FC Bayern München - ein Jahr später: Diese FCB-Stars sind unter Thomas Tuchel schlechter geworden

Von Constantin Eckner
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Die Krise bei Bayern München geht weiter. Mittlerweile liegt der Rekordmeister nach einer weiteren Auswärtsniederlage acht Punkte hinter Bayer Leverkusen. Im Zentrum der Kritik steht Thomas Tuchel, aber auch einige seiner Spieler sind weit weg von möglichen Höchstleistungen. SPOX blickt auf die strauchelnden Top-Spieler der Bayern.

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Bayern München könnte in dieser Saison zum ersten Mal seit 2012 titellos bleiben. Gefühlt käme ein solcher Ausgang einer sportlichen Zäsur gleich. Und so manch einer fordert diese nun auch ob der schwachen Leistung des Teams. Thomas Tuchels Zeit als Cheftrainer könnte im Sommer ohnehin beendet sein.

Aber auch der Kader müsste sich einer Erneuerung unterziehen. Folgende Spieler haben seit dem Amtsantritt Tuchels beziehungsweise seit ihrer Ankunft an der Säbener Straße leistungstechnisch abgebaut.

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Joshua Kimmich

Der Mittelfeld-Leader führte mit Co-Trainer Zsolt Löw nach der Niederlage in Bochum eine hitzige Diskussion. Jedes Mal, wenn er ausgewechselt wird oder zunächst von der Bank kommt, wirkt Kimmich so, als verstünde er die Welt nicht mehr. Dabei hat sein Spiel zuletzt doch deutlich stagniert. Agiert er als rechter zentraler Mittelfeldspieler, passt er den Ball mit dem Rücken zum Feld reihenweise in Richtung rechter Flügel. In dieser Hinsicht war es fast schon eine Wohltat, als er in den vergangenen zwölf Monaten vereinzelt halblinks aufgeboten wurde. Denn nur so kann Kimmich wohl aus seinen klassischen Mustern herausgerissen werden.

Der 29-Jährige scheint schlichtweg nicht die beste Vororientierung zu haben und auch sehr darauf bedacht zu sein, dass er so wenig wie möglich Fehlpässe produziert. Dabei ist er in der aktuellen Mannschaft eigentlich mehr denn je als Impulsgeber von der Sechs gefragt. Aber diese Rolle kann er momentan nicht ausfüllen. Tuchel selbst scheint Kimmich nicht unbedingt unter die Arme zu greifen, das Verhältnis der beiden war zeitweilig nicht das beste. Was man Tuchel am ehesten ankreiden kann, ist seine Zurückhaltung in Bezug auf Kimmich. Gegen Bochum kommen Eckbälle vielfach zu flach in den Sechzehner, sodass der gegnerische Vorposten die Hereingaben klären kann. Kimmich darf aber munter weiter die ruhenden Bälle treten. Da müsste ein Trainer eher einschreiten.

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Leon Goretzka

Mittlerweile kennt man die Stärken und auch die Limits des 29-Jährigen ganz gut. Er ist kein Spielgestalter von der Sechs, dafür aber einer für die zweite Welle hinter der Offensive, der gerade mit seiner Präsenz direkt vorm oder auch im Strafraum für Torgefahr sorgen kann. Allerdings muss er im aktuellen Spielsystem vielfach in der Tiefe agieren und den Ball weiterleiten oder prallen lassen. So kommt Goretzka selten bis gar nicht zur Geltung, zumal er durch seine Einbindung in tiefen Zonen eher zu einem Risikofaktor wird, weil er sich gegen intelligentes Pressing wie jenes von Bochum und Leverkusen nicht immer behaupten kann.

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Harry Kane

Auf die gesamte Saison betrachtet mag gerade die Torquote des englischen Stars passen. Generell hat er leistungstechnisch nicht unbedingt abgebaut, aber sein Selbstvertrauen scheint trotzdem ein wenig zu leiden. Die Krux bei Kane ist, dass er in erster Instanz ein Torjäger ist, aber mit Vorliebe an der Spielgestaltung im Mittelfeld partizipieren möchte. In Diensten von Tottenham hat ihm das keiner untersagt - und bei den Three Lions war es zeitweilig sogar vorgesehen, dass Kane als eine Art verkappter Zehner agiert, weil den Engländern auf dieser Position ein Spieler mit höchster Qualität fehlte.

Die Bayern jedoch haben genügend Akteure für die offensiven Zwischenräume, weshalb das Zurückfallen von Kane zuweilen etwas zusammenhangslos geschieht oder eben wie beim Auswärtsspiel in Leverkusen quasi überhaupt nicht vorgesehen war. Ohne Ballkontakte kommt der 30-Jährige jedoch nicht in seinen Groove und ist als Folge daraus auch weniger sicher im Torabschluss. Tuchel durfte in der Hinrunde auf die Torquote von Kane bauen, aber richtig einbinden konnte er ihn nur selten.

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Matthijs de Ligt

Es wäre übertrieben, zu behaupten, der Niederländer hätte im Vergleich zu seinen vorherigen Stationen abgebaut. De Ligt ist das defensive Pendant zu Kai Havertz, in dem Sinne, dass man die hohe Veranlagung erkennt, es immer mal Phasen gibt, in denen der Spieler richtig stark abliefert, aber auch danach wieder auf ein unbefriedigendes Niveau zurückfällt. De Ligt war in der Rückrunde 2023 der beste Bayern-Akteur, da er sich nicht nur als stabiler Innenverteidiger präsentierte, sondern auch den Spielaufbau ankurbelte. Das erinnert an die Zeit seines großen Durchbruchs bei Ajax und in der Elftal. Aktuell sehen wir wieder jenen de Ligt, wie er auch für Juventus des Öfteren auftrat. Tuchel ist hier nicht zwangsläufig die Schuld zu geben. Er könnte natürlich den Niederländer mit einer Stammplatzgarantie ausstatten, aber das wäre angesichts der anderen beiden Innenverteidiger im Kader nicht ratsam. De facto befinden sich alle drei - rechnen wir Eric Dier einmal raus - in einer ständigen Tal- und Bergfahrt.

FC Bayern München, Bayer Leverkusen
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Min-jae Kim

Das bringt uns gleich zum 50-Millionen-Mann aus Südkorea. Kim hat internationale Anerkennung vor allem aufgrund seiner beachtlichen Zweikampfstärke erlangt. Sein Positionsspiel und seine taktische Antizipation gehörten nie zu seinen Vorzügen, konnte er doch entsprechende Schwachstellen mit starken Tacklings und dergleichen kaschieren. Allerdings fallen nun seine manchmal falschen Bewegungen aus der Kette heraus in einer recht dysfunktionalen Defensive schwerer ins Gewicht. Gegner versuchen Kim mittlerweile gezielt aus der Kette zu locken, um in seinen Rücken zu gelangen. Bochum tat das mehrmals, damit anschließend Takuma Asano in den Rücken von Kim sprinten konnte. Ging Asano auf Kim direkt zu, sah der Japaner fast nie einen Stich. Aber das Verteidigerspiel besteht eben aus mehr als nur der Zweikampfführung.

Tuchel müsste sicherlich noch stärker an der Abstimmung in der Viererkette und gerade auch zwischen den Innenverteidigern arbeiten. Hier und da hat er schon anklingen lassen, dass beispielsweise die Paarung Kim und Upamecano in so mancher Situation nicht entsprechend den vorherigen Absprachen übergeben und verschieben. Der Bayern-Trainer ist somit als Lehrer gefragt. Wie bei einigen anderen Spielern haben die Verantwortlichen vielleicht mehr von einem teuren Neuzugang erwartet. Das gilt wohl für alle drei Innenverteidiger.

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Thomas Müller

Dass der ewige Bayern-Angreifer allmählich abbaut, ist einfach seinem Alter geschuldet. Kein Fußballer kann ewig sein Top-Niveau halten. Müller deutet gelegentlich an, dass er immer noch ein gewiefter Tiefenläufer ist. Fragwürdig ist zuweilen die Wahl seiner nominellen Position innerhalb der Bayern-Grundformation. Gerade als Flügelstürmer funktioniert Müller nur bedingt, weil er nun einmal kein wirklicher Eins-gegen-Eins-Spieler ist.

Natürlich müssen die Bayern momentan einige Ausfälle auf den Außenbahnen verkraften, aber für die Flügel sollten selbst unerfahrenere oder junge Spieler wie Mathys Tel und Bryan Zaragoza eher in Erwägung gezogen werden als Müller, der als zweite Spitze mit Kane am besten funktioniert, weil die beiden immer mal rochieren können. Müller hatte einst seinen Durchbruch auf der rechten Seite, aber das ist knapp 15 Jahre her. Tuchel muss sich also ankreiden lassen, dass er den Oldie nicht immer optimal einbindet.

Fazit

Aktuell prasselt viel Kritik auf den 50-jährigen Cheftrainer ein. Teile davon sind absolut berechtigt, weil er sich in manchen Partien vercoacht hat oder einige Spieler nicht optimal einbindet. Allerdings merkt man fast seit Beginn von Tuchels Amtszeit eine Dissonanz zwischen Trainer und Mannschaft. Tuchel scheint sich mehr individuelle Qualität, besonders Kreativität und Lösungskompetenz von vielen Spielern erhofft zu haben. Deshalb probiert er immer wieder neue taktische Anpassungen, nur um diese schnell wieder frustriert vom Tisch zu wischen.

Tuchel durchlebt eine Talfahrt seiner Trainerkarriere, aber der Bayern-Kader ist im Jahr 2024 auch nicht so gut wie es die Namen in eben jenen Kader erhoffen lassen.

FC Bayern München: Die nächsten Spiele des FCB

DatumWettbewerbGegner
24. Februar, 18.30 UhrBundesligaRB Leipzig (H)
01. März, 20.30 UhrBundesligaSC Freiburg (A)
05. März, 21 UhrChampions LeagueLazio Rom (H)
09. März, 15.30 UhrBundesligaMainz 05 (H)
16. März, 15.30 UhrBundesligaSV Darmstadt 98 (A)