Müller stichelt, Dreesen überrascht, Tuchel hat neue Sorgen: Der FC Bayern München vor dem Spitzenspiel gegen Bayer Leverkusen

bayern
© getty

Der FC Bayern geht mit zwei Punkten Rückstand ins Spitzenspiel gegen Bayer Leverkusen am kommenden Samstag. Wie steht es um das Personal und die Form der beiden Titelrivalen? Wer ist Favorit? Und trinkt Jan-Christian Dreesen eigentlich Kaffee mit Xabi Alonso?

Anzeige
Cookie-Einstellungen

Fast genau elf Monate ist es her, dass die Münchner letztmals in Leverkusen angetreten sind. Im Zuge der 1:2-Niederlage im vergangenen März verlor der FC Bayern die Tabellenführung an Borussia Dortmund und Trainer Julian Nagelsmann seinen Job. Unter Nachfolger Thomas Tuchel gelang letztlich doch noch der Meistertitel, in der aktuellen Saison hechelt seine Mannschaft aber Leverkusen hinterher. Beziehungsweise besser: Sprintet Leverkusen hinterher.

Vor dem direkten Duell am Samstag beträgt der Rückstand des FC Bayern auf den Spitzenreiter zwei Punkte. Mit 50 Zählern sind die Münchner zu diesem Zeitpunkt der Saison der punktbeste Tabellenzweite der Bundesliga-Geschichte, zusammengerechnet kommen der FC Bayern und Leverkusen auf 102 Punkte - auch das ist ein Bestwert. Während Leverkusen noch ungeschlagen ist, kassierten die Münchner bereits Niederlagen gegen Eintracht Frankfurt und kürzlich gegen Werder Bremen.

Das Hinspiel zwischen dem FC Bayern und Leverkusen endete Mitte September 2:2 - und sollte ein Vorgeschmack auf das bevorstehende Duell gewesen sein. Die Mannschaften von Tuchel und Xabi Alonso lieferten sich einen spektakulären, sehenswerten Schlagabtausch. Genau wie der FC Bayern setzt auch Leverkusen auf Offensivfußball. Beim Hinspiel kamen beide Mannschaften auf ähnliche Ballbesitzwerte, über die ganze Saison gesehen führt der FC Bayern Bundesliga-weit mit 59 Prozent im Schnitt knapp vor Leverkusen mit 58.

thomas-tuchel-bayern-112023-main-img
© Getty

"Kommt uns entgegen": Bayern-Boss Dreesen freut sich auf Leverkusens Spielweise

Jan-Christian Dreesen erwartet am kommenden Samstag ein "attraktives Spiel" und sehr zur eigenen Freude keinen Gegner, "der sich hinten reinstellt. Leverkusen spielt offensiven Fußball, das kommt uns entgegen." Der Vorstandsvorsitzende des FC Bayern erinnert diesbezüglich an die "hervorragenden Spiele" seiner Mannschaft gegen andere hochkarätige Gegner wie den VfB Stuttgart und Borussia Dortmund.

"Als Offensivspieler freut man sich, wenn endlich ein bisschen mehr Luft ist und nicht zehn Verteidiger zu überspielen sind", sagte Thomas Müller. In den vergangenen Wochen plagten sich die Münchner regelmäßig gegen vielbeinige Abwehrmauern zu Arbeitssiegen, unter anderem gegen die Angstgegner FC Augsburg und Borussia Mönchengladbach.

Seit der Winterpause ließ aber auch Leverkusen bisweilen die Souveränität der Hinrunde vermissen. Gegen Augsburg und RB Leipzig traf Alonsos Mannschaft jeweils erst in der Nachspielzeit zum Sieg, gegen Gladbach kam sie nicht über ein Remis hinaus, am Samstag gelang immerhin wieder ein souveräner 2:0-Sieg gegen Darmstadt 98.

xabi-alonso
© getty

Bayer Leverkusen: Tapsoba ist zurück - und bald auch Palacios?

Ein Grund für die etwas holprigen Rückrundenstarts der Titelrivalen sind erhebliche Personalprobleme. Leverkusen musste wegen des Afrika-Cups zuletzt auf seine beiden Stamm-Innenverteidiger Edmond Tapsoba und Odilon Kossounou verzichten, in ihrer Abwesenheit war Bayern-Leihgabe Josip Stanisic gesetzt. Zumindest Tapsoba ist mittlerweile zurück, gegen Darmstadt wurde er schon eingewechselt.

Weil Sturmtank Victor Boniface wochenlang ausfällt, verpflichtete Leverkusen im Winter per Leihe den 31-jährigen Borja Iglesias von Betis Sevilla. Bei seinem Debüt gegen Darmstadt blieb der Spanier torlos, gegen den FC Bayern dürfte Patrik Schick beginnen. Einsatzbereit ist bis dahin womöglich wieder Mittelfeldspieler Exequiel Palacios. Ein Comeback gegen den FC Bayern sei laut Alonso "nicht unmöglich".

dier
© getty

Alphonso Davies fällt aus: Neue Sorgen für Thomas Tuchel

Bei den Münchnern fehlten gegen Gladbach bereits neun Spieler, nun verletzte sich auch noch Linksverteidiger Alphonso Davies. Aufgrund einer Innenbandzerrung muss er etwa zwei Wochen passen. Gegen Leverkusen dürfte ihn Raphaël Guerreiro ersetzen.

Zurückkehren nach seiner Schulterverletzung könnte unterdessen Joshua Kimmich. Sollte er tatsächlich fit werden, steht Tuchel vor einer kniffligen Frage: Sprengt er das zuletzt fabelhaft harmonierende Mittelfeld-Duo bestehend aus Aleksandar Pavlovic und Leon Goretzka, oder lässt er Kimmich auf der Bank?

Sofern Südkorea am Dienstag im Halbfinale des Asien-Cups an Jordanien scheitert, wäre auch Min-Jae Kim einsatzbereit. In seiner Abwesenheit erwies sich Winter-Neuzugang Eric Dier neben Matthijs de Ligt als tadelloser Ersatz. Weil kurz vor Transferschluss auch Rechtsverteidiger Sacha Boey und Bryan Zaragoza kamen, hat Tuchel trotz der Ausfallserie wieder Alternativen. "Wir haben gut nachgelegt im Winter", lobte Müller.

Nach einem ordentlichen Auftritt bei seiner Startelf-Rückkehr dürfte Müller seinen Platz hinter Stürmer Harry Kane behalten. Gefragt, ob Tuchel auf seine Erfahrung setzen sollte, erwiderte Müller keck: "Ich glaube, es geht auch ohne - aber ich würde es mit probieren." Sorgen bereiten unterdessen seine kreativen Nebenmänner: Leroy Sané fehlt die Leichtigkeit aus der Hinrunde, Jamal Musiala wartet seit mittlerweile vier Spielen auf einen Scorerpunkt. Immerhin trifft Kane beständig.

Jan-Christian Dreesen, FC Bayern München
© getty

FC Bayern: Dreesen lobt Xabi Alonso - und dementiert Kontakt

Aber wer ist nun Favorit am Samstag, der Tabellenführer oder der Rekordmeister? Die Buchmacher sehen Augenhöhe, Dreesen erachtet seine Mannschaft etwas überraschend "nicht unbedingt als Favorit". Bei einer Niederlage würde der Rückstand des FC Bayern 13 Spieltage vor Saisonende auf fünf Punkte anwachsen und Diskussionen um Tuchel dürften wieder aufflammen - speziell mit Blick auf seinen Leverkusener Gegenüber.

Xabi Alonso gab von 2014 bis 2017 den Mittelfeld-Strategen des FC Bayern, holte in dieser Zeit drei Meistertitel. Aufgrund seiner hervorragenden Arbeit in Leverkusen wird er längst als möglicher Tuchel-Nachfolger beim FC Bayern gehandelt, aber auch bei seinen anderen Ex-Klubs Real Madrid und FC Liverpool ist er im Gespräch.

"Toller Mann, guter Trainer", lobte Dreesen. Kontakt habe er mit Alonso aber nicht, "weil es keinen Grund dafür gibt. Wir haben uns früher auch nicht zum Kaffeetrinken getroffen." Ob eine verlorene Meisterschaft gegen Alonso weniger schmerzhaft wäre als etwa gegen Dortmund, wurde Dreesen nach dem Gladbach-Spiel noch gefragt. "Mit dieser Art von Gedanken beschäftigen wir uns nicht - weil wir natürlich Meister werden."

germany-only-thomas-mueller-bayern-muenchen-embed-img1
© Imago Images

Thomas Müller stichelt gegen Bayer Leverkusen

Die Münchner Spieler verzichteten unterdessen auf verbale Kampfansagen. Sprachrohr Müller beließ es bei einer als Lob verpackten Stichelei. Überrascht habe er kurz vor Schluss des Duells mit Gladbach die Schmährufe der Münchner Südkurve in Richtung des kommenden Gegners vernommen.

"Kompliment an Leverkusen", sagte Müller. "Ich habe selten bei unserer Südkurve 'Leverkusen' in den Gesängen gehört. Normalerweise ist Leverkusen auf der Traditionsklub-Landkarte bei den Beschimpfungen zwischen den Fanlagern gar nicht existent. Scheinbar ist das Spiel nächste Woche unseren Fans sehr wichtig, das müssen wir verinnerlichen."

In Leverkusen beschäftigt man sich laut offizieller Lesart unterdessen noch gar nicht mit dem FC Bayern, am Dienstag steht nämlich noch das DFB-Pokal-Viertelfinale gegen den VfB Stuttgart an. "Das große Spiel interessiert uns noch nicht", sagte Granit Xhaka: "Was uns interessiert, ist Stuttgart."