Würzburger arbeiten am eigenen Märchen

SID
Alex King (l.) und seine Kollegen feiern die Überraschung gegen Alba Berlin
© Getty

Als die Schlusssirene ertönte, kannte der Jubel in Würzburg keine Grenzen mehr. Die Spieler der s.Oliver Baskets warfen sich auf Spielmacher John Little, 3.140 Zuschauer machten Lärm wie bei einem Flugzeugstart, selbst der sonst so besonnene Cheftrainer John Patrick war außer sich und sprang an der Seitenlinie auf und ab.

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Mit dem 66:60 (22:33)-Sieg und dem damit verbundenen 3:1-Erfolg in der "Best-of-Five"-Serie gegen Vizemeister Alba Berlin gelang den Bayern erstmals in der Vereinsgeschichte der Einzug in das Halbfinale. Geht es nach den Verantwortlichen im Verein, soll dieser Erfolg kein einmaliger Coup bleiben. Dagegen ist der Frust beim einstigen Branchenprimus aus Berlin groß.

"Das ist der Wahnsinn. Wir haben in den Playoffs alle noch mal eine Schippe draufgelegt und spielen nun unseren besten Basketball. Ich habe noch nie so eine Stimmung erlebt", sagte John Little, der sein Team mit einer außerordentlichen Leistungssteigerung nach der Halbzeit und insgesamt 20 Punkten zum Sieg und damit zum Favoritensturz führte. Dabei war der achtmalige Meister aus der Hauptstadt perfekt in die Partie gestartet und war den Außenseitern bis zu 14 Punkten voraus.

Zwei Überraschungsteams im Halbfinale

"Die Spieler waren nervös. Unser Spiel musste schneller und präziser werden, was uns in der zweiten Hälfte auch gelungen ist", sagte Baskets-Trainer John Patrick nach der Partie. Sein Gegenüber, Gordon Herbert, war maßlos enttäuscht: "Wir haben nach der Pause gespielt, um nicht zu verlieren, Würzburg hat gespielt, um zu gewinnen."

Berlins Geschäftsführer Marco Baldi fand gewohnt deutlichere Worte: "Jetzt haben wir erstmal das, was wir haben: einen Haufen Scheiße." Alba war mit großen Ambitionen in die Saison gestartet, steht aber nun mit leeren Händen da. "Wir werden jetzt eine Nacht drüber schlafen, dann stecken wir die Köpfe zusammen und sehen, wie es weitergeht", sagte Baldi.

In Würzburg sind sie von solchem Frust weit entfernt. Ab Sonntag steht im Team aus Ulm die zweite Überraschungsmannschaft der Saison den Würzburgern gegenüber, es geht um den Einzug in die Finalserie.

"Wir haben das letzte Saisonspiel gegen Ulm verloren, das war eine sehr schlimme Niederlage. Sie stellen in John Bryant den MVP und haben auf jeder Position einen der Top-Spieler der Liga" sagte Patrick voller Respekt. Er glaubt aber auch, dass zumindest die Heimspiele gewonnen werden können. "Und wenn wir auch in Ulm etwas mitnehmen können, ist alles möglich."

Neue Arena für Würzburger Publikum

Während Berlin, Basketball-Aushängeschild der Neunziger und 00er-Jahre, seine Dominanz in den vergangenen Jahren an die Brose Baskets Bamberg verloren hat, soll den s.Oliver Baskets die Zukunft gehören. Vor fünf Jahren in der Regionalliga Südost gegründet, ging es zuletzt nach drei Aufstiegen nacheinander über die ProB und die ProA direkt in die Bundesliga.

Auch im nicht-sportlichen Bereich will der Aufsteiger schnell aufschließen. Geschäftsführer und Gesellschafter Jochen Bähr gab vor dem Spiel die Verlängerung des Sponsorenvertrages mit dem Namenssponsor s.Oliver bis 2015 bekannt.

Zudem konkretisieren sich die Planungen zum Bau einer modernen Multifunktionsarena für bis zu 6.000 Zuschauer. Bis Ende des Jahres soll laut Bähr ein Grundstück gekauft sein. Daran wollte der Manager nach dem denkwürdigen Sieg gegen Alba aber noch nicht denken: "Unglaublich, was heute passiert ist. Vor fünf Jahren gab es uns noch überhaupt nicht, und jetzt stehen wir im Halbfinale um die Deutsche Meisterschaft", sagte Bähr.

Die Playoffs im Überblick

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