Der Niedergang von Eden Hazard: Die Chronologie einer galaktischen Enttäuschung

Von Thomas Hindle / Patrik Eisenacher
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Im Juni endete die Zeit von Eden Hazard bei Real Madrid. Nun steht sogar ein Karriereende zur Debatte.

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Wie konnte es so weit kommen? Eden Hazard wechselte im Juni 2019 für 115 Millionen Euro vom FC Chelsea zu Real Madrid und schien der nächste Superstar in LaLiga zu werden, der neueste Galactico und Nachfolger von Cristiano Ronaldo.

Los Blancos hatten CR7 ein Jahr zuvor verloren - und da Gareth Bale um seine Fitness kämpfte und Vinicius Jr. noch nicht richtig Fuß gefasst hatte, schien Hazard Madrids Flügelspieler der Zukunft zu sein. Mit seinen 28 Jahren hatte er noch jede Menge vor sich.

Vier Jahre später trägt Hazard kein königliches Trikot mehr. Vielleicht spielt er in Zukunft nicht einmal mehr Fußball. Während seiner verletzungsgeplagten Zeit in der spanischen Hauptstadt erzielte der Belgier nur sieben Tore und steuerte magere zwölf Vorlagen bei. Er kam nur auf 76 Einsätze und konnte in vier Jahren nicht annähernd an seine Leistungen an der Stamford Bridge anknüpfen. Zu sagen, dass er eine Enttäuschung war, wäre eine Untertreibung.

Einen großen Teil hat Hazard dabei selbst verschuldet. Der Flügelstürmer verhielt sich nicht verantwortungsbewusst, kümmerte sich nicht um seinen Körper und zog den Zorn der Fans auf sich. Aber er hatte auch großes Pech, wurde Opfer einer immer wiederkehrenden Knöchelverletzung, die seine Tricks und seine Explosivität aus früheren Zeiten einschränkte.

Alles in allem eine verpasste Chance und verschwendetes Geld. Schon mit 32 Jahren denkt er über ein Karriereende nach, dabei hätte er hinter Ronaldo und Messi zu den ganz Großen seiner Zeit gehören können.

SPOX hat eine Timeline erstellt, um nachzuverfolgen, was während Hazards Zeit bei den Blancos alles schiefging.

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Juni 2019: Der Mega-Wechsel zu Real Madrid

Obwohl er mehr als ein halbes Jahrzehnt lang das Aushängeschild des Vereins war, konnte Chelsea Hazard nicht mehr halten, als Real Madrid im Juni 2019 anklopfte. Sein Vertrag in London wäre nur noch ein weiteres Jahr gelaufen.

Das Ergebnis waren eine Ablösesumme von 115 Millionen Euro und ein Gehalt von rund 600.000 Euro pro Woche.

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Juli 2019: Übergewicht beim Trainingsstart

Der Belgier hinterließ zum Saisonstart in Madrid keinen guten Eindruck. Hazard erschien übergewichtig zum Training, auch die Leute in den sozialen Netzwerken lachten sich schlapp.

Später gab er zu, dass er fünf Kilogramm zu schwer war und verriet, dass er gerade in der spielfreien Zeit dazu neige, häufig zu- und abzunehmen.

Oktober 2019: Hoffnungsvolle Anfänge

Seine anfänglichen Leistungen auf dem Spielfeld widerlegten jedoch alle Befürchtungen, dass seine Fitness ein unmittelbares Problem sein könnte. Hazard brauchte ein paar Wochen, um sich einzugewöhnen, aber im Oktober war er fit und einsatzbereit für Los Blancos.

Er spielte in zwei LaLiga-Spielen eine entscheidende Rolle, zunächst gegen Eibar und dann gegen Real Sociedad. Obwohl er in beiden Spielen weder ein Tor noch einen Assist beisteuerte, war der Hazard des FC Chelsea - mit seinen Dribblings und seinen präzisen Pässen - gut zu erkennen.

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November 2019: Ein Foul ändert alles

Das Foul, das Hazards Fußballkarriere verändern sollte, schien erst einmal nicht schwerwiegend zu sein. Thomas Meunier von Paris Saint-Germain, sein belgischer Nationalmannschaftskollege, traf Hazard an den Beinen, als er sich wegdrehte. Hazards Knöchel blieb unglücklich unter Meuniers Fuß eingeklemmt.

Zum Unglück für Hazard hatte Meunier einen Knöchel getroffen, der ihm immer wieder Schmerzen bereitet hatte. Er hatte ihn sich vor einigen Jahren schon einmal gebrochen.

Der Belgier kam von der Verletzung zurück, aber etwas stimmte danach einfach nicht.

März 2020: Knöchelverletzung

Hazard kam dann immer wieder von der Bank, im Februar 2020 sollte er wieder voll fit sein, als die Liga und Champions League wieder begannen.

Doch schon bald verschlimmerte sich seine Knöchelverletzung, im März musste er erneut operiert werden.

Der Ausbruch der Covid-19-Pandemie sorgte dafür, dass er nicht allzu viele Spiele verpasste. Aber nach seiner Rückkehr war er ein völlig anderer Spieler.

September 2020: Die Rückkehr verzögert sich

In der folgenden Saison hätte der Belgier wieder in Bestform sein sollen. Hazard hatte sich, zumindest theoretisch, vollständig von seiner Operation im März erholt, und nach einem Sommer voller Training war er bereit, wieder in Madrid aufzulaufen.

Doch dann kam der nächste Verletzungsalptraum: Hazard zog sich eine Muskelverletzung zu, die ihn einen Monat lang außer Gefecht setzte - und ihn die gesamte Saison über plagte.

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Januar 2021: Supercopa-Flop erhöht den Druck

Nach einer Rückkehr, die durch einen positiven Covid-Test hinausgezögert wurde, schien Hazard bereit, sich in Madrid wieder zu profilieren. Das Forum für sein vermeintliches Comeback war das Halbfinale des spanischen Superpokals gegen Athletic Bilbao. Der Belgier stand in der Startelf.

Doch Hazard lieferte eine miserable Leistung ab und wurde in der zweiten Halbzeit gegen Vinicius ausgetauscht. Der Brasilianer spielte besser und drängte Hazard langsam aber sicher aus der Startelf.

Februar 2021: "Weitere fünf oder sechs Jahre"

Doch der Belgier ließ sich nicht entmutigen. Einen Monat später betonte er, dass er noch "mindestens fünf oder sechs Jahre" spielen wolle. Er gelobte, um seinen Platz in Madrids Mannschaft zu kämpfen.

Seine Situation wurde jedoch durch den Druck auf Trainer Zinedine Zidane erschwert, der am Saisonende gehen sollte.

März 2021: Ratschläge ignoriert

Die ganze Zeit über hatte Hazard mit seinem Knöchel zu kämpfen, der nie richtig verheilt war. Einige Jahre zuvor hatte sich der Belgier eine Metallplatte in den Fuß einsetzen lassen, um die Heilung eines Bruchs zu unterstützen. Doch genau diese begann nun, ihn zu stören.

Der Arzt der belgischen Nationalmannschaft riet Hazard zu einer weiteren Operation, die auch der Spieler befürwortete. Real riet ihm jedoch laut der Zeitung Marca davon ab, er solle weiterspielen.

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Mai 2021: Lachen mit Chelsea-Freunden

Vor dem Champions-League-Halbfinale zwischen Real Madrid und dem FC Chelsea gab Hazard zu, dass es schwierig für ihn sein würde, gegen alte Teamkollegen zu spielen. Das war auch verständlich, schließlich war Hazard lange bei Chelsea gewesen und hatte dort große Erfolge gefeiert. Für den Geschmack der Madridistas ging die Freude mit seinen Ex-Kollegen jedoch zu weit.

Nach dem Spiel war er beim Lachen mit einigen Chelsea-Spielern zu sehen. Die berühmt-berüchtigte spanische Late-Night-Talkshow "El Chiringuito" machte sich über den aus ihrer Sicht fehlenden Respekt Hazards für Real lustig.

Mai 2021: Ab zur EURO

Trotz seiner kleinen Rolle im Bernabeu war Hazard weiterhin wichtig für Belgien.

Bis zum Beginn der durch eine Pandemie verschobenen EURO 2020 war er nicht fit genug, doch dann schaffte er es doch noch in den Kader von Trainer Roberto Martinez.

An der Seite des ebenfalls angeschlagenen Kevin De Bruyne lief er in einer Partie auf, die die letzte Chance für Belgiens "goldene Generation" sein sollte.

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Juni 2021: Weitere Verletzung zerstört Belgien-Traum

Doch es sollte letztlich nicht sein, die Red Devils scheiterten im Viertelfinale am späteren Europameister Italien (1:2). Hazard verfolgte die Partie von der Bank aus, nachdem er einen weiteren Schlag abbekommen hatte.

Ob seine Einwechslung einen Unterschied gemacht hätte, ist schwer zu sagen. Zu diesem Zeitpunkt hatte er seit 18 Monaten nicht mehr regelmäßig Fußball mehr gespielt. Es ist jedoch naheliegend, dass Belgien mit seinem Flügelspieler auf dem Platz mehr Chancen gehabt hätte.

Juli 2021: Zum Verkauf

Es gab viele Opfer von Reals unerbittlichem und immer noch erfolglosem Werben um Kylian Mbappé. Hazard war eines von ihnen.

Los Blancos waren Berichten zufolge bereit, ihn 2021 zu verkaufen - in der Hoffnung, sowohl Platz im Kader zu schaffen als auch Geld für den PSG-Star aufzutreiben. Der FC Chelsea war angeblich daran interessiert, Hazard zurückzuholen.

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August 2021: Toller Start unter Ancelotti

Zidane verließ die Königlichen vor der Saison 2021/22 - eine Entscheidung, die allen Beteiligten entgegenkam. Dass Carlo Ancelotti sein Nachfolger wurde, sorgte damals tatsächlich erst einmal für Verwunderung. Denn der Italiener war zuvor bei Everton wenig erfolgreich gewesen.

Und Ancelotti beschloss, Hazard eine Chance zu geben. Die Ergebnisse waren positiv, Hazard drängte Vinicius in den ersten Wochen der Saison aus der Startelf. Doch als Hazards Form nachließ, wurde Vinicius eingewechselt - bis der Brasilianer sich den Platz von Beginn an wieder sicherte.

Oktober 2021: Hier ist die Tür

Es wurde ziemlich schnell klar, dass Hazard entbehrlich war. Karim Benzema und Vinicius bildeten ein hervorragendes Duo im Angriff. Los Blancos fegten mit Leichtigkeit über die nationalen und internationalen Gegner.

Der teure Hazard spielte nicht nur schwach, er war auch schlechter als die Talente Reals. Ancelotti teilte dem Belgier daher mit, dass er sich gerne einen anderen Verein suchen könne.

März 2022: Weitere OP

Aber er blieb bei Real. Auch, wenn er nicht fit genug war, um für Madrid aufzulaufen. Andere Vereine wollten ihm nicht das Mega-Gehalt bieten, das er in Madrid bekam und auch keine hohe Ablöse zahlen.

Das alles gipfelte darin, dass Hazard endlich die Operation bekam, auf die er seit März 2021 gedrängt hatte. Dem Belgier wurde die Platte in seinem Knöchel entfernt. Diese Operation machte seine Aussichten auf Einsätze in der restlichen Saison 2021/22 zunichte.

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Mai 2022: Champions-League-Sieger

Vielleicht war Hazards letzter großer Erfolg bei Real einer, an dem er keinen Anteil hatte - denn im Champions-League-Finale 2022 gegen den FC Liverpool (1:0) saß er auf der Bank.

Der Belgier war kaum fit genug, um überhaupt im Kader zu sein, also sah er von der Seitenlinie aus zu, wie Vinicius - der Spieler, der ihn nur neun Monate zuvor aus der Elf geworfen hatte - den Siegtreffer gegen Liverpool erzielte. Hazard erhielt am Ende dennoch eine Siegermedaille.

November 2022: Endlich Abschied?

Nachdem Hazard drei Jahre lang Abwanderungsgerüchte dementiert hatte, gab er schließlich zu, dass es Zeit zum Wechseln sei.

Wohin er gehen will, sagte er nicht. Die MLS schien allerdings eine Option zu sein, als ihm Ancelotti die Tür zeigte.

April 2023: Seltener Ausflug auf den Platz

Trotz Hinweisen auf einen möglichen Wechsel ins Ausland - oder sogar eine überraschende Rückkehr in die Premier League - wollte Hazard im Januar-Transferfenster nicht gehen.

Also blieb er vorerst. Gegen Real Valladolid kam er von der Bank und steuerte sogar einen Assist bei.

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Mai 2023: Zurück in der Startelf

Hazard brauchte einen Monat, um sich in die Stammelf zu spielen. Vor den CL-Halbfinal-Spielen gegen Manchester City wollte der Trainer die erste Elf schonen, Hazard durfte daher gegen Getafe ran.

Er lieferte eine mittelmäßige Leistung ab und bekam beim 1:0-Sieg zumindest wertvolle Minuten.

Juni 2023: Abschied bestätigt

Aber das sollte sein letzter Startelf-Einsatz sein. Und es könnte sogar der letzte Auftritt des Belgiers in seiner Karriere gewesen sein.

Anfang Juni kündigte Hazard an, dass er Real im Sommer verlassen will und er einigte sich mit dem Verein auf eine Vertragsauflösung.

Damit verzichtete Hazard auf einen großen Teil seines Gehalts und beendete seine miserablen vier Jahre im Bernabeu abrupt.

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September 2023: Ruhestand?

Seitdem gibt es Spekulationen darüber, zu welchem Verein es den Belgier ziehen könnte. Angeblich gibt es Interessenten aus der ganzen Welt, von der MLS bis nach Saudi-Arabien. Sogar ein Wechsel zu einem Top-Team in Europa ist nicht ausgeschlossen.

Aber Hazard hat angeblich bisher jedes Angebot abgelehnt und verschiedenen Berichten zufolge wenig Interesse daran, wieder auf höchstem Niveau Fußball zu spielen. Offiziell ist es noch nicht - aber derzeit sieht vieles danach aus, dass Hazard seine Karriere schon mit 32 Jahren beenden wird.

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