"Causa Erfurt": NADA weist Kritik zurück

SID
Am Olympiastützpunkt Erfurt soll Blut der Athleten mit UV-Strahlung behandelt worden sein
© Getty

In der "Causa Erfurt" um umstrittene UV-Blutbehandlungen hat die Nationale Anti-Doping-Agentur (NADA) die Kritik der Welt-Anti-Doping-Agentur (WADA) entschieden zurückgewiesen. Der Fall wird zu einem Kommunikations-Desaster.

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Nachdem David Howman, der Generaldirektor der Welt-Anti-Doping-Agentur (WADA) jüngst seinen deutschen Ableger scharf attackierte, hat die Nationale Anti-Doping-Agentur (NADA) die Kritik entschieden zurückgewiesen. Die Weltagentur hatte ihr vorgeworfen, nicht alle Informationen an sie weitergeleitet zu haben. "Das irgendwelche Informationen fehlen sollen, ist nicht nachvollziehbar. Davon distanzieren wir uns nachdrücklich", sagte die NADA-Vorsitzende Andrea Gotzmann am Dienstag in Bonn.

Noch im April hatte die WADA festgestellt, dass UV-Blutbestrahlungen am Olympiastützpunkt Erfurt vor dem 1. Januar 2011 nicht als verboten anzusehen seien. Am Montag nun hatte ihr Generaldirektor in einem Interview mit der ARD-Sportschau gesagt, diese Auffassung der WADA sei von den konsultierten Experten nicht ausreichend geprüft worden, "weil wir nicht alle Papiere von der NADA bekommen hatten". Jetzt müsse eine neue Bewertung erfolgen.

Informationen weitergeleitet

"Alles, was zur Beurteilung nötig war, lag der WADA vor", sagte Vorstandsmitglied Lars Mortsiefer. "Es ist komplett falsch zu behaupten, dass man nicht wusste, wovon gesprochen wurde. Es gab eine Vielzahl von Informationen, die wir elektronisch weitergegeben haben", ergänzte Gotzmann, die von Howmans Interview in Deutschland nichts wusste. "Es ist schon erstaunlich, dass er nicht zum Telefonhörer greift. Ich würde sehr gern wissen, was sein Motiv für das Interview war", sagte sie.

Dabei habe zuletzt ein reger und aus Sicht der NADA auch konstruktiver Austausch stattgefunden. Nachdem Howman in einem Brief vom 31. Mai äußerte, dass er nur unzureichende Informationen zum Fall Erfurt habe, hatte Gotzmann genau an diesem Montag ein Anwortschreiben verfasst. Darin unterbreitete sie der WADA auch ein Gesprächsangebot in Montreal. Doch nun sorgt der Fall erneut für Verwirrung und Kommunikationspannen.

WADA-Einschätzung als "deutliche Empfehlung"

Als die WADA überraschend in einer Mitteilung Ende April erklärt hatte, die Bestrahlung von Athletenblut mit UV-Licht sei erst von 2011 an als Dopingverstoß zu werten, folgte die NADA dieser Sprachregelung. "Wir mussten davon ausgehen, dass die Einschätzung der WADA eine sehr deutliche Empfehlung ist und wir dann keine Grundlage haben, ein Schiedsgericht zu beauftragen", erklärte die NADA-Chefin.

Dabei war ihr beauftragter Gutachter zu einer anderen Bewertung gekommen. Laut NADA liegt allerdings bisher nur eine Kurzversion vor. Noch im Laufe des Dienstags wurde das endgültige Gutachten, wie die Methode in Erfurt einzuordnen ist, erwartet.

"Wir wollen keine Schnellschüsse"

Der Mediziner Andreas Franke soll von 2006 bis 2011 30 Athleten Blut entnommen und ihnen dies nach einer UV-Bestrahlung wieder zugeführt haben - nach eigener Darstellung ausschließlich zur Behandlung von Infekten. Gegen eine Eisschnellläuferin und einen Radsportler hat die NADA zwei Verfahren eingeleitet. Beide möglichen Verstöße beziehen sich auf die Zeit nach dem 1. Januar 2011.

Nun fordert Howman, dass die NADA auch in den zurückliegenden Fällen Initiative ergreifen und ein Verfahren eröffnen soll. Mortsiefer konterte: "Wir wollen keine Schnellschüsse und werden uns hüten, etwas überstürzt zu machen." Ob und wie viele Athleten aus dem Olympia-Kader auch davon betroffen sind, wollte die NADA nicht kundtun. "Wir wissen, das Zeitfenster bis Olympia ist klein, aber wir werden uns nicht unter Druck setzen", erklärte Gotzmann. Die Erfurter Blut-Affäre wurde erstmals im April 2011 bekannt.

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