In der Nacht auf Sonntag trifft Arthur Abraham auf Gilberto Ramirez (ab 3 Uhr im LIVETICKER und auf ran FIGHTING). Der WBO-Weltmeister im Supermittelgewicht will in Las Vegas Geschichte schreiben. Vor dem Duell spricht König Arthur über eine mexikanische Mammutaufgabe, seinen Geburtstag in den bulgarischen Bergen, Manny Pacquiao und Olympia. Obendrauf gibt es eine klare Ansage an Felix Sturm.
SPOX: Herr Abraham, Sie haben nicht nur den Sieger des Super Bowl sowie den MVP richtig vorhergesagt, sondern gleichzeitig auch angekündigt, dass Ihr Gegner Gilberto Ramirez das gleiche Schicksal erleiden wird wie Carolinas Quarterback Cam Newton. Wird am Samstag der dritte Teil Ihrer Prophezeiung wahr?
Arthur Abraham: Ich fliege nach Las Vegas, um zu gewinnen. Das ist mein großes Ziel. Ich will der erste deutsche Boxer sein, der dort einen Titelkampf für sich entscheiden kann. Es gibt für mich nur eine Option: Ich werde Ramirez schlagen und mit meinem Gürtel zurück nach Deutschland kommen.
SPOX: Ihr Kontrahent aus Mexiko ist allerdings nicht nur 14 Zentimeter größer als Sie, auch bei der Reichweite hat er mit acht Zentimetern die Nase vorn. Klingt nach einer wahren Mammutaufgabe.
Abraham: Natürlich ist er groß. Aber wie sagt man so schön: Je höher die Bäume sind, je schneller fallen sie. (lacht) Ich mache mir deshalb jedenfalls keine Sorgen. Es liegt an mir, meine Leistung zu bringen. Was im Endeffekt zählt ist der Kopf, die Größe ist dabei gar nicht so wichtig.
SPOX: Wie sieht es mit der Rechtsauslage von Ramirez aus?
Abraham: Für einen guten Boxer darf die Auslage keine Rolle spielen. Natürlich ist es eine Besonderheit und ich boxe ja auch nicht gegen einen Sandsack. Mein Gegner will schließlich Weltmeister werden. Aber ich bin perfekt vorbereitet und will Ramirez vernichten.
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SPOX: Die angesprochene Vorbereitung fiel entsprechend hart aus und war zudem deutlich länger als sonst. Zunächst ging es in die bulgarischen Berge ins Höhentrainingslager.
Abraham: Das Rila-Gebirge ist über 2000 Meter hoch, die Luft sehr dünn. Es ist etwas, das man in jeder Einheit sehr deutlich spürt. Wenn man dann auch noch durch einen Meter tiefen Schnee läuft, ist das nicht gerade ein Spaziergang. Aber es hat sich gelohnt, das Training hat mich richtig stark gemacht. Ich fühle mich wie eine Maschine. (lacht)
SPOX: Auch Ihren 36. Geburtstag haben Sie in Bulgarien gefeiert - standesgemäß mit einem Berglauf. Gab es für Sie zur Feier des Tages eine extra harte Einheit von Coach Wegner?
Abraham: Die üblichen zwölf Kilometer in den Bergen und die sonstigen Einheiten waren schon hart genug. Da musste er nicht noch etwas draufpacken.
SPOX: Gab es wenigstens eine kleine Feier?
Abraham: Als wir auf dem Gipfel angekommen waren, haben wir eine Flasche Champagner geöffnet und kurz angestoßen. Dann ging es wieder runter. Das war mein bester Geburtstag seit langem. (lacht)
SPOX: Von den bulgarischen Bergen ging es im Anschluss nach Kienbaum.
Abraham: Beide Trainingslager waren für mich sehr wichtig. Entscheidend war, dass der volle Fokus auf dem Sport liegen konnte. In Bulgarien gab es nur Berge und in Kienbaum nur Wälder. Die abgeschiedene Lage ist immer ein großer Vorteil.
SPOX: Wird einem in einer solchen Abgeschiedenheit und über die Dauer von mehreren Wochen nicht langweilig?
Abraham: Hin und wieder sind ein paar Freunde oder Familienmitglieder vorbeigekommen. Auch ein Besuch im Kino oder Museum hilft. Das ist aber eher die Seltenheit und mehr Ablenkung brauche ich auch nicht. Ich bin voll fokussiert auf die Aufgabe, die mich in Las Vegas erwartet.
SPOX: Wie unterschied sich der sportliche Fokus beider Trainingseinheiten?
Abraham: Der Körper wird ganz anders belastet. In den Bergen wird man stark und kräftig wie ein Traktor. Aber als Boxer darf man nicht unbeweglich und träge sein wie einer. Im Ring muss man schnell sein wie ein Sportwagen - und dazu eine gute Taktik haben. Genau das haben wir in Kienbaum trainiert. Wir haben an der Schnelligkeit, Technik und einem Plan für Ramirez gearbeitet.
SPOX: Ein guter Plan scheint nötig. Ihre letzten drei Auftritte außerhalb Deutschlands endeten mit Niederlagen, in Las Vegas konnte zudem bislang kein deutscher Boxer einen WM-Kampf gewinnen.
Abraham: Damals war ich noch unerfahren, jetzt bin ich ein anderer Boxer. Ich befinde mich in meiner besten Zeit. Deshalb werde ich den Ring als Sieger verlassen und Geschichte schreiben.
SPOX: Zur Akklimatisierung ging es für Sie und Ihr Team extra früh nach Las Vegas. Besteht in der Stadt der Sünde nicht die Gefahr, doch der einen oder anderen Ablenkung zu verfallen?
Abraham: Ach wissen Sie, ich bin inzwischen 36 Jahre alt und Profi durch und durch. Mich kann nichts ablenken, wenn ich ein Ziel vor Augen habe. Ich arbeite sehr professionell. Wenn das Sportliche erledigt ist, ist ja immer noch genug Zeit, um sich mit anderen Dingen zu beschäftigen.
SPOX: Auch in den Vereinigten Staaten läuft also alles strikt nach Plan?
Abraham: Ich habe mein System. Ich weiß, wie ich trainiere, wann ich schlafe und wann ich esse. Es ist ein fester Ablauf, an dem sich nichts ändert. Für mich ist wichtig, dass ich aus diesem Konzept nicht raus komme, der Rest ist für mich uninteressant. Ich kann mir nach dem Kampf Las Vegas schließlich in aller Ruhe und von oben bis unten anschauen.
SPOX: Die Veranstaltung im MGM Grand wird der letzte Kampf von Manny Pacquiao sein. Eine imposantere Bühne könnte es kaum geben. Ist der Umstand, dass Sie mit ihrem Kampf gegen Ramirez im Co-Main-Event stehen, nochmal etwas Besonderes?
Abraham: Natürlich ist eine solche Bühne für mich eine zusätzliche Motivation. Vor so vielen Zuschauern zu boxen, ist schön und ein absolutes Highlight. Ich will meine Fans aber immer glücklich machen - auch die, die nicht in Las Vegas sein werden.
SPOX: Einer Ihrer größten Fans wird aber leider fehlen. Vor wenigen Wochen erlag Jonathan Heimes nach jahrelangem Kampf seinem Krebsleiden. Johnny war für viele Menschen und Profi-Sportler eine Inspiration. Auch Sie haben seinen Kampf und seine Aktion DUMUSSTKÄMPFEN unterstützt.
Abraham: Natürlich war ich sehr traurig, als ich von seinem Tod erfahren habe. Das Leben kann wirklich hart sein. Es tut mir sehr leid, dass Johnny nach all den Jahren den Kampf gegen den Krebs verloren hat. Er war ein Vorbild. In solchen Momenten merkt man, wie wichtig Gesundheit eigentlich ist. Leider vergisst man das zu oft.
SPOX: Weniger inspirierend waren im Vorfeld des Box-Abends in Las Vegas einige Aussagen Pacquiaos, der durch seine diskreditierenden Kommentare gegenüber Homosexuellen für Fassungslosigkeit sorgte. Wie haben Sie seine Aussagen wahrgenommen?
Abraham: Ich kann diese Aussagen nicht nachvollziehen. Er muss aber selbst wissen, was er sagt. Mehr kann ich dazu nicht sagen.
SPOX: Im Sommer stehen die Olympischen Spiele in Rio de Janeiro auf dem Programm. Durch einen Richtungswechsel des Amateurbox-Verbandes AIBA ist es nun auch Profis gestattet, dort in den Ring zu steigen. Pacquiao zeigte sich zuletzt nicht abgeneigt. Wäre Rio eine Verlockung für Sie?
Abraham: Nein, Olympia spielt für mich überhaupt keine Rolle. Sicherlich wäre ein Erfolg bei den Olympischen Spielen etwas Besonderes, aber ich bin inzwischen 36 Jahre alt und möchte mich voll und ganz auf meine Karriere als Profi konzentrieren. Das ist für mich viel wichtiger als eine olympische Medaille. Es ist klar, auf was mein Fokus liegt. Ich bin Profi und ich bleibe Profi.
Felix Sturm im SPOX-Interview: "So tritt Felix Sturm nicht ab!"
SPOX: Ein anderes Ziel könnte allerdings wieder ein Thema sein. Durch seinen Sieg über Fedor Chudinov könnte Felix Sturm den in Deutschland noch immer ersehnten Kampf zwischen Ihnen beiden wieder relevant werden lassen. Oder sollte er die Chance nutzen und als Weltmeister seine Handschuhe an den Nagel hängen?
Abraham: Natürlich hätte ein solches Duell seinen Reiz. Ich denke auch, dass die Fans einen guten Kampf zu sehen bekommen würden. Das Interesse in Deutschland ist nach wie vor groß, viele Fans warten schließlich schon länger darauf. Er muss sich allerdings erstmal entscheiden, ob er überhaupt weitermachen möchte. An mir scheitert es jedenfalls nicht.
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