit und stelle damit den ersten Weltrekord für die neue Speer-Bauart auf. Thomas Röhler kam im Finale 87,41 Meter weit und erhielt nicht mal eine Medaille.

Name des Tages: Ben True

Bei Dopingfragen könnte ein Mann mit diesem Namen niemals lügen. Ben True sagt nicht nur immer die Wahrheit, sondern hat darüber hinaus auch noch andere Talente: Er qualifizierte sich souverän für das Finale über 5.000 Meter.

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