DFB-Team - Bilanz: Zwei Dortmunder empfehlen sich für Stammplatz - Füllkrug mit Ausrufezeichen

Von Tim Ursinus
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Hinter dem DFB-Team liegen die ersten beiden Länderspiele nach dem WM-Debakel in Katar. Mit gleich sechs neuen Gesichtern im Kader gewann Deutschland mit 2:0 gegen Peru und unterlag Belgien 2:3. SPOX fasst zusammen, welche Spieler sich für weitere Einladungen zur deutschen Nationalmannschaft empfohlen haben und für wen es bei der nächsten Nominierung eher eng wird.

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Außerdem: Welche nicht beachteten Profis sollte Hansi Flick unbedingt wieder berücksichtigen?

In Mergim Berisha, Felix Nmecha, Kevin Schade, Josha Vagnoman und Marius Wolf nominierte Flick für die erste Testphase vor der Heim-EM fünf neue Spieler. Malick Thiaw rückte für den verletzten Amel Bella-Kotchap nach und machte das halbe Dutzend der Neulinge voll. Lediglich Letzterem wurde ein Debüt verwehrt.

In beiden Spielen setzte Flick zu Beginn auf eine 4-2-2-2-Grundordnung mit einer klaren Neun in der Spitze, daneben sollte Timo Werner für die Tiefe sorgen. Gegen den Ball agierte Deutschland in einem 4-2-2 mit zwei klaren Schienenspielern. Bei der Pleite gegen Belgien stellte der Bundestrainer ob der schwachen ersten halben Stunde zudem auf ein 4-3-3 um, was zu einer deutlichen Leistungssteigerung führte.

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DFB-Team - Gewinner: Niclas Füllkrug

  • Noten: 1,5 (Peru) und 2,5 (Belgien)

Drei Tore in zwei Spielen: Der Bremer bewies vor allem gegen Peru starkes Stellungsspiel sowie Torinstinkt, gegen Belgien holte er seinen verwandelten Elfmeter selbst heraus.

Beide Begegnungen zeigten, dass sich Flick von dem lange bestehenden Gedanken in der deutschen Nationalmannschaft, auf einen echten Mittelstürmer zu verzichten, endgültig verabschiedet hat - und da führt aktuell kein Weg an Füllkrug vorbei.

Der 30-Jährige bringt neben seinen Torjägerqualitäten viele weitere Attribute mit. Füllkrug kann den Ball als Wandspieler festmachen, sorgt für Gefahr in der Luft und reißt Lücken für seine schnellen Nebenmänner.

Einziger Kritikpunkt: Füllkrug könnte in Sachen Passspiel noch eine Schippe drauflegen, hin und wieder verpasst er den richtigen Zeitpunkt, die anderen Angreifer in Szene zu setzen.

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DFB-Team - Gewinner: Emre Can

  • Noten: 3 und 2

Was für ein Comeback! Der Defensivspezialist von Borussia Dortmund hat sich knapp zwei Jahre nach seinem letzten Länderspiel mit einem dicken Ausrufezeichen bei der deutschen Nationalmannschaft zurückgemeldet.

Can startete gegen Peru und bereicherte das Aufbauspiel, weil er sich wie auch beim BVB immer wieder zwischen die beiden Innenverteidiger fallen ließ. Seine Hereinnahme gegen Belgien nach 32 Minuten war der Ausgangspunkt des Umschwungs.

Als tiefer Sechser sorgte Can für deutlich mehr Stabilität in der Defensive und ermöglichte Kimmich den dringend benötigten Freiraum in der Zentrale. Nur so war es möglich, dass Deutschland kontrolliert nach vorne spielen konnte und der Münchner die Offensive mit Pässen fütterte.

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DFB-Team - Gewinner: Kai Havertz

  • Note: 2,5

Trotz seines Fehlschusses vom Elfmeterpunkt überzeugte Havertz gegen Peru im offensiven Mittelfeld hinter den Spitzen als Freigeist und Kreativposten. Vor dem 1:0 pflückte er einen langen Ball von Schlotterbeck technisch stark aus der Luft und legte uneigennützig auf Torschütze Füllkrug ab.

Der Spieler des FC Chelsea war auch an nahezu allen anderen gefährlichen Offensivaktionen von Deutschland beteiligt, nur im Abschluss - auch abseits des Elfmeters - fehlte ihm Fortune.

Sollte Flick weiterhin an seinem zentralorientierten 4-2-2-2-System festhalten, führt beinahe kein Weg an Havertz in der Startelf vorbei. Zumal er auch als Teil der Doppelspitze oder als alleinige Neun - wie häufig bei Chelsea - fungieren kann.

Ein weiterer Wermutstropfen neben dem vergebenen Elfmeter: Gegen Belgien durfte Havertz seine gute Leistung nicht gegen einen stärkeren Gegner untermauern. Er reiste vorzeitig mit Fieber ab.

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DFB-Team - Gewinner: Nico Schlotterbeck

  • Note: 2,5

Der BVB-Verteidiger konnte sich wie Havertz nur einmal zeigen (Oberschenkelprobleme), wusste aber ebenfalls zu überzeugen. Schlotterbeck glänzte gegen Peru als Aufbauspieler neben Matthias Ginter und leitete sogar das 1:0 mit einem traumhaften Pass auf Havertz maßgeblich ein. Dazu holte er den nicht genutzten Elfmeter heraus.

Zudem überzeugte der seit Wochen formstarke Schlotterbeck gegen die zugegeben harmlosen Südamerikaner in der Defensive mit gutem Stellungsspiel und robuster Zweikampfführung. Das wurde beim Belgien-Spiel nochmal offensichtlicher.

Sollte sich Schlotterbeck im Saisonendspurt nicht verletzen, hat er seinen Platz auch bei den kommenden Aufgaben der Nationalmannschaft sicher - mit reichlich Aktien für die Startaufstellung.

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DFB-Team - Empfehlung für weitere Einladung: Marius Wolf

  • Noten: 2 und 4,5

Nach einer überragenden Leistung gegen Peru offenbarte der Rechtsverteidiger gegen Belgien teils heftige Schwächen in der Defensive.

Wolf kam häufig zu spät in die Zweikämpfe und machte beim 0:1 durch Yannick Carrasco keine gute Figur, als ihn dieser mit einem einfachen Haken austanzte. Schon bei seinem Debüt war der gelernte Offensivspieler hinten nicht immer sattelfest.

Die Offensivpower des Dortmunders gegen Peru überwiegt am Ende dennoch leicht. Sein Assist für Füllkrug bei dessem zweiten Treffer macht Lust auf mehr, seine vielen Läufe bis zur gegnerischen Grundlinie unterstreichen seinen unbedingten Willen.

Verbessert Wolf seine Genauigkeit bei Flanken und schiebt ein paar Extra-Schichten in Sachen Defensivarbeit, hat er durchaus gute Chancen, auch bei den kommenden Aufgaben von Deutschland in der Startelf zu stehen. Zumal sich derzeit kaum Konkurrenz abzeichnet.

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DFB-Team - Empfehlung für weitere Einladung: Felix Nmecha

  • Note: 2,5

Nachdem der Wolfsburger gegen Peru noch 90 Minuten auf der Bank geschmort hatte, kam er noch in der ersten Hälfte gegen Belgien zu seinem unverhofften Debüt. Weil sich Leon Goretzka am Knöchel verletzte, wurde er bereits nach 32 Minuten eingewechselt.

Als Mittelsmann zwischen der Doppelsechs und den drei Offensivspielern belebte er das Spiel nach vorne merklich. Nmecha setzte hinter Kimmich die zweitmeisten Pässe ins letzte Drittel ab, zeigte sich spielfreudig und überzeugte mit Kreativität. Auch gegen den Ball agierte der 22-Jährige meist hellwach.

Kann Nmecha seine guten Leistungen auch im Saisonendspurt bei den Wölfen weiter abrufen, winkt ihm womöglich eine weitere Nominierung für das DFB-Team.

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DFB-Team - Empfehlung für weitere Einladung: Kevin Schade

  • Noten: Jeweils keine Bewertung

Sowohl gegen Peru als auch gegen Belgien durfte der ehemalige Freiburger jeweils kurz vor Schluss Nationalmannschaftsluft schnuppern. Auch wenn der pfeilschnelle Flügelspieler insgesamt nur 35 Minuten auf dem Platz stand, wusste er seine geringe Zeit durchaus zu nutzen.

Schade zeigte jeweils gute Ansätze, zudem bereitete er nach einem tollen Sprint über die linke Seite den Treffer von Serge Gnabry vor.

Eine weitere Nominierung wäre angesichts der großen Konkurrenz - einige Stars wurden schließlich nicht beachtet - dennoch eine Überraschung. Zumal er noch kein Stammspieler bei seinem Klub FC Brentford ist (bislang nur acht Kurzeinsätze).

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DFB-Team - Verlierer: Timo Werner

  • Noten: 4,5 und 4,5

Die Bemühungen sind dem Leipziger nicht abzusprechen, in seinen Aktionen blieb er aber in beiden Spielen völlig harmlos.

Kein so richtig gefährlicher Abschluss und mal wieder ein Abseitstreffer (Belgien): So lautet Werners ernüchternde Bilanz. Auch brachte es nichts, als er im zweiten Spiel nach der Umstellung auf die linke Außenbahn auswich. Zu selten machte der langjährige Nationalspieler von seinem Tempo Gebrauch. Seiner Aufgabe, im 4-2-2-2 für die notwendige Tiefe zu sorgen, kam er nur bedingt nach.

Sollte Flick weiterhin auf eine Doppelsitze setzen, hätte er mit Havertz oder Gnabry zwei gute Alternativen. Auf dem linken Flügel herrscht bei voller Kapelle ohnehin ein Überangebot.

Werner wird sehr wahrscheinlich auch zu den nächsten Testspielen eingeladen, sollte er bei Leipzig in der heißen Phase nicht noch explodieren, wären weitere Einsätze in der Startelf aber nur schwer zu begründen für Flick.

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DFB-Team - Verlierer: David Raum

  • Noten: 3,5 und 5,5

Ein weiterer Leipziger, der alles andere als Eigenwerbung betrieb. Raum wirkte in beiden Spielen in der Rückwärtsbewegung überfordert.

Gegen Belgien hatte er großen Anteil am 0:1 und 0:2 - und stach bei der unterirdischen Leistung der gesamten Abwehr nochmal negativ heraus.

Dazu gelang es Raum viel zu selten, seine Stärken in der Offensive zu zeigen. Wenn er mal den Weg nach vorne machte, landeten seine Flanken meist bei einem Gegenspieler oder im Nichts.

Raums Glück: Große Konkurrenz auf der linken Abwehrseite gibt es in der deutschen Nationalmannschaft nicht. Freiburgs Christian Günter bekam kaum Spielzeit und wusste diese auch nicht wirklich zu nutzen.

Robin Gosens wurde gar nicht erst berücksichtigt. Die Rückkehr des Spielers von Inter Mailand ins DFB-Team zeichnet sich aktuell zudem nicht wirklich ab. Die Linksverteidiger-Position bleibt eine von Deutschlands größten Baustellen.

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DFB-Team - Verlierer: Thilo Kehrer

  • Noten: Keine Bewertung und 5

Nach seinem Kurzeinsatz gegen Peru profitierte der Profi von West Ham United von Schlotterbecks vorzeitiger Abreise. Seine Chance sollte er aber nicht nutzen. Ganz im Gegenteil.

Kehrer hatte großes Mitverschulden an der schwachen Abwehrleistung gegen Belgien. In Lukaku fand er seinen Meister. Bezeichnend für seinen schwachen Auftritt war, als er in einem Zweikampf gegen den bulligen Torjäger ohne jegliche Chance auf Erfolg einfach an dessen Körper abprallte (27. Minute).

Flick wird den ehemaligen Schalker und PSG-Profi bei den nächsten Aufgaben wohl sehr wahrscheinlich nicht mehr als Innenverteidiger aufbieten. Eine erneute Nominierung wäre dennoch keine Überraschung, schließlich spielt er seit dem Amtsantritt eine feste Rolle in den Planungen des Bundestrainers. Als defensiver Rechtsverteidiger hatte Kehrer mitunter überzeugt.

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DFB-Team - Verlierer: Hansi Flicks Versprechungen

Im Zuge der Nominierung seines Kaders hatte Flick angekündigt, die Länderspiele nutzen zu wollen, um mehrere Alternativen zu testen. Dafür berücksichtigte er viele gestandene Nationalspieler nicht und sorgte für einige Überraschungen.

Bis auf Wolf durfte sich jedoch keiner der sechs Neuen so richtig zeigen. Thiaw kam nicht auf eine Spielminute, Vagnoman auf mickrige 14 und Berisha trotz der eklatanten Stürmer-Not lediglich auf 35. Gleiches gilt für Schade, der anders als der Augsburger Torjäger aber immerhin noch etwas Einfluss auf das Spielgeschehen nahm.

Hätte sich Goretzka nicht verletzt, wäre auch Nmecha auf höchstens 45 Minuten Spielzeit gekommen. Außerdem wurden auch Spieler wie Mario Götze (45 Minuten) kaum eingesetzt.

Stattdessen durfte beispielsweise Werner und Raum zweimal starten. Eine alles in allem enttäuschende Bilanz.

Wirklich genutzt hat Flick die Testphase also nicht. Zumal die Möglichkeiten bis zur Heim-EM rar sind. Schließlich muss sich seine Mannschaft dringend einspielen.

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DFB-Team - Rückkehrer: Jamal Musiala & Leroy Sané

Dass die beiden Offensivspieler des FC Bayern in der nächsten Länderspielpause wieder dabei sind, sollten sie fit sein, liegt auf der Hand.

Besonders an Musiala führt wie auch in München kein Weg vorbei. Der 20-Jährige wird sehr wahrscheinlich als Stammspieler in die Europameisterschaft gehen und braucht entsprechend Spielzeit - sei es in einem System mit einem Zehner oder mit zwei offensiven Mittelfeldspielern. Havertz, Wirtz und Thomas Müller, der ebenfalls nicht zum Aufgebot gehörte und keine schlechten Chancen auf eine Rückkehr hat, streiten sich um die weiteren Plätze in der offensiven Zentrale.

Sané dürfte allein aufgrund seiner Vielseitigkeit wieder mit von der Partie sein. Er kann bekanntlich sowohl auf beiden Flügeln als auch im zentralen Halbraum spielen.

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DFB-Team - Rückkehrer: Niklas Süle

Das Belgien-Spiel hat gezeigt, dass die deutsche Innenverteidigung alles andere als eine sichere Bank ist. Sicher dagegen ist, dass Süle in Zukunft wieder zum Aufgebot gehört.

In Dortmund hat er in den vergangenen Wochen an der Seite von Schlotterbeck eindrucksvoll unter Beweis gestellt, dass er zu den besten seines Fachs in Deutschland gehört.

Es ist nicht unwahrscheinlich, dass Flick künftig auch in der Nationalmannschaft auf das BVB-Duo setzt. Gegenüber Ginter hat Süle die Nase aktuell vorn.

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DFB-Team - Rückkehrer: Ilkay Gündogan

Der Kapitän von Manchester City bekam ebenfalls eine kleine Pause von Flick verschrieben. Die Position neben Kimmich ist weiterhin vakant, bei einem 4-3-3-System wäre Gündogan wohl Stammkraft.

Bezieht man die Partien gegen Peru und Belgien mit ein, ist Can bei einer Grundordnung mit zwei zentralen Mittelfeldspielern der derzeit wohl größte Konkurrent von Gündogan.

Mit Can kann der gesetzte Kimmich den etwas offensiveren Part, der ihm besser liegt, einnehmen. Spielt Gündogan, muss sich der Kapitän der jüngsten Länderspiele weiter zurückfallen lassen. Kimmichs Zusammenspiel mit Goretzka hakte gegen Belgien bis zu dessen Auswechslung nicht zum ersten Mal, weshalb ihm Gündogan aktuell etwas voraus hat.

Es bleibt abzuwarten, auf welche Variante sich Flick in den kommenden Monaten festlegt. Gut möglich ist auch, dass er die Entscheidung bei Gündogan, Can und Goretzka auch vom jeweiligen Gegner abhängig macht.

DFB-Team: Der Zeitplan bis zur EM

DatumEvent
Sonntag, 9. Oktober 2022Auslosung der Qualifikationsgruppen in der Festhalle in Frankfurt
März bis November 2023Ausspielen der European Qualifiers zur EM 2024
Dezember 2023Auslosung der EM-Gruppenphase in der Elbphilarmonie in Hamburg
März 2024Play-Off-Spiele zur EM 2024
Freitag, 14. Juni 2024, 21:00 UhrEröffnungsspiel der EM 2024 in München
Mittwoch, 19. Juni 2024Zweites Gruppenspiel der DFB-Elf in Stuttgart
Sonntag, 23. Juni 2024Drittes Gruppenspiel der DFB-Elf in Frankfurt
Samstag, 29. Juni 2024Beginn der Finalrunde in Dortmund
Sonntag, 14. Juli 2024, 21:00 UhrFinale der EM 2024 in Berlin

 

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