Top-Talent Arda Güler: Halb Europa jagt den "türkischen Messi"

Von Matt O'Connor-Simpson
Arda Güler, Süper Lig, BVB, FC Bayern
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Der 18-Jährige hat das Interesse der ganz Großen geweckt. Kein Wunder bei seinen Leistungen in den letzten Monaten.

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"Neue Messis" sind längst keine Seltenheit mehr. Nahezu jedes Offensivwunderkind mit halbwegs ordentlichen Dribblingfähigkeiten und einem entsprechenden Körperbau wird mit dem siebenmaligen Weltfußballer verglichen. Auch in der Türkei gab es schonmal einen "türkischen Messi", der allerdings ziemlich abstürzte - der ehemalige BVB-Angreifer Emre Mor. Mittlerweile gibt es wieder einen riesigen Hype um einen Youngster, inklusive neuer Messi-Vergleiche. Die Rede ist von Arda Güler, einem der begehrtesten Spieler dieses Sommers.

Fenerbahce will den 18-Jährigen unbedingt noch für mindestens ein Jahr halten und mit ihm die Rückkehr auf den Thron der Süper Lig schaffen. Allerdings wird das ein schwieriges Unterfangen, denn einige ganz große Vereine bemühen sich um Güler: Real Madrid, Barcelona, Arsenal, Aston Villa und der BVB sind nur einige der Klubs, die genannt werden.

Ist der Hype gerechtfertigt? Oder ist Güler dazu verdammt, sich in die Reihe von gescheiterten "neuen Messis" wie Ryan Gauld, Alen Halilovic und eben Mor einzureihen?

SPOX und GOAL zeigt, warum Güler wirklich ein Ausnahmetalent ist.

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Arda Güler: Die ersten Schritte

Sein Vater Ümit ließ Arda Güler kaum eine andere Wahl, als Fußballer zu werden. In einem Interview mit GOAL aus dem Jahr 2022 verriet er, mit welchen Methoden er seinen Sohn zum Fußball ermutigte. "Wir hatten keine Linksfüßer in unserer Familie", erklärte er. "Ich habe ihm Luftballons und Fußbälle vor seinen linken Fuß gelegt, damit er ihn häufiger benutzt."

Es dauerte nur bis zu seinem zweiten Grundschuljahr, bis bei Güler junior ein gewisses Talent mit dem runden Leder zu erkennen war. In dieser Zeit ermutigte ihn sein Sportlehrer, sich der Jugendakademie von Genclerbirligi anzuschließen - einem Verein aus Ankara. "Die Trainingseinrichtungen von Genclerbirligi waren sehr weit von unserem Zuhause entfernt", erinnerte sich Ümit Güler. "Wir brachten Arda auf Drängen seines Lehrers dorthin, und er überzeugte schon in der ersten Trainingseinheit. Sie nahmen ihn sofort in ihr Team auf!"

Einige Jahre später wurde der Teenager während eines U14-Turniers von Fenerbahce entdeckt. Trotz einer Knöchelblessur spielte der wuselige Dribbler groß auf und Fener unterbreitete ihm ein Angebot. Nach reiflichen Überlegungen nahm Güler an und zog in das 500 Kilometer entfernte Istanbul. Für ihn, der als Fenerbahce-Fan und Bewunderer von Vereinslegende Alex de Souza aufgewachsen war, ging ein Traum in Erfüllung.

Die Pandemie störte seine Entwicklung ein wenig, aber er ließ sich davon nicht völlig aus der Bahn werfen. Nach der Wiederaufnahme des Fußballs beeindruckte er sowohl in der U17 als auch in der U19. In nur 22 Einsätzen für die U19 erzielte er zehn Tore und lieferte sieben Vorlagen. Im Januar 2021 wurde er mit seinem ersten Profivertrag belohnt.

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Arda Güler: Der große Durchbruch

Der damalige Fenerbahce-Trainer Vitor Pereira bemerkte Gülers kometenhaften Aufstieg bei den Junioren und ließ ihn in der zweiten Hälfte der Saison 2020/21 bei den Profis mittrainieren. Bis zum Debüt des Jungspunds dauerte es allerdings noch einige Monate. Dies stieg in der der Europa-League-Qualifikation gegen HJK Helsinki.

Nach einigen weiteren Joker-Einsätzen und einigen Assists kam das große Ausrufezeichen im Liga-Rückspiel gegen Alanyaspor. Bei Gülers Hereinnahme stand es 2:2 und es roch nach Unentschieden, ehe er mit einem Tor und einem Assist binnen einer Viertelstunde maßgeblich am 5:2-Endstand beteiligt war.

Sein Treffer war dabei ein ganz besonderer: Güler wurde durch ihn zum jüngsten Torschützen der Fenerbahce-Geschichte.

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Arda Güler: So läuft's gerade

In der vergangenen Saison knüpfte Güler an seine hervorragenden Leistungen in der Saison 2021/22 an. Im Sommer erhielt er das Trikot mit der Nummer 10, das zuvor von seinem Idol Alex sowie unter anderem von Mesut Özil, Robin van Persie und Tuncay Sanli getragen wurde. Als er am zweiten Spieltag gegen Kasimpasa (6:0) als Joker einen Doppelpack schnürte, waren die Fans euphorisch.

Trotzdem war ein Stammplatz noch in weiter Ferne. Erst im Januar stand Güler erstmals in der Startformation und biss sich dort nach und nach fest. Er war Teil der Fenerbahce-Elf, die erstmals seit 2014 wieder den türkischen Pokal gewann. Im Endspiel legte Güler den Führungstreffer durch Michy Batshuayi auf.

Mittlerweile ist der 18-Jährige auch Nationalspieler der Türkei. Er krönte seine Saison, als er gegen Wales mit einem unhaltbaren Distanzschuss sein erstes Länderspieltor markierte.

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Arda Güler: Seine Stärken

Güler ist zwar erst 18 Jahre alt, aber er hat bereits auf vielen verschiedenen Positionen für Verein und Land gespielt. Die meisten seiner Einsatzminuten hat er als rechter Flügelstürmer oder im offensiven Mittelfeld gesammelt. Aber auch auf der linken Seite und sogar im Angriffszentrum kam er schon zum Einsatz.

Unabhängig davon, wo er spielt, zieht es Güler in der Regel in den rechten Halbraum. Von dort aus sorgt er für Unruhe, indem er entweder den Ball an seinen Gegenspielern vorbeischiebt oder seinen Mitspielern Chancen kreiert. Es gibt mehrere Gründe, warum er in diesem Bereich so effektiv ist. Zum einen hat er einen niedrigen Schwerpunkt, der es ihm ermöglicht, sich blitzschnell zu drehen und zu wenden. In Kombination mit seiner präzisen Ballkontrolle ist der türkische Nationalspieler nur mit Mühe aus dem Spiel zu nehmen, wenn er in vollem Lauf ist. Dazu gesellen sich Trickreichtum und eine starke Technik.

Sobald er sich Raum verschafft hat, kommen seine Übersicht und sein Passspiel zur Geltung. Er liebt es, Steilpässe einzustreuen. Wenn er sich auf der linken Seite wiederfindet, ähnelt er oft einem altmodischen Flügelstürmer, der bis zur Grundlinie vorstößt und dann eine Flanke schlägt. Trotz seines jungen Alters trifft er im letzten Drittel des Spielfelds nur selten falsche Entscheidungen.

Außerdem ist er torgefährlich, was sich in den kommenden Jahren noch weiter entwickeln dürfte. Wie viele moderne Offensivspieler versucht auch Güler ständig, mit seinem starken linken Fuß nach innen zu ziehen und abzuschließen. So markierte er auch das Traumtor gegen Wales.

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Arda Güler: Woran er arbeiten muss

Gülers linker Fuß ist dank der Luftballons seines Vaters magisch. Allein darauf sollte er sich nicht verlassen. Zu schnell dürfte sein Spiel eindimensional und für die Gegenspieler ausrechenbar sein. An den Fähigkeiten mit rechts sollt er definitiv noch arbeiten.

Auch körperlich befindet er sich noch in der Entwicklung. Falls er in diesem Sommer in eine stärkere Liga wechselt, wird es interessant sein zu sehen, wie er mit Spielern umgeht, die ihm körperlich deutlich überlegen sind und die kompromisslos zur Sache gehen.

Und dann ist da noch die Frage, wie gut es um sein Spiel ohne Ball bestellt ist. Würde Güler in ein intensives, ausgeklügeltes Pressing-System passen? Dass der Perfektionist Jorge Jesus dem Rohdiamanten allerdings in einem Pokalfinale das Vertrauen schenkte, dürfte zumindest diese Zweifel weitgehend zerstreuen.

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Arda Güler: Der neue ... Lionel Messi?

Wenn man Güler im Spiel sieht, ist es nicht schwer zu verstehen, woher die Messi-Vergleiche kommen. Beim jungen Türken wirkt es manchmal, als sei er mit dem Ball am Fuß schneller als ohne. Ähnliches wurde auch von La Pulga zu dessen Anfangszeit beim FC Barcelona behauptet.

Messi ist jedoch nicht der einzige Spieler, an den Güler erinnert. In gewissen Situationen ähnelt er dem ehemaligen Real-Star Guti, der am Ende seiner Karriere ebenfalls in der Türkei spielte. Wie Guti ist auch Güler mit dem Ball am Fuß extrem ruhig und ein teils genialer Vorbereiter.

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Arda Güler: Wie geht es weiter?

Güler ist in den Medien aktuell sehr präsent und sehr oft wird positiv über ihn gesprochen. Mesut Özil zum Beispiel, sein ehemaliger Fenerbahce-Teamkamerad, traut dem Youngster zu, in absehbarer Zeit ein "Weltstar" zu werden.

Erol Tökgözler, Gülers ehemaliger Trainer bei Genclerbirligi, meinte bereits 2022 gegenüber CNN Turk: "Ich glaube nicht, dass Arda lange in der Türkei bleiben wird. Ich weiß, dass es Angebote von Arsenal und Bayern München gibt. Mit jedem weiteren Spiel wird die Zahl dieser Mannschaften steigen. Angebote in Höhe von 20 bis 30 Millionen Euro für Arda werden normal werden."

Nach dem bisherigen Stand der Dinge kann man dieser Einschätzung kaum widersprechen, mit Ausnahme eines wichtigen Punktes: Güler könnte in diesem Sommer viel weniger kosten als das. Denn Berichten zufolge hat er eine Ausstiegsklausel in Höhe von 17,5 Millionen Euro.

 

 

Barcelona bemüht sich jedenfalls, den Youngster für 2024 unter Vertrag zu nehmen. Sportdirektor Deco arbeite daran, erklärte Präsident Joan Laporta bei Tv3: "LaLiga erlaubt uns, Geschäfte durchzuführen, die für dieses Jahr nicht zählen. Wir versuchen, den Deal für das nächste Jahr abzuschließen."

Die interessierten Klubs dürften allerdings keine Probleme haben, die Ausstiegsklausel aufzubringen. Also wird es auf die Entscheidung des Spielers ankommen. Sollte er Fenerbahce verlassen, wäre es gewiss schwierig, den Avancen von Real Madrid oder Barcelona zu widerstehen. Aber wären dies auch die richtigen Schritte für seine Entwicklung?

Hier kommt der angeblich interessierte BVB ins Spiel. Kaum ein Verein bringt Talente aktuell so zuverlässig in die Weltklasse wie der deutsche Vizemeister. Zunächst aber muss Güler entscheiden, wo er seinen nächsten Schritt am liebsten gehen möchte.