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NBA - James Wiseman und der Neuanfang bei den Detroit Pistons: Was, wenn die Pistons Victor Wembanyama bekommen?

Von Nikolas Pfannenmüller
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James Wiseman bekam bei den Golden State Warriors nie eine echte Chance, nun versucht der 21-Jährige bei den Detroit Pistons Fuß zu fassen. Die Bedingungen sind für den Ex-Nr.2-Pick aber nicht die Besten.

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Die Detroit Pistons haben sich in den vergangenen Jahren zu einer Art Rehabilitationsklinik für Hochbegabte entwickelt. Seit Troy Weaver 2020 das Front Office in der Motor City übernahm, haben die Pistons während ihres Neuaufbaus zahlreiche frühere Lottery Picks ausprobiert. Seine Strategie: das Prinzip Hoffnung oder anders ausgedrückt, Spielern eine zweite Chance geben, die mit ihrem Potenzial ein paar Jahre vorher für viele NBA-Teams ein begehrenswertes Ziel waren.

Das neueste Beispiel dafür ist James Wiseman, der 2020 von den Golden State Warriors mit dem zweiten Pick noch vor LaMelo Ball gedraftet wurde. Der Big Man machte jedoch keine 100 Spiele für die Dubs und hatte überhaupt keinen Anteil daran, dass die Dubs nach vier Jahren Pause mal wieder Champion wurden. Anders formuliert: Auch weil Wiseman nicht spielte, waren die Warriors wieder die Warriors.

Und es ist auch nicht so, als ob es die Dubs nicht versucht hätten. Gerade in dieser Saison bekam der Center wieder einige Möglichkeiten, letztlich musste Head Coach Steve Kerr aber stets die Reißleine ziehen: "Es ist sein Bewusstsein in der Defensive. Offensiv wissen wir, dass er punkten kann. Wenn er gesund bleibt, wird er eine gute Karriere haben und viele Punkte machen. Aber was wir brauchen, ist ein gutes Defensivverhalten und die Fähigkeit, die Zone zu bewachen und den Ring zu beschützen."

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James Wiseman: Keine Chance bei den Warriors

So war es nur konsequent, dass die Warriors ihren "Fehler" eingestanden und stattdessen für einen alten Bekannten in Gary Payton II tradeten. Der Guard ist bereits 30, derzeit verletzt, kennt aber das System und hat sich in den Playoffs bewiesen. Das alles sind Attribute, die Wiseman nicht liefern konnte, auch wenn er stets die Rückendeckung von Besitzer Joe Lacob hatte.

Es gibt Gerüchte, dass jener Lacob vor knapp drei Jahren durchsetzte, dass Wiseman zu den Warriors kam. So verwunderte es auch nicht, dass der Owner teilweise auch die Schuld der eigenen Franchise zuschob: "Sind wir ehrlich, er hat kaum Chancen bekommen. Teilweise ist er selbst schuld, teilweise war es Pech, teilweise unser Fehler, weil wir ihn nicht haben spielen lassen. Wir werden nicht mehr oft die Chance kriegen, ein solches Talent zu draften", sagte Lacob in einem Interview mit The Athletic.

Für Wiseman ist es dagegen der benötigte Neuanfang, auch wenn die Situation in Detroit nicht die Beste ist. Weaver sammelte in den vergangenen Jahren mit Vorliebe zunächst gescheiterte Ex-Lottery-Picks, bezahlt machte sich die Strategie jedoch noch nicht.

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James Wiseman: Das nächste Projekt der Pistons

Er tradete für Dennis Smith Jr. (9. Pick im Draft 2017), stattete Kevin Knox (9. Pick 2018) mit einem Vertrag aus und wollte sich Josh Jackson (4. Pick 2017) nicht entgehen lassen. Nach zwei Jahren bei den Pistons wurde Jackson mit Trey Lyles und ein paar Second-Round-Picks nach Sacramento getradet, um Marvin Bagley III (2. Pick 2018) nach Michigan zu lotsen.

Weavers zweite große Schwäche sind Big Men, davon scheint er einfach nicht genug zu bekommen. So tummeln sich nun neben Wiseman und Bagley auch noch die mit eigenen Picks gezogenen Isaiah Stewart und Jalen Duren im Kader. Das sind vier Center, wovon eigentlich nur Stewart gelegentlich Forward spielen sollte - und selbst das ist nicht ideal.

Bisher war das noch nicht das große Problem, da stets mindestens einer der vier Bigs verletzt fehlte, aber die ersten Auswirkungen sind bereits spürbar. Duren, der jüngste Spieler der Liga, kommt trotz starker Ansätze nur noch von der Bank, stattdessen erhielt Wiseman zuletzt den Vorzug. In knapp 26 Minuten im Schnitt legt der Youngster 13,2 Punkte und knapp 9 Rebounds im Schnitt auf.

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James Wiseman und die Parallelen zu Marvin Bagley

Das ist solide, aber dass Wiseman offensiv durchaus talentiert ist, das wussten auch die Dubs. In der Verteidigung gibt es weiter riesigen Nachholbedarf, die letzten Saisonspiele wird sich Wiseman austoben dürfen und die Spielpraxis bekommen, welche in Golden State einfach nicht da war. Für die Pistons geht es nur noch darum, so viele Lottery-Bälle wie möglich abzustauben.

Fakt ist aber auch, dass Detroit langfristig nicht mit diesen vier Bigs weiter machen wird. Bagley erhielt in der Offseason völlig überraschend einen Dreijahresvertrag über 37,5 Millionen Dollar (gegen wen boten die Pistons damals überhaupt?), Stewart und Wiseman können in diesem Sommer bereits neue Deals ab 2024 verhandeln, während Duren noch bis 2026 gebunden ist.

Vor allem Bagley und Wiseman sind sich in ihrer Spielweise sehr ähnlich, das merkte auch Pistons-Coach Dwane Casey an. "James ist ein bisschen schwerer und größer. Ich würde sagen, Marvin hat einen Vorteil wegen seiner Erfahrung und dem Know How, wie man sich in bestimmten Situationen zu verhalten hat und wie man erkennt, was die Defense einem gibt. Das sind die Wiederholungen, die James auf der Center-Position braucht." Übrigens: 67 Minuten standen Wiseman und Bagley zusammen auf dem Feld, das Net-Rating beträgt -25 (D-Rating: 131).

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James Wiseman: Was passiert, wenn Wembanyama kommt?

Beide haben ihre Stärken in der Offensive. Sie haben ein überdurchschnittliches Ballhandling für Big Men, einen guten Touch und sind als Ballführende in der Lage, Fastbreaks zu laufen. Beide sind Linkshänder und nutzen gern einen Spin Move, um ihren Verteidiger abzuschütteln und anschließend per Hakenwurf abzuschließen. In einem Spiel gegen die Toronto Raptors hatten die beiden zeitversetzt sogar ein nahezu identisches Play. Beide fühlen sich in Korbnähe am wohlsten, allerdings nur auf der offensiven Seite.

In der Verteidigung können beide dank ihrer Athletik den Weg in ein Play zurückfinden. Sie haben gewisse Recover-Fähigkeiten, die aber nicht das Fundament eines erfolgreichen Defensivkonzepts bilden. In der Offensive übersehen beide zu häufig den besser postierten Mitspieler, gerade Bagley will in vielen Situationen seinen eigenen Wurf zu sehr erzwingen.

Und: Bei beiden muss weiter Aufbauarbeit geleistet werden. Sowohl Bagley als auch Wiseman sind bislang den Beweis schuldig geblieben, dass sie einem guten NBA-Team helfen können. Selbst in Detroit sind sie bislang eher Mitläufer, was kein gutes Zeichen ist. Dazu schwebt über allem die Möglichkeit, dass Detroit den ersten Pick bekommt und wenn Victor Wembanyama seine Zelte tatsächlich in Michigan aufschlägt, dürften die Tage beider Linkshänder in Detroit gezählt sein ...

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