NBA

NBA - Markelle Fultz: Nach Katastrophenjahren bei Philadelphia 76ers mitten im Play-In-Rennen mit Orlando Magic

Von Ruben Martin
Markelle Fultz verstärkt die Orlando Magic seit seiner Rückkehr nach einer Verletzung ungemein.
© getty

Markelle Fultz hatte zu Beginn seiner Karriere mit den hohen Erwartungen an einen Nr.1-Pick sowie schweren Verletzungen zu kämpfen. Nun ist er fit und gemeinsam mit dem jungen Kern der Orlando Magic im Aufstieg. Das Team um Franz Wagner, Paolo Banchero und Fultz erlebte einen katastrophalen Start in die Saison und kämpft sich nun weiter zurück. Das kann Fultz ohnehin am Besten.

Anzeige
Cookie-Einstellungen

"Er kann seine Arme nicht hoch genug heben, um einen Basketball zu werfen", zitierte Adrian Wojnarowski (ESPN) im Oktober 2017 den Agenten von Fultz, doch die Information war für kaum einen Beobachter der Liga wirklich neu. Der damalige Top-Pick war direkt nach wenigen Spielen seiner Rookie-Saison bei jeder Bewegung anzumerken, dass irgendwas nicht stimmte.

In seiner einzigen College-Saison bei den Washington Huskies drückte Fultz durchschnittlich fünfmal pro Spiel von draußen ab und traf bei einer überragenden Quote von 41,3 Prozent. Bei den Sixers nahm er jedoch kaum einen Wurf außerhalb der Zone. An der Freiwurflinie war deutlich zu erkennen, warum. Seine unrunde, schlackernde Bewegung versprach rein geometrisch schon wenig Erfolg, er traf weniger als die Hälfte seiner Freebies.

Fultz habe Flüssigkeit aus dem hinteren Teil seiner Schulter entnommen bekommen, ergänzte Wojnarowski damals in seinem Bericht. Schon Stunden später war bei ESPN jedoch eine andere Information von gleicher Quelle zu lesen. Fultz-Agent Raymond Brothers habe nun verraten, dass Fultz keine Flüssigkeit aus der Schulter entnommen bekommen habe, sondern Cortison hineingespritzt bekommen habe. Zweites weist in der Regel auf eine schwerwiegendere Verletzung als Erstes hin.

Bereits im Vorjahr hatten die Sixers den allerersten Pick, und bereits im Vorjahr wurde dessen Anfang in der NBA stark erschwert. Im Fall von Ben Simmons sogar um eine ganze Saison verzögert, der Australier debütierte erst 2017 mit Fultz. Die Alarmglocken in Philly waren nach den Berichten zu Fultz Schulter also bereits ohrenbetäubend, das Drama spitzte sich wenig später weiter zu.

Markelle Fultz wurde 2017 an erster Stelle durch die Philadelphia 76ers gedraftet.
© getty

NBA: Uneinigkeit über neue Wurfform zwischen Team und Fultz

Der damalige General Manager Bryan Colangelo lud zu einer Pressekonferenz zu dem Thema ein und brachte einen neuen Aspekt ins Spiel. Er sagte, dass Fultz sich bereits im August eigenständig dazu entschieden habe, seine Wurfform zu ändern. Colangelo führte aus, dass diese neue Bewegung zu der Verletzung beigetragen haben oder sogar komplett daran schuld sein könnte.

Als auch der damalige Head Coach Brett Brown diese Theorie ansprach und versicherte, es gäbe "keinen Zweifel, dass Markelle versucht hat, seinen Wurf zu verändern", widersprach Keith Williams, der persönliche Trainer von Fultz. "Oh mein Gott, das ist falsch. Nicht wahr", sagte er bei SportsRadioWIP.

Und Fultz? Der äußerte sich erst Jahre später. "Mir war es egal, was es für Geschichten zu meinem Wurf gab", betonte der nun 24-Jährige im November 2021 im Podcast "The Rematch". Bei seiner Verletzung, die zuerst als "muskuläres Ungleichgewicht im Schulterblatt" diagnostiziert wurde, handelte es sich offenbar um das Thoracic Outlet Syndrome, bei dem Nerven eingeklemmt werden.

"Wenn ich werfen wollte, fühlte es sich an, als hätte ich eine zu kleine Anzugjacke an", erklärte Fultz. "Ich wollte meine Arme nehmen, aber es war, als würde jemand sie unten halten. [...] Ich habe manchmal das Gefühl in meiner Hand verloren an der Freiwurflinie. Deswegen habe ich manchmal den Ball in der Bewegung wieder runtergenommen. Keine Chance, dass ich den Ball werfe, wenn ich nicht einmal in meiner Hand fühle."

Dass er seinen Wurf absichtlich vor der Verletzung geändert habe, dementierte er ebenfalls. "Warum sollte ich meinen Wurf verändern? Es gab keinen Grund. Das war eine der lustigsten Dinge, die ich gehört habe."

Jayson Tatum wurde 2017 nach Markelle Fultz von den Boston Celtics an dritter Stelle gedraftet.
© getty

NBA: Sixers verscherbelten ehemaligen Top-Pick Fultz

Die Beziehung zwischen den Sixers und Fultz erschien demnach schon ab dem ersten Saisonmonat belastet, auch spielerisch war noch kaum Besserung in Sicht für den Guard ohne Sprungwurf. So schaute sich Philadelphia schon nach seiner zweiten Saison und nur 33 Einsätzen um, was Fultz noch als Gegenwert einbringen würde. Einen Erstrundenpick mit Top-20-Protections sowie einen hohen Zweitrundenpick bekamen die Sixers von den Magic, sie nahmen an.

Dort lief es umgehend besser für Fultz, der seine Freiwürfe wieder zu 73,0 Prozent traf und auch sonst zumindest als solider Starter agierte mit 12,1 Punkten, 5,1 Assists und 1,3 Steals pro Spiel bei 46,5 Prozent aus dem Feld. Er verpasste nur ein einziges Spiel in der Saison 2019/20. Über Gesundheit konnte er sich jedoch in der nächsten Spielzeit nicht lange freuen, nach 8 Spielen (und 89,5 Prozent Freiwurfquote) riss er sich das Kreuzband.

Mit der Verletzung verpasste er den Großteil von zwei Saisons, auch im vergangenen Jahr lief er nur in 18 Partien auf. Die nächste Verletzung kam in der Vorbereitung auf die laufende Spielzeit, als er sich seinen großen Zeh brach und damit die ersten 21 Spielen seines Teams verpasste. Seitdem bestreitet er jedoch jedes Spiel als Starting Point Guard der Magic und legt Bestwerte in Minuten, Punkten, Feldwurfquote, Rebounds und Steals auf.

"Er ist der ultimative Teamspieler", lobte ihn sein Head Coach Jamahl Mosley jüngst und führte aus: "Er vertraut seinen Teamkollegen und sie vertrauen ihm. Er verlangsamt das Spiel genug, um ihnen die richtigen Entscheidungen einfacher zu machen. Aber er bringt den Ball auch im Fastbreak schnell und kontrolliert nach vorne."

Markelle Fultz: Seine Saisonstatistiken in der NBA

SaisonTeamSpieleMinutenFG%3P%FT%ReboundsAssistsStealsPunkte
2017/18Sixers1418,140,50,0047,63,13,80,97,1
2018/19Sixers1922,541,928,656,83,73,10,98,2
2019/20Magic7227,746,526,773,03,35,11,312,1
2020/21Magic826,939,425,089,53,15,41,012,9
2021/22Magic1820,047,423,580,62,75,51,110,8
2022/23Magic4029,249,730,878,44,05,51,513,2
Markelle Fultz spielt gut bei den Orlando Magic - solange er nicht verletzt ist.
© getty

Markelle Fultz: Guter Slasher und Verteidiger, der Dreier fehlt noch

Fultz hat mit 1,90 Meter und 94 Kilogramm exzellente Maße für einen Point Guard und besitzt auch nach seinen vielen Verletzungen noch exzellente Athletik, die er sowohl offensiv als auch defensiv gut einsetzt.

In der Verteidigung kann er exzellenten Druck auf den gegnerischen Ballführer ausüben, aber auch nach Switches gegen große Flügelspieler Widerstand leisten oder beim Rebounding aushelfen. Im Angriff überzeugt Fultz mit seinem riesigen Arsenal an Finishes, mit denen er schon im College dominierte. Außerdem ist auch sein Wurf aus der Mitteldistanz mittlerweile wieder eine Waffe.

Um ein kompletter Spieler zu werden, fehlt ihm jedoch weiterhin der Distanzwurf. Fultz nimmt nur 1,3 Triples pro Partie und trifft nur 30,8 Prozent davon. Damit schadet er dem Spacing der Magic, wenn er sich abseits des Balls aufhält. Dennoch ist Orlando mit ihm deutlich besser, nicht ganz zufällig haben die Magic mit ihm auf dem Parkett eine Bilanz von 59-53 und seit seiner Ankunft nur 103 Siege und 211 Niederlagen ohne ihn.

Bei allem Lob ist festzuhalten, dass Fultz kein Franchise Player ist, den man von einem Top-Pick erwarten würde, und die Magic nicht einmal ein Geheimtipp für einen tiefen Playofflauf. Allein das Play-In-Turnier zu erreichen wäre für Orlando nach dem desaströsen Saisonstart allerdings schon ein großer Erfolg. Dort muss sich das junge Team in seiner aktuellen Form auch vor niemanden verstecken, jeder Gegner dort hat seine eigenen Schwächen.

Paolo Banchero wurde genau wie Markelle Fultz mit dem ersten Pick gedraftet.
© getty

Orlando Magic: Mitten im Play-In-Rennen, rosige Zukunft

Auch falls Orlando dieses Jahr wieder nur Lottery-Team sein sollte, die Zukunft der Franchise verspricht dank dem jungen Kern mit Banchero, den Wagner-Brüdern, Wendell Carter Jr, Cole Anthony, Jalen Suggs und Fultz viel. Kaum ein anderes Team hat so viel junges Talent zu bieten. Doch wie stehen die Chancen der Magic, schon dieses Jahr ins Play-In-Turnier zu kommen?

Sagen wir so: Undenkbar schien es in seinen ersten beiden Saisons, dass Fultz jemals einen brauchbaren Jumpshot in der NBA zeigen würde. Nun trifft er laut Cleaning the Glass 47 Prozent seiner Würfe aus der Mitteldistanz.

Undenkbar schien es auch noch am 5. Dezember 2022, dass die Orlando Magic nach einem Saisonstart mit nur 5 Siegen bei 20 Niederlagen auch nur in die Nähe der diesjährigen Postseason kommen würde. Nun haben sie bei 20 Partien vor sich nur 3 Spiele Rückstand auf die Washington Wizards.

Artikel und Videos zum Thema