Die schlechtesten Profis: Dabei sein ist alles!

Von Markus Matjeschk
Eric "the eel" Moussambani schwamm in Sydney äquatorialguineischen Landesrekord
© Getty

Sie kämpfen gegen Wasser, Rasen und das eigene Gewicht und haben mit der Weltspitze nichts am Hut. Trotzdem - oder gerade deswegen - bereiten uns die Exoten der Sportwelt immer wieder große Freude. SPOX stellt eine Auswahl der heimlichen Helden vor.

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Ali Ahmad Fazel: Martin Kaymer ist der Shootingstar der deutschen Golfszene. Mit 25 Jahren ist der Rheinländer bei den ganz Großen angelangt und belegt Rang drei in der Weltrangliste. Dorthin will auch Ali Ahmad Fazel. Doch das könnte noch ein paar Jahre dauern. Bei den Asien-Spielen spielte der Afghane vier Runden mit. Seine Scorecard am Ende: 130-112-113-112. Macht summa summarum knackige 179 über Par, das entspricht ungefähr Handicap 45. Trotzdem ein Grund zur Freude für den Studenten: "Das war mein erstes Turnier auf Rasen, ich bin mit meiner Leistung zufrieden." Kein Scherz: in Afghanistan bestehen die Golffelder aus einem Sand-Öl-Gemisch. Genug Ansporn für Fazel, es der Welt eines Tages zu zeigen: "Ich will Golf-Profi werden, das ist mein großes Ziel."

Reggie Strickland: Wer sich für eine Box-Karriere entscheidet, der weiß, dass man im Ring viel einstecken muss. Niemand weiß das besser als Reggie Strickland aus Cincinnati. 18 Jahre lang stand der US-Amerikaner im Ring, teilweise mit verschiedenen Pseudonymen. Reggie Buse und Reggie Raglin sind nur zwei davon. Stricklands Bilanz: schlicht und ergreifend katastrophal. Von seinen 363 Kämpfen verlor Strickland satte 267, ehe er 2005 seine Karriere beendete. Damit geht er als schlechtester Box-Profi in die Geschichtsbücher ein.

Iginia Boccalandro: Sie war eine der Lichtgestalten des Jahres 2002: Iginia Boccalandro warf bei den Olympischen Winterspielen in Salt Lake City wortwörtlich alles in die Rodel-Schale - und verlor das Rennen gegen die Physik. 108 Kilogramm sollten den Schlitten der damals 42-Jährigen mit ungeahnten Geschwindigkeiten die Röhre hinunterjagen. Doch nach wenigen Kurven war bereits Schluss. Eines hat Boccalandro dennoch erreicht: Mit dem Eiskanal werden mittlerweile nicht mehr nur die Jamaikaner (Cool Runnings) verbunden, sondern auch die Wintersporthochburg Venezuela.

Eric Moussambani: Der Auftritt der Olympischen Spiele 2000 in Sydney gebührte zweifelsohne Eric Moussambani aus Äquatorialguinea. Mit einer Wild Card des IOC hatte er den Sprung auf die internationale Bühne geschafft. Der Vorlauf über die 100 Meter Freistil sollte sein großer Auftritt werden. Weil seine beiden Mitkonkurrenten wegen Fehlstarts disqualifiziert wurden, hatte der damals 22-Jährige das Becken für sich allein. Bühne frei, für "Eric, den Aal". Der Start ließ sich noch ganz gut an, doch spätestens bei der Wende war klar: Mit dem Weltrekord sollte es an diesem Tag nichts werden. Jeder Zug wurde sichtbar schwerer, jeder Meter kostete Überwindung. Am Ende zeigte die Uhr eine Zeit von stolzen 112,72 Sekunden. Das ist langsamer als der Weltrekord über 200 Meter. Trotzdem gab's Standing Ovations vom Publikum und eine zufriedene Miene bei Moussambani. Denn die Zeit bedeutete Landesrekord in Äquatorialguinea.

Philip Kimely Boit: Nagano 1998: Ein denkwürdiges Skilanglauf-Rennen. Zumindest für den Letztplatzierten. Eigentlich wollte Philip Kimely Boit genau so sein wie sein Bruder Mike: Mittelstreckenläufer. 1972 gewann der sogar Bronze über die 800 Meter. Doch es kam alles ganz anders. Ausgestattet vom Sportartikelhersteller "Nike" wurde Philip Boit zum Skilangläufer umfunktioniert. Schnee hatte der Kenianer bis dahin nicht gesehen. Doch das scheinbar Unmögliche gelang: Boit durfte in Nagano über die 10 Kilometer ran - und wurde 92. und damit Letzter. Doch auch auf ihn wartete ein großer Empfang. Kein Geringerer als Langlauf-Ikone Björn Daehlie wartete im Zielbereich und gratulierte Boit zu seiner Leistung. Ein einschnei(d)endes Ereignis, Boit gab später seinem Sohn den Vornamen Dählie.

Michael Edwards: Wenn wir schon bei Sport-Exoten aus vergangenen Tagen sind, darf ein Mann natürlich nicht fehlen: Eddie "the Eagle" Edwards. England gilt im Allgemeinen ja als sportaffines Land. Tim Henman, Lee Westwood, Dwain Chambers und Lewis Hamilton sind nur wenige Beispiele. Das Mutterland des Fußballs gibt traditionell auch in anderen Disziplinen eine gute Figur ab. Tradition ist aber auch: England und Skisprung - das passt nicht zusammen. Eddie Edwards wollte das nicht einfach so hinnehmen und so startete er 1987 seine tollkühne Mission. Bei der WM in Oberstdorf flog Edwards auf 73,5 Meter. Letzter Platz. Britischer Rekord. Die Olympiateilnahme war perfekt.

So machte sich "Eddie the Eagle" auf, 1988 das Vereinigte Königreich in Calgary zu vertreten. Und wie. Mit Schnapsglasbrille und Schnauzer wurde er zur Ikone der Spiele. Obwohl es wieder nur zum letzten Platz reichte, freut sich Edwards noch heute über die Erfahrung seines Lebens. "Ich war immer am Lachen und Winken. Ich hatte Spaß, weil ich meinen Sport liebte", sagte der heute 47-Jährige später dem "ZDF". Und abschließend: "Überhaupt dabei zu sein, war meine Goldmedaille."

John Gochnaur: Na, klingelt's? Wohl kaum. Aber kein Grund zur Panik, John Gochnaur wird wohl den Wenigsten ein Begriff sein. Zum Abschluss der kleinen SPOX-Chronik wartet noch einmal ein echter Klassiker. Stellen wir die Uhr einmal um gut 100 Jahre zurück. Zu zweifelhaftem Ruhm gelangte John Gochnaur nämlich im Jahr 1903 - und zwar nachhaltig. Sein Beruf: Baseballspieler in der MLB. Seine Ausführung: eher mangelhaft. Niemand hatte in dieser Saison - und weit darüber hinaus -  eine schlechtere Trefferstatistik, kein Spieler mehr Fehler auf dem Konto. 98 Errors und eine Fielding Percentage von 0,869. Kein Wunder, dass Gochnaur seine Karriere nach drei Jahren aufgab.

Ob sie es so gewollt haben oder nicht: an einige Exoten wird man sich noch länger erinnern als an ihre erfolgreichen Pendants. Dabei sein ist manchmal eben doch alles.

Schüttler hängt noch ein Jahr dran