"Wir haben keine Angst vor Abraham"

Von Interview: Ingo Rohrbach
Robert Stieglitz (r.) gewann den letzten Kampf gegen Arthur Abraham
© getty

Robert Stieglitz verteidigt seinen WM-Titel im Super-Mittelgewicht am Samstag gegen den Nigerianer Isaac Ekpo (Sa., 22.20 Uhr im LIVE-TICKER). Im Vorfeld des Kampfes spricht Dirk Dzemski, der Coach des WBO-Weltmeisters, über das dritte Duell mit Arthur Abraham, seine Trainingsmethoden und den Vergleich mit Fritz Sdunek und Ulli Wegner.

Anzeige
Cookie-Einstellungen

SPOX: Herr Dzemski, Ihr Schützling Robert Stieglitz trifft am 19. Oktober auf Isaac Ekpo, den Interims-Afrika-Meister der WBO. Kann der Nigerianer zum Stolperstein werden?

Dirk Dzemski: Wir werden ihn nicht unterschätzen. Ekpo kommt sicherlich nicht nach Deutschland, um zu verlieren. Das ist eine riesige Chance für ihn, fast wie ein Sechser im Lotto. So wird er sich auch im Ring zeigen. Trotzdem wollen wir ihn auch nicht unnötig in den Himmel loben. Unser Ziel ist ein schöner und vor allem klarer Sieg.

SPOX: Also anders als Arthur Abraham, der in seinem letzten Kampf gegen Willbeforce Shihepo über die Runden gehen musste.

Dzemski: Das hat uns vorgewarnt. Zudem ist Ekpo durch seine größere Schlagkraft auch gefährlicher als Shihepo. Aber Robert ist nicht Arthur, das hat man im letzten Duell der beiden gesehen.

SPOX: Sollten Stieglitz als WBO-Champion und der Pflichtherausforderer Abraham ihre nächsten Fights gewinnen, wird es wohl zum dritten Aufeinandertreffen kommen. Verschwenden Sie bereits einen Gedanken daran?

Dzemski: So weit plane ich jetzt noch gar nicht. Auch wenn es eine Phrase ist, gilt: Der nächste Kampf ist immer der schwerste. Aber sollte es wirklich dazu kommen, werden wir uns stellen. Wir haben keine Angst vor Arthur. Wir kennen seine Fähigkeiten aus den ersten beiden Duellen. Es wird wahrscheinlich nicht so eindeutig werden wie im März, aber in seinem Alter kann er auch nicht mehr zaubern und uns großartig überraschen.

SPOX: Abraham ist durch seine Schlagkraft berühmt geworden. Was zeichnet Stieglitz im Ring aus?

Dzemski: Robert ist ein sehr spezieller Boxer, der von einigen immer noch unterschätzt wird. Seine Physis und Dynamik ist fast schon beängstigend. Ich kann eigentlich niemandem empfehlen, mit ihm in den Ring zu steigen. (schmunzelt)

SPOX: Sind Sie stolz auf die Entwicklung, die Stieglitz in den letzten Jahren unter Ihnen genommen hat?

Dzemski: Natürlich. Roberts Erfolge sprechen für sich. Er war drei Jahre lang Weltmeister und hat sich den Titel nach der Niederlage im ersten Kampf gegen Abraham auf beeindruckende Art zurückgeholt. Mittlerweile ist er in der Weltrangliste sogar auf Platz zwei hinter Carl Froch gelistet.

SPOX: Das ist auch das Ergebnis Ihrer Arbeit als Trainer. Wie unterscheiden Sie sich beispielsweise von einem Fritz Sdunek oder Ulli Wegner?

Dzemski: Ach, Boxen ist Boxen. Richtig große Unterschiede gibt es wahrscheinlich gar nicht. Die Wahrheit liegt sowieso im Ring. Außerdem kommt es immer darauf an, wen man trainiert. Meine Stärke liegt vielleicht darin, einen Boxer individuell zu trainieren. Ich will nicht jeden gleichmachen. Man muss versuchen, die Stärken eines Sportlers zu fördern und seine Schwächen so weit wie möglich auszumerzen.

SPOX: Sdunek und Wegner sind alte Hasen im Box-Geschäft. Bei denen hat man sofort ein bestimmtes Bild im Kopf. Wie wollen Sie in der Öffentlichkeit gesehen werden?

Dzemski: Das ist mir nicht so wichtig. Ich kann gut damit leben, wenn ich nicht im Fokus stehe. Der Boxer soll im Scheinwerferlicht stehen. Und wenn ich davon doch ein wenig abbekomme, weiß ich, dass ich etwas richtig gemacht habe. Aufmerksamkeit bekommt man schließlich nur, wenn man auch um Titel kämpft.

SPOX: Findet nicht trotzdem eine Art Wachablösung statt? Sdunek und Wegner werden nicht jünger, die neue Trainergeneration mit Ihnen oder Karsten Röwer, dem Coach von Jürgen Brähmer, kommt nach.

Dzemski: Das mag den Anschein haben, aber ich fühle mich auf gar keinen Fall auf Augenhöhe mit Fritz und Ulli. Sportlich kann ich zwar dank Robert schon mithalten, aber erfahrungstechnisch sind sie mir noch meilenweit voraus. Auch wenn ich bereits einige Höhen und Tiefen in meiner Trainerlaufbahn erlebt habe, gibt es noch viel zu lernen für mich. Außerdem wäre ich ohne mein Team bei SES nur die Hälfte wert. Ich bin einfach froh, dass ich mein Hobby zum Beruf machen konnte.

SPOX: Tauscht man sich eigentlich mit den Trainerkollegen aus?

Dzemski: Fritz Sdunek, den ich auch als Mensch schätze, hat mir am Anfang sehr geholfen. Dafür bin ich ihm immer noch dankbar. Ulli ist in diesem Zusammenhang etwas komplizierter, er gibt seine Geheimnisse nicht gerne preis. Aber das ist vollkommen legitim. Jeder von den beiden ist auf seine Art eine Granate.

SPOX: Sie sind mit 41 Jahren noch ein sehr junger Trainer. Hilft das vor allem in der Zusammenarbeit mit den Nachwuchsboxern des von SES neu gegründeten "Team Deutschland"?

Dzemski: Das kann durchaus sein. Mein Job besteht aus zwei Bereichen. Einerseits will ich die Jungs sportlich ausbilden und nach vorne bringen. Aber ich will auch wissen, was sie denken und wie sie sich fühlen. Das sind junge Kerle, die erst noch reifen und Erfahrungen sammeln müssen. Es ist meine Aufgabe, ihnen mit Rat und Tat zur Seite zu stehen und sie fit fürs Leben zu machen.

SPOX: Das klingt nach einer Herausforderung...

Dzemski: Die Jungs sind heutzutage schon komplizierter als früher. Das macht allerdings auch den Reiz an dieser Aufgabe aus. Mittlerweile haben wir zum Glück einen guten Draht entwickelt und ich bekomme viel mehr Rückmeldung. Das macht die Sache auch sportlich einfacher.

Boxen: Alle Champions im Überblick

Artikel und Videos zum Thema