Damals in der Drogen-Hochburg: Die besondere Beziehung zwischen Pep Guardiola und seinem Stellvertreter

Premier-League-Sieger 2021: Pep Gurardiola mit seinem Co-Trainer Juanma Lillo (Zweiter von rechts).
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Weil Pep Guardiola wegen einer Rückenoperation passen muss, coacht Juanma Lillo derzeit interimistisch Manchester City: Die beiden Trainer verbindet eine besondere Geschichte.

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Pep Guardiola erholt sich aktuell in Barcelona von einer Rückenoperation. Aber dennoch war er am Sonntag "vollkommen präsent" an der etwa 1360 Kilometer Luftlinie entfernten Bramall Lane in Sheffield, wie sein Co-Trainer Juanma Lillo anschließend verriet: "Er war die ganze Zeit hier bei uns."

Der 52-jährige Chef habe sich im Laufe des 2:1-Sieges gegen Sheffield United "in einigen Momenten" bei seinem fünf Jahre älteren Stellvertreter gemeldet. Aber um präsent zu sein, wäre das eigentlich gar nicht nötig gewesen. Lillos Gedanken alleine hätten dafür schon ausgereicht. Wohl kein Trainer der Welt ist Guardiola inhaltlich so nahe wie sein Landsmann Lillo, oder ist es umgekehrt?

Juanma Lillo (links) bei Manchester Citys 2:1-Sieg gegen Sheffield United am vergangenen Sonntag.
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Guardiola folgte Lillo in die mexikanische Drogen-Hochburg

Die gemeinsame Geschichte der beiden begann im Jahr 1996. Guardiola hatte Barça soeben zu einem 4:2-Sieg gegen Real Oviedo geführt, war von der Spielweise des Gegners aber dermaßen beeindruckt, dass er anschließend die gegnerische Trainerkabine aufsuchte. "Pep kam herein, sprach ein großes Lob für unsere Leistung aus und sagte, er wolle den Kontakt mit mir aufrechterhalten", erzählte Lillo später. "Vor unserer Verabschiedung teilte er mir mit, dass er seine Karriere nicht beenden werde, bevor er nicht einmal für eine Mannschaft gespielt hat, die ich trainiere."

So kam es tatsächlich und zwar fast genau zehn Jahre später unter durchaus kuriosen Umständen. Nach seinem Abschied aus Barcelona spielte Guardiola noch für Brescia Calcio, die AS Roma und Al-Ahli in Katar, ehe er sich 2006 Lillo anschloss. Dafür musste der damals 34-Jährige aber in die mexikanische Drogen-Hochburg Culiacan übersiedeln.

Zwischen Bandenkriegen coachte Lillo damals den abstiegsbedrohten Erstligisten Dorados Sinaloa. Begleitet von etwas weniger Öffentlichkeitsinteresse als später der zweite berühmte Trainer der Klubgeschichte: Diego Armando Maradona, dessen Zeit bei den Dorados in einer Netflix-Serie dokumentiert ist.

Guardiola absolvierte lediglich zehn Spiele unter Lillo, viel wichtiger waren ihm aber ohnehin die gemeinsamen Trainingseinheiten und Gespräche. Das Duo habe sich "den ganzen Tag über Fußball unterhalten", berichtet Elisio Martinez, der zu jener Zeit in Lillos Betreuerstab tätig war. "Wie ein besessener Student" hätte sich Guardiola verhalten - laut Lillo aber schon "wie ein Trainer gedacht".

Im Frühling 2006 absolvierte Pep Guardiola zum Abschluss seiner aktiven Karriere unter Trainer Juanma Lillo zehn Pflichtspiele für die Dorados Sinaloa.
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Pep Guardiolas Siegeszug - und Juanma Lillos Weltreise

Nach einem halben Jahr verabschiedete sich Guardiola wieder, absolvierte im Vergleich zu seiner Lehrzeit in Sinaloa eher irrelevante Trainerkurse und kehrte schließlich zum FC Barcelona zurück. 2009 gewann er in seiner ersten Saison als Cheftrainer das Triple. Es war der Auftakt eines unfassbaren Siegeszuges mit Barça, dem FC Bayern München und Manchester City.

Lillo machte unterdessen damit weiter, was er zuvor schon jahrelang gemacht hatte: kleine Klubs mit ansehnlichem Fußball besser zu machen, als sie eigentlich sein dürften. "Als ich 15 war, sagte mein damaliger Trainer zu mir: 'Juanma, ich habe eine gute und eine schlechte Nachricht. Die schlechte ist: Du bist als Fußballer scheiße. Die gute ist: Du hast etwas, was man im Fußball braucht. Deine Mitspieler hören auf dich'", erzählte Lillo später. "Also wollte ich fortan nur noch Trainer sein."

Im Alter von 20 Jahren übernahm er den Cheftrainer-Posten bei seinem Heimatklub, mit 29 führte er UD Salamanca sensationell zum Aufstieg in die Primera Division. Angebote von Top-Klubs blieben aber aus, stattdessen betreute er insgesamt 15 verschiedene Klubs rund um den Planeten. Lillo arbeitete in China und Mexiko, in Japan und Kolumbien. Zwischenzeitlich fungierte er als Jorge Sampaolis Co-Trainer bei der chilenischen Nationalmannschaft und beim FC Sevilla. Trophäen gewann Lillo keine einzige, dafür musste er erst wieder mit Guardiola zusammenfinden.

Premier-League-Sieger 2021: Pep Gurardiola mit seinem Co-Trainer Juanma Lillo (Zweiter von rechts).
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Juano Lillo gewann mit Pep Guardiola seine ersten Titel

Nachdem sich sein bisheriger Assistent Mikel Arteta zum FC Arsenal verabschiedet hatte, dachte Guardiola an seinen einstigen Lehrmeister und holte ihn 2020 in Citys Trainerstab. Zwei Meistertitel später packte Lillo aber wieder das Fernweh und vielleicht auch die Aussicht auf eine Rolle als Chef: Al-Sadd, Katar.

In Lillos Abwesenheit gewann City den lange ersehnten ersten Champions-League-Titel, woraufhin in diesem Sommer erneut zwei Mitglieder aus Guardiolas Trainerstab verantwortungsvollere Aufgaben übernahmen. Enzo Maresca wurde Trainer bei Leicester City, Rodolfo Borrell Sportdirektor beim MLS-Klub Austin FC. Dafür kehrte Lillo aus der Wüste zurück.

"Er ist die perfekte Person an meiner Seite", schwärmte Guardiola bei der Wiedervereinigung. "Juanma sieht Dinge, die sonst niemand in diesem Spiel sieht. Sein Wissen über den Fußball, seine Intelligenz und seine Menschlichkeit machen ihn zu einer ganz besonderen Person. Wir haben eine gemeinsame Ideologie. Er ist ein Freund, ein Kollege und eine Inspiration."

Und aktuell eben ein Stellvertreter: In dieser Rolle schenkte ihm Lillo bereits den Sieg gegen Sheffield. Auch am Samstag beim Heimspiel gegen den FC Fulham wird er seinen Chef vertreten. Aber nur ungern! "Ich wäre viel lieber mit Pep zusammen", sagt Lillo. "Vor allem weil es um seine Gesundheit geht, genieße ich das nicht im geringsten."