Álvaro Rodríguez: Hat Real Madrid seinen eigenen Erling Haaland entdeckt?

Von Thomas Hindle / Justin Kraft
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Álvaro Rodríguez erzielte in seinem zweiten Ligaspiel gegen Atlético Madrid sein erstes Tor für Real Madrid und wird als langfristiger Nachfolger von Karim Benzema gehandelt. Doch wie gut ist der 18-Jährige wirklich?

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Eine Führung gegen Real Madrid bedeutet nichts. Diese Erfahrung mussten in den letzten Jahren viele Klubs machen. So auch zuletzt Atlético Madrid im Stadtderby. Die Rojiblanco führten mit 1:0 gegen die Königlichen. Ein spätes Tor von José María Giménez brachte die Gäste in Führung. Vinicius Júnior, Karim Benzema, Federico Valverde, der eingewechselte Luka Modric - sie alle standen auf den Zetteln der Fans als potenzielle Retter wahrscheinlich ganz weit oben.

Der Held des Abends wurde aber ein anderer: Álvaro Rodríguez gelang der Ausgleich in der 85. Minute mit einem wunderschönen Kopfball. Damit katapultierte sich der 18-Jährige sofort in die Herzen der Fans. Wer die Entwicklung des Top-Talents in den vergangenen Jahren verfolgt hat, dürfte aber wenig überrascht gewesen sein. Rodríguez entwickelte sich in der Akademie von Real innerhalb von drei Jahren von einem verletzungsanfälligen Flügelspieler zu einem dominanten Mittelstürmer.

Einst vom FC Barcelona abgelehnt, ist er heute ein Angreifer mit dem Potenzial, Karim Benzema irgendwann zu beerben, wenn dieser weiterzieht oder seine Karriere beendet. Rodríguez ist groß, schnell und verfügt über ein hervorragendes Ballgefühl. Diejenigen, die ihn in der spanischen Hauptstadt trainiert haben, haben ihn schon mit Erling Haaland verglichen. Und auch wenn er die Qualität des Norwegers vielleicht nicht erreichen sollte, hat Rodríguez jede Menge Talent - sicherlich genug, um Stammspieler bei Los Blancos zu werden.

Aber wer ist Rodriguez, und was macht ihn so gut? NXGN wirft einen genaueren Blick auf einen der vielversprechendsten Nachwuchsspieler des spanischen Fußballs...

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Álvaro Rodríguez: Wie alles begann

Als Sohn des ehemaligen uruguayischen Nationalstürmers Coquito wurde Rodríguez in Girona geboren, knapp 40 Kilometer von Barcelona entfernt. Nachdem er in den Jugendmannschaften von Girona beeindruckt hatte, wurde 2020 der spanische Fußballriese auf ihn aufmerksam.

Barça war der erste große Klub, der sich um ihn bemühte. Wie Sport berichtet, waren die Scouts der Blaugrana sehr beeindruckt von dem damals 15-Jährigen. Die Verantwortlichen in La Masia konnten jedoch nicht überzeugt werden, da sie ihm fehlende "Barça-DNA" unterstellten.

Das rief Real Madrid auf den Plan, und als die sich bei Rodríguez meldeten, hatte der kaum eine andere Wahl, war dieser doch seit seiner Kindheit Fan der Königlichen. Allerdings gab es auch in Madrid einige, die nicht sofort von dem Teenager überzeugt waren. Rodríguez hatte den Großteil seiner Jugendkarriere als linker Flügelspieler verbracht, doch seine neuen Trainer waren der Meinung, dass seine langfristige Zukunft woanders liegen könnte.

Eine Reihe von Verletzungen machten einen Positionswechsel zunächst aber unmöglich. Als er zurückkehrte, wurde er jedoch vermehrt als Mittelstürmer eingesetzt.

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Álvaro Rodríguez: Der große Durchbruch

In seiner neuen Rolle blühte Rodríguez in der U19 auf und machte so Raúl auf sich aufmerksam - Trainer von Real Madrid Castilla, der Zweitvertretung. Die ehemalige Stürmerlegende forderte Videomaterial vom Talent an und berief ihn später in sein Team in die dritte spanische Liga.

Die Tore ließen nicht lange auf sich warten: Am 8. Januar 2022 traf Rodriguez zum ersten Mal für die Castilla. Er entwickelte sich zu einem zuverlässigen Mittelstürmer, der Berichten zufolge Filme von Romelu Lukaku anschaute, um sich weiter zu verbessern.

Schon bald wurde er aufgrund seiner Größe, seines Tempos und seiner Torgefährlichkeit mit Erling Haaland verglichen. In dieser Saison setzte er sich gegen die Konkurrenz um die Rolle des Mittelstürmers im Team von Raúl durch und erhielt seinen Platz vor dem hochgeschätzten ehemaligen Barcelona-Star Iker Bravo.

"Er ist schneller, als die Leute denken, und wenn sie versuchen, ihm keinen Raum zu geben, stellt er sich in den Weg, erobert den Ball und verteilt ihn. Im Strafraum schließt er jeden Ball aus der Luft ab. Er kann mit beiden Füßen schießen, wenn er sich dreht", so eine Quelle von Real Madrid gegenüber The Athletic.

Rodríguez wurde im Oktober 2022 zum ersten Mal in die erste Mannschaft berufen, musste aber vier Monate auf sein Debüt in der Liga warten. Als er dann endlich sein Debüt gab, verschwendete er nicht viel Zeit, um seine Qualität unter Beweis zu stellen. In der Nachspielzeit lieferte er die Vorlage für Marco Asensio zum 2:0-Sieg gegen Osasuna.

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Álvaro Rodríguez: Wie es aktuell läuft

Rodríguez wurde mit der nicht unbedeutenden Aufgabe betraut, Karim Benzema zu unterstützen. Madrid sucht händeringend nach einem Spieler, der den Ballon-d'Or-Gewinner von 2022 vertreten und perspektivisch sogar ersetzen kann.

Sein Tor gegen Atlético deutete an, dass er diese Rolle übernehmen kann, als er sich von seinem Gegenspieler absetzte und einen Kopfball am chancenlosen Jan Oblak vorbei im Tor unterbrachte. Damit konnte er die aktuell schwachen Titelhoffnungen in der Liga noch am Leben halten.

Auch auf internationaler Ebene hat er für Aufsehen gesorgt, als er für Uruguay bei der U20-Südamerikameisterschaft im Januar den zweiten Platz belegte. Rodríguez beendete das Turnier mit fünf Toren - nur eines weniger als der beste Torschütze des Wettbewerbs. Er scheint in der Lage zu sein, die Tradition der uruguayischen Topstürmer in Europa fortzusetzen.

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Álvaro Rodríguez: Größte Stärken

Rodríguez ist ein tödlicher Torjäger. Der Youngster ist im Strafraum und in der Luft sehr gut. Er ist zwar kein so unglaublicher Athlet wie Haaland, aber er ist körperlich begabt genug, um schlechte Flanken in gute zu verwandeln.

Außerdem ist er für seine Größe recht schnell und seine Vergangenheit als Flügelspieler trägt dazu bei, dass er sich in der Offensive auch im Eins-gegen-eins mit hervorragenden technischen Fähigkeiten durchsetzen kann. Er hat durch diese Erfahrungen ein großes Spielverständnis entwickelt.

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Álvaro Rodríguez: Raum für Verbesserungen

Rodríguez' offensichtlichste Schwäche ist sein erster Ballkontakt. Seine manchmal plump wirkende Spielweise ließ Madrid einst zögern, ihn auf dem Flügel spielen zu lassen. Zumal die A-Nationalmannschaft auf wendige, kleinere Spieler auf den Außenbahnen setzt.

Das könnte auf lange Sicht ein Problem für Los Blancos sein, die auf einen fluiden Ballbesitz setzen. Doch Rodríguez ist erst 18 Jahre alt und kann an diesem Teil seines Spiels noch arbeiten.

Es gibt auch einige Kritikpunkte an seiner Entscheidungsfindung, vor allem in Kontersituationen. Trainer Carlo Ancelotti wird hoffen, dass er sich in solchen Situationen verbessern kann, wenn er reifer wird. Denn das Konterspiel ist für Real vor allem in der Königsklasse ein wichtiges Element.

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Álvaro Rodríguez: Der nächste ... Darwin Núñez?

Meist wird Rodríguez mit Haaland verglichen. Und in gewisser Weise macht das auch Sinn. Ihre körperlichen Profile sind bemerkenswert ähnlich und beide verlassen sich auf Tempo und Sprungkraft - auch im Abschluss sind sie brandgefährlich.

Doch Rodríguez fehlt die Ruhe von Haaland und er ähnelt wohl eher seinem potenziellen Nationalmannschaftskollegen Darwin Nunez. Beide wurden als Flügelspieler ausgebildet, fühlen sich aber im offensiven Zentrum deutlich wohler. Beide sind in der Offensive unglaublich gefährlich, können aber auch straucheln, wenn das Spiel langsamer und statischer wird. Sie haben fast genau das gleiche Gewicht und sind geradezu chaotisch, was sie unberechenbar macht.

Auch die Mängel in der Entscheidungsfindung erinnern an Núñez. Überhastete Aktionen und Abschlüsse, aber auch Bälle, die ihm über den Schlappen rutschen, sind unverkennbare Parallelen zu seinem Landsmann. Gleichzeitig sind das Aspekte, die der 18-Jährige in den kommenden Jahren noch deutlich verbessern kann.

Das Duo tauschte nach dem Champions-League-Sieg von Real Madrid gegen Liverpool in Anfield letzte Woche die Trikots - und es wäre keine Überraschung, wenn sie in den nächsten Jahren gemeinsam für Uruguay auflaufen würden.

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Álvaro Rodríguez: Wie geht es weiter?

Wie bei allen Madrider Nachwuchsspielern hängt alles davon ab, wie konstant Rodríguez seine Leistungen bringen kann. Für den Champions-League-Sieger zu spielen, kann eine harte und unbarmherzige Aufgabe sein. Selbst unter Ancelotti gibt es wenig Geduld für junge Spieler, die keine Konstanz zeigen.

Aber wenn Rodríguez weiterhin von der Bank aus überzeugt, könnte er ein Kandidat für die Nachfolge von Benzema sein. Ancelotti traut auf jeden Fall zu, dass er auf lange Sicht ein fester Bestandteil des Teams sein wird, wie er nach Rodriguez' Einsatz im Derby sagte: "Unser Plan für die nächste Saison ist es, dass Álvaro in der ersten Mannschaft spielt. Er hat Qualität wie kaum ein anderer und ist groß und stark.

Und weiter: "Benzema ist kein traditioneller Mittelstürmer, daher ist es gut für uns, einen Stürmer mit dieser Qualität und Größe zu haben."

Es ist davon auszugehen, dass Rodríguez für den Rest der Saison noch für die Castilla auflaufen wird, um seinen Spielrhythmus zu behalten. Aber es wird wohl nicht mehr lange dauern, bis das Spielen in den unteren Ligen für den Hoffnungsträger der Vergangenheit angehört.

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