Elmar Paulkes Darts-WM-Kolumne: "Hopp ist im Ally Pally nicht frei"

Von SPOX
Max Hopp ist bei der Darts-WM in der dritten Runde ausgeschieden.
© getty

Die Darts-WM in London geht in die heiße Phase. Höchste Zeit, ein Zwischenfazit zu ziehen. In seiner SPOX-Kolumne schreibt DAZN-Kommentator und Darts-Experte Elmar Paulke über das Märchen von Fallon Sherrock, die Topfavoriten auf den Titel und das Abschneiden des deutschen Trios um Max Hopp.

Anzeige
Cookie-Einstellungen

Hallo Darts-Freunde!

Was war das bislang für ein Spektakel im Ally Pally! Da wäre zunächst einmal Fallon Sherrock zu nennen. Was sie - nicht nur für den Darts-Sport, sondern für den Sport an sich - geleistet hat, ist einfach nur groß. Das sieht man beispielsweise auch daran, dass sich Leute wie Billie Jean King zu Wort gemeldet haben.

Es war ein riesiger Schritt für das Frauen-Darts. Der Verband hat es über Jahrzehnte verschlafen, Frauen viel mehr zu unterstützen, sie wurden vernachlässigt. Es ist ein Witz, dass wir erst 2019 an diesem Punkt sind.

Das ist der ausschlaggebende Grund, warum Frauen aktuell noch nicht in der Weltspitze angekommen sind. Frauen müssen - wie Männer übrigens auch - möglichst häufig gegen Gegner spielen, die eigentlich auf einem höheren Level als sie selbst spielen. Dann wird das eigene Niveau fast automatisch besser.

Elmar Paulke ist DAZN-Kommentator und Darts-Experte.
© imago images
Elmar Paulke ist DAZN-Kommentator und Darts-Experte.

Darts-Szene ist eine Macho-Szene

Ein weiterer Grund ist die Darts-Szene an sich, die eine Macho-Szene ist. Es sind bislang wenige Frauen mit dabei und diese wurden von den Männern nicht gerade willkommen geheißen. Sich da durchzusetzen, ist unglaublich schwierig. Ich habe die Hoffnung, dass Sherrock ein Vorbild für viele Frauen und Mädchen sein wird, die es nun auch versuchen möchten.

Wie sie mit dem Druck und dem Trubel nach ihren beiden Siegen umgegangen ist, war unglaublich. Man kann sich nicht vorstellen, was in England vor allem nach ihrem ersten Sieg los war. Die Dimension dort war noch viel, viel größer als das, was wir in Deutschland erlebt haben. Sherrock war eigentlich den ganzen Tag nur auf Medien- und Interview-Tour.

Trotzdem war sie bei den Matches auf der Bühne total ruhig und bei ihren Würfen auf die Doppelfelder grandios. Bewundernswert fand ich übrigens auch ihr faires Verhalten gegenüber ihren Gegnern. Sie hat die Trumpfkarte "Fans" nicht gezogen.

Was ich damit meine ist: Bei jeder Bewegung, bei jeder Pose in Richtung Publikum von ihr, hätten die Fans am Rad gedreht und es wäre für den Gegner damit noch schwieriger geworden. Das machen ja viele Spieler und die Verlockung, so zu handeln, ist groß. Aber Sherrock hat einfach nur Darts gespielt. Großartig!

Michael van Gerwen und Gerwyn Price als Topfavoriten

Neben Sherrock ist wie schon im vergangenen Jahr das Favoritensterben ein Thema. Das zeigt einmal mehr, dass die Leistungsdichte viel enger geworden und die Qualität der Spieler auch außerhalb der Top 30 viel größer geworden ist.

Für mich sind nun Michael van Gerwen und Gerwyn Price die beiden Topfavoriten auf das Finale. Und in diesem Duell kann MvG durchaus verlieren. Allerdings hat mich auch Nathan Aspinall überzeugt. Er hat im vergangenen Jahr noch viele ungesetzte Spieler aus dem Weg geräumt, nun hat er Gary Anderson bezwungen. Aspinall ist ein Weltklasse-Spieler, der richtig gefährlich werden kann. Ein Halbfinale zwischen ihm und MvG würde ich zu gerne sehen.

Neben van Gerwen, Price und Aspinall würde ich auch Glen Durrant nicht gänzlich von der Liste streichen. Einer, der dreimal die BDO-WM hintereinander gewonnen hat, weiß, wie man sich in engen Situationen verhält. In den entscheidenden Momenten ist er mit seiner Erfahrung häufig enorm stark.

Halten wir fest: Van Gerwen und Price sind meine Topfavoriten, danach räume ich Aspinall und Durrant Chancen auf den großen Coup ein.

Max Hopp ist im Ally Pally nicht frei

Zum Abschluss will ich noch ein paar Worte zu den drei deutschen Teilnehmern loswerden. Nico Kurz hat ein Wahnsinns-Debüt hingelegt. Wer mit so wenig Bühnenerfahrung auf diese Art und Weise im Ally Pally besteht, hat großes Potenzial.

Die Frage ist, ob er nun Profi wird oder weiterhin zweigleisig fährt. Ich würde zu gerne wissen, was dabei herauskommen würde, wenn er voll angreifen würde. Wenn du bei der PDC in die absolute Weltspitze vorstoßen möchtest, schaffst du das meiner Meinung nach nur als Profi.

Dass Max Hopp in der dritten Runde gegen Darius Labanauskas ausgeschieden ist, fand ich gar nicht so schlimm, weil der einfach gut gespielt hat. Mich hat mehr gestört, dass ich Max im Ally Pally auch bei seiner siebten WM nicht als frei empfunden habe.

Ich hatte bislang nicht den Eindruck, dass er die Verhältnisse so für sich ummünzen kann, dass er einfach nur Bock bekommt und sein bestes Spiel raushaut. Er trägt immer die Last mit sich herum, dass er der erste Deutsche sein muss, der es bei einer WM hinbekommt. Mit diesem Ballast musst du erstmal umgehen können.

Das große Thema für ihn ist es nun, sein Potenzial auszuschöpfen, was in diesem Fall wahrscheinlich eine mentale Frage ist. Er hat bislang noch keinen Mentalcoach und ich finde, er sollte das einfach mal versuchen. Es war für ihn unter dem Strich eine bittere WM, weil die Tür zum Viertelfinale wirklich offenstand.

Gabriel Clemens hat seine Niederlage dagegen gut weggepackt. Er ist nach einem starken Jahr zurecht entspannt und wird mindestens noch ein weiteres Profijahr dranhängen. Das Aus in der ersten Runde wird ihm nicht den Schwung nehmen.

Bis bald,

Euer Elmar Paulke

Artikel und Videos zum Thema