Abraham: "Ich fordere Felix Sturm heraus"

Von Interview: Haruka Gruber
Box-Star Arthur Abraham absolvierte im Juni ein Trainingslager auf Mallorca
© Imago

Neue Taktik, neue Mentalität, aber auch neue Zweifel: Box-Star Arthur Abraham muss gegen Carl Froch gewinnen, um seine Chancen auf den Halbfinal-Einzug beim Super-Six-Turnier nicht zu gefährden. Der Kampf wurde jedoch wegen einer Rückenverletzung des Engländers verschoben. Der 30-jährige Abraham über seine "hässliche" Niederlage, seine Privatjet-Offensive gegen Froch und lang ersehnten Sturm-Fight.

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SPOX: Seit Ihrer Niederlage im März gegen Andre Dirrell waren Sie in der Öffentlichkeit nicht mehr so präsent. Wie haben Sie die letzten Monate verbracht?

Arthur Abraham: Mit Training, Training und noch einmal Training. Ich habe zum Beispiel extra auf den sonst obligatorischen Urlaub nach einem Kampf verzichtet, weil ich mich nicht für eine Niederlage belohnen wollte. Ein, zwei Wochen Pause zuhause mussten reichen, dann habe ich wieder angefangen, mich vorzubereiten.

SPOX: Quälen Sie sich wie noch nie, nachdem Sie in Ihrem 32. Kampf erstmals verloren haben?

Abraham: Am Pensum hat sich nicht viel geändert. Aber ich bin mehr mit dem Kopf und dem Herzen dabei. Ich bin so fokussiert wie noch nie.

SPOX: Wie sehr litt in der vergangenen Zeit das Ego?

Abraham: In meinem Inneren hat sich sehr viel verändert. An meinem Herz ist jetzt eine Narbe, die nach wie vor schmerzt. Ich war vorher 31 Mal unbesiegt, aber nach dem Dirrell-Kampf interessiert die 31 keinen mehr. Das muss ich irgendwie akzeptieren, auch wenn es schwer fällt.

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SPOX: Es gibt die Theorie, dass Boxer erst nach der ersten Niederlage Ihren Zenit erreichen.

Abraham: Vielleicht stimmt die Theorie und ich komme so stark zurück wie nie. Dennoch würde ich alles rückgängig machen, wenn es in meiner Macht stehen würde. Ein Sprichwort lautet: Ein schlauer Mensch lernt nicht aus eigenen Fehlern, sondern von den Fehlern der anderen. Jetzt muss ich damit leben, dass ich für eine Nacht kein schlauer Mensch war.

SPOX: Welche Lehren ziehen Sie aus dem Dirrell-Fight, um sich auf Carl Froch vorzubereiten?

Abraham: Mir wurde zu Recht vorgeworfen, dass ich zu langsam anfange. Ich habe Dirrell in den ersten Runden zu viele Freiheiten gegeben, deswegen musste ich am Ende volles Risiko gehen und versuchen, jeden Fehler auszunutzen. Das hat leider dazu geführt, dass ich die Situation nicht genau überblickt und Dirrell ausgeknockt habe, obwohl er mit den Knien auf dem Boden war. Zu verlieren ist schlimm. Durch Disqualifikation zu verlieren ist hässlich. So etwas soll mir nie wieder passieren.

SPOX: Wie wollen Sie das verhindern?

Abraham: Um zum Ende eines Kampfs nicht unter Druck zu geraten, muss ich gleich von der ersten Runde aktiver sein. Darauf haben wir im Training einen Schwerpunkt gelegt, indem ich beispielsweise beim Sparring gleich loslege, statt passiv abzuwarten.

SPOX: Kampftaktik ist das eine, aber bekommen Sie vor einem Kampf gegen einen Topmann wie Froch Selbstzweifel?

Abraham: Natürlich fängt man nach der ersten Niederlage einer Karriere an, über sich nachzudenken. Im Training gab es auch einige kritische Phasen, an denen ich tatsächlich Selbstzweifel hatte. Wenn die Einheit besonders hart oder ich einfach nur noch müde war. Aber solche Momente muss man überwinden - und das schaffe ich immer. Ich bin mental sehr stark.

SPOX: In England ist Froch ein großer Star, in Deutschland hingegen kennt ihn kaum jemand. Wie tickt Ihr Gegner?

Abraham: Wir kennen uns schon seit einigen Jahren. Menschlich haben wir überhaupt keine Probleme und sportlich ist er auch nicht zu unterschätzen: Seine Stärken sind die Führhand, der linke Kopfhaken und die rechte Gerade. Über seine Schwächen möchte ich nicht reden, sonst verrate ich zuviel. Aber er hat definitiv Schwächen.

SPOX: Froch sagt, dass er Ihre europäische Deckung als Schwachstelle ausgemacht hat und Ihnen die "Rippen brechen" werde. Was meint er genau?

Abraham: Darüber kann ich nur lachen. Aber wenn er weiter träumen möchte, sehr gerne! Ich boxe generell sehr europäisch, von daher ist auch meine Deckung europäisch. Anders als viele Amerikaner zappele ich mit meinen Händen nicht so herum, sondern bleibe eben immer stabil in meiner Deckung. Keine Ahnung, worauf Froch hinaus will.

SPOX: Der noch nicht neu terminierte Kampf findet in Monaco auf neutralem Boden statt. Ein Vor- oder Nachteil für Sie?

Abraham: Definitiv ein großer Vorteil. In die Halle passen 4000 Leute und ich gehe davon aus, dass 1500 bis 2000 Fans von mir vor Ort dabei sind, um mich zu unterstützen. Wir organisieren über meine Homepage eine Reise nach Monaco. Ich habe auch schon Privatjets gebucht, die aus Eriwan und Berlin abfliegen. Froch kann sich auf was gefasst machen.

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SPOX: Gegen Froch bestreiten Sie Ihren Abschlusskampf der Super-Six-Vorrunde. Wie zufrieden sind Sie mit dem Turnier an sich?

Abraham: Das Super Six verläuft insgesamt sehr zufriedenstellend. Das Einzige, was mir nicht so gefällt, ist die Warterei zwischen den Kämpfen. Sechs Monate Pause sind für uns Boxer, aber auch für die Zuschauer nicht gut. Aber gegen Verletzungen oder vertragliche Unstimmigkeiten kann ich nicht viel ausrichten.

SPOX: Nach Jermain Taylor ist nun auch Mikkel Kessler wegen einer Augenverletzung aus dem Super Six ausgestiegen. Ein Rückschlag?

Abraham: Nein, es doch zeigt nur, wie tough das Turnier tatsächlich ist. Nur die Härtesten der Harten kommen durch. Umso wichtiger ist es für mich, dass ich überhaupt keine gesundheitlichen Probleme habe.

SPOX: Warum fehlt im Turnier der Rumäne Lucian Bute, der laut "Boxrec" aktuell beste Super-Mittelgewichtler der Welt?

Abraham: Das muss er selbst beantworten. Wir haben ihn gefragt, aber er wollte nicht mitmachen. Ich weiß nicht genau, ob er Angst vor dem Turnier hatte oder ob etwas anderes eine Rolle gespielt hat, auf jeden Fall hatte er keine Lust. Schade, denn er wäre ein interessanter, aber auch gefährlicher Gegner gewesen.

SPOX: Mittlerweile gilt Andre Ward als Favorit auf den Super-Six-Sieg. Im direkten Duell seien Sie jedoch der bessere Boxer, sagt kein Geringerer als Fritz Sdunek, der Trainer Ihres Erzrivalen Felix Sturm.

Abraham: So etwas von einem derart erfahrenen Coach zu hören, freut mich ungemein. Wenn mir jemand wie Fritz Sdunek solch ein Kompliment macht, steckt viel Wahres dahinter.

SPOX: Haben Sie sich das Comeback seines Schützlings gegen Giovanni Lorenzo angesehen?

Abraham: Natürlich. Nach so einer langen Pause hat Felix eine gute Leistung gezeigt - auch wenn Lorenzo kein besonders schwerer Gegner war. Felix hat mit ihm nur gespielt. Sein Sieg ist dennoch ein wichtiger Schritt, daran sollte er anknüpfen, damit endlich der Kampf zwischen uns stattfinden kann.

SPOX: Sie denken trotz Ihres Gewichtswechsel dennoch weiter an Felix Sturm?

Abraham: Es wäre überhaupt kein Problem, nach dem Super-Six gegen ihn anzutreten. Ich bin jederzeit bereit und ich fordere ihn gerne heraus.

SPOX: Über einen möglichen Kampf wurde bereits viel gesprochen, aber realisiert wurde er nie.

Abraham: Aber jetzt haben sich die Vorzeichen verändert. Indem sich Felix von Universum getrennt hat, kann er alles alleine entscheiden. Früher war ein bisschen Universum daran schuld, dass es nie geklappt hat, ein bisschen auch Felix. Jetzt sollte nichts mehr im Wege stehen.

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