9:1 gegen das große Real Madrid - und was war der Dank? Unmittelbar nach Abpfiff soll Bayern-Trainer Pal Csernai seiner Mannschaft den zuvor eigentlich versprochenen freien Tag gestrichen haben: "Wir sind doch nur spazieren gegangen!" Ein Ärgernis für die Münchner Spieler, blanker Hohn für die Madrilenen. Am 5. August 1980 verlor Real, damals immerhin amtierender spanischer Meister, ein Testspiel in München gegen den FC Bayern tatsächlich mit 1:9. Es ist bis heute die höchste Niederlage der Klubgeschichte überhaupt, in Pflichtspielen war es ein 1:8 gegen Espanyol Barcelona 1930.
In jenem Sommer 1980 weilte Real für ein Trainingslager in den Niederlanden. Wirtschaftlich arg angeschlagen, hatten die Königlichen damals Schwierigkeiten, ihre Gehälter zu bezahlen. Händeringend suchten die Bosse nach Einnahmemöglichkeiten und fanden sie in München. Bayern-Manager Uli Hoeneß soll Real für das Testspiel im Olympiastadion eine Antrittsprämie in Höhe von 100.000 Mark und darüber hinaus Flug- sowie Hotelkosten spendiert haben.
War es Dankbarkeit für die finanziellen Zuwendungen? Waren die Königlichen zu erschöpft vom Trainingslager unter dem jugoslawischen Trainer Vujadin Boskov? Wogen die Ausfälle der verletzten Miguel Ángel, Vicente del Bosque und Juanito zu schwer? Bereits zur Halbzeit führte der FC Bayern vor 25.000 Fans jedenfalls mit 7:0, am Ende stand es 9:1. Dieter Hoeneß gelang ein Dreierpack, auch Real-Rückkehrer Paul Breitner sowie Karl-Heinz Rummenigge trugen sich in die Schützenliste ein und sogar der finnische Neuzugang Pasi Rautiainen, der anschließend nur ein Pflichtspiel für den FC Bayern absolvieren sollte.
"Sie sind wie ein Orkan über uns weggefegt", bekundete der deutsche Real-Legionär Uli Stielike. "Das war eine schwarze Nacht, ein Debakel", klagte Trainer Boskov. Nach jenem Spiel wurde der FC Bayern in Madrid der Legende nach erstmals "Bestia Negra" genannt. Schwarze Bestie, Angstgegner.
FC Bayern gegen Real: Fliegende Messer - aber keine Revanche
Angestachelt von der Blamage gierte Real umgehend nach Revanche - und die Gelegenheit dazu bot sich nur rund drei Wochen später, als die Münchner in Madrid an der Trofeo Santiago Bernabéu zu Ehren des verstorbenen Klub-Patrons teilnahmen. Die Premierenausgabe 1979 hatte der FC Bayern gewonnen, an der Titelverteidigung aufgrund des engen Terminplans aber eigentlich gar kein Interesse.
In den nur sechs freien Tagen zwischen dem Sieg in der 1. Runde des DFB-Pokals gegen Arminia Bielefeld und einem Bundesligaspiel gegen den FC Schalke 04 reisten die Münchner dennoch pflichtbewusst nach Madrid. Trainer Csernai empfahl seiner Mannschaft eine Halbfinal-Niederlage gegen Dynamo Kiew. Lieber mehr Erholung statt ein sinnloses Aufreiben in einem möglichen Finale gegen Real. Torwart Manfred Müller war das aber offenbar egal, mit einigen Glanzparaden rettete er seine Mannschaft ins Elfmeterschießen mit dem besseren Ende für den FC Bayern.
Tags darauf stieg also tatsächlich die Neuauflage gegen Real. Die Zuschauer im Estadio Santiago Bernabéu verhielten sich dabei keineswegs königlich. Sie warfen allerhand Gegenstände auf die Münchner Spieler, angeblich auch ein Messer. Unbeeindruckt setzte sich der FC Bayern aber erneut im Elfmeterschießen durch, nach einer Roten Karte für Karl Del'Haye sogar dezimiert.
Das Ende der Bestia Negra? Zuletzt setzte sich stets Real Madrid durch
Durch die Titelverteidigung waren die Münchner 1981 abermals als Teilnehmer der Trofeo Bernabéu gesetzt, scheiterten diesmal jedoch im Halbfinale an AZ Alkmaar und entgingen somit einem neuerlichen Finale gegen Real. Spanische Rache gab es aber auch im Spiel um Platz drei gegen Dinamo Tiflis. Der ortsansässige Schiedsrichter Pes Pérez stellte in der ersten Halbzeit Rummenigge und Breitner vom Platz, woraufhin Manager Hoeneß seine Mannschaft in die Kabine beorderte. Dort zeigte Pérez schließlich allen weiteren Münchnern Rot und beendete somit das Spiel.
2002 gewann der FC Bayern die Trofeo Bernabéu noch ein drittes Mal und belegt damit in der ewigen Siegerliste Platz zwei hinter Gastgeber Real. Als Erinnerung an die damaligen Triumphe steht die 64 Kilogramm schwere und 1,70 Meter hohe Trophäe aus purem Silber heute im Vereinsmuseum in der Allianz Arena.
Das Duell zwischen dem FC Bayern und Real entwickelte sich unterdessen zu einem Klassiker der europäischen Königsklasse. Lange hielt der Mythos der Bestia Negra, die Münchner schalteten Real unter anderem vor den Champions-League-Titel 2001 aus. Von den vergangenen sechs Aufeinandertreffen gewann Real aber fünf. 2014, 2017 und 2018 warfen die Königlichen den FC Bayern aus der Champions League. Insgesamt spricht die Pflichtspielbilanz mit 12:11 Siegen bei drei Remis immer noch knapp für den FC Bayern - nicht eingerechnet ist da das legendäre 9:1 im Test von 1980.