Kommentar zur Langeweile beim Monaco-GP: Eine Farce für die Formel 1

Von Christian Guinin
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Beim Großen Preis von Monaco 2024 besiegt Charles Leclerc den Heimfluch und feiert seinen ersten Sieg in der laufenden Saison. Überschattet wird der Triumph des Monegassen jedoch von einer 78 Runden währenden Langeweile. Der ikonische Kurs an der Côte d'Azur ist aus der Zeit gefallen und hat in einer modernen Formel 1 keinen Platz mehr.

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Der Große Preis von Monaco gehört zur Formel 1 wie das Amen in der Kirche. Denkt man an die Königsklasse des Motorsports, so denkt man unweigerlich auch an die engen Gassen Monte Carlos, die malerische Bucht samt Yachthafen und die vielen Celebrities, die sich Jahr für Jahr magisch vom Glamour des Fürstentums einfangen lassen. Monaco und die Formel 1, das ist wie Uli Hoeneß und der FC Bayern. Unmöglich voneinander zu trennen. Kein Rennen im Kalender ist ikonischer, kein Sieg triumphreicher.

Nicht umsonst gilt der Grand Prix an der Côte d'Azur neben den 500 Meilen von Indianapolis und den 24 Stunden von Le Mans als einer der Grand Slams des Automobil-Rennsports. In den Straßen Monacos, so heißt es, werden gute von besonders guten Fahren unterschieden. Auf keinem anderen Kurs sind Präzision, ein sauberer Fahrstil und eine gehörige Portion Mut so wichtig wie hier. Jeder Fehler wird eiskalt bestraft.

Als Pilot ist das ohne Frage der absolute Traum. Einmal im Leben vorbei am berüchtigten Casino, durch den Tunnel in Richtung Hafen, sich dann durch die engen Schikanen am Schwimmbad schlängeln und schließlich nach der Rascasse wieder mit Fullspeed auf die Start-Ziel-Gerade beschleunigen. Das Fahren in Monaco ist ein Highlight. Das war schon immer so. Das ist es auch heute noch.

Doch die Formel 1 lebt schon lange nicht mehr nach dem Motto "gut für den Fahrer, gut für den Sport". Würde man nur die 20 Piloten nach ihrer Meinung fragen, so wäre der Monaco-GP, obgleich seiner ikonischen Stellung im Fahrerlager, wohl schon vor Jahren aus dem Kalender gefallen. Die Königklasse hat sich in der jüngeren Vergangenheit nämlich gehörig verändert. Zahlreiche Regeländerungen haben die Boliden breiter und breiter werden lassen, während Monte Carlo in seiner heutigen Form schon seit dem ersten Rennen im Jahr 1950 existiert. Das Layout wurde, hauptsächlich aufgrund von Platzmangel, dennoch nie angepasst und fiel so immer mehr aus der Zeit.

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Formel 1, Langeweile beim Monaco-GP: In 78 Runden keinerlei Veränderungen an der Spitze

Wie weit dieser Missstand mittlerweile fortgeschritten ist, durften die Fans am Sonntag "bestaunen". So kann ich mich persönlich zumindest nicht daran erinnern, mich bei einem Formel-1-Rennen jemals derart gelangweilt zu haben. Und während es - abgesehen vom Crash im Startgetümmel - anfangs noch Langeweile über fehlende Highlights war, so wich diese Gleichgültigkeit mit fortschreitender Renndauer einem Gefühl der Wut und Verzweiflung.

78 von 78 Runden fuhren die zehn exakt selben Autos an der Spitze brav aufgereiht hintereinander her. Mal mit weniger, mal mit mehr Abstand zueinander. Einen Unterschied, wie dicht ein Pilot einem anderen dabei folgen konnte, machte es nicht. Überholen ist in den Gassen Monte Carlos nämlich zu einem Ding der Unmöglichkeit geworden. Du bist vier Sekunden pro Runde schneller als dein Vordermann? Völlig egal. Macht dieser keinen Fehler, kommst du nicht vorbei. Egal wie viel frischer deine Reifen sind. Egal wie viel schneller du eigentlich könntest. Eine Farce für den Rennsport.

Nun mögen einige sagen, dass diese Art des "Racings" den Teams viele taktische Möglichkeiten bietet. Und tatsächlich ist das Rennen im Fürstentum einer der wenigen Grands Prix, bei dem eine saubere Umsetzung der Strategie absolut essentiell für den Erfolg ist. Wenn diese dann aber lautet: "Bitte fahr drei Sekunden langsamer, um deinen Hintermann aufzuhalten", kann ich als Fan dem nur noch wenig abgewinnen.

Keine Frage: Auch in den vergangenen Jahren gab es aus spannungstechnischer Sicht genügend Tiefpunkte. So erinnert sich manch einer bestimmt noch an Daniel Ricciardos Sieg 2018, als der Australier rund zwei Drittel des Rennens ohne siebten Gang sowie MGU-K, also rund 25 Prozent seiner Leistung, bestreiten musste, und dennoch keinerlei Probleme hatte, seine Kontrahenten hinter sich zu halten. Der Monaco-GP 2024 setzt alldem aber die Krone auf.

Toto Wolff
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Formel 1, Langeweile beim Monaco-GP: "Habe mir einen Espresso gemacht"

Da gerät es beinahe in Vergessenheit, dass der Sonntag aus sportlicher Sicht eigentlich ein voller Erfolg für die Formel 1 war. WM-Leader Max Verstappen kam, weil er das gesamte Rennen hinter George Russell feststeckte, nicht über Platz sechs hinaus und büßte wichtige Punkte in der Fahrerwertung ein. Charles Leclercs Sieg bei seinem Heimrennen sowie die starke Performance der McLarens lassen das Feld nach acht WM-Läufen also weiter zusammenrücken.

Eine Tatsache, der aufgrund der gähnenden Langeweile in Monaco zur Randnotiz wurde. Oder um es mit den Worten von Mercedes-Boss Toto Wolff zu sagen: "Ich habe das noch nie gemacht in den letzten zwölf Jahren, aber ich habe mir einen Joghurt geholt und einen Espresso zwischendurch."

Formel 1: Stand in der Fahrerwertung und der Konstrukteurswertung nach 8 von 24 Rennen

Fahrerwertung:

Pos.FahrerPkt.
1.Max Verstappen (Red Bull)169
2.Charles Leclerc (Ferrari)138
3.Lando Norris (McLaren)113
4.Carlos Sainz (Ferrari)108
5.Sergio Pérez (Red Bull)107
6.Oscar Piastri (McLaren)71
7.George Russell (Mercedes)54
8-Lewis Hamilton (Mercedes)42
9.Fernando Alonso (Aston Martin)33
10.Yuki Tsunoda (Racing Bulls)19
11.Lance Stroll (Aston Martin)11
12.Oliver Bearman (Ferrari)6
13.Nico Hülkenberg (Haas)6
14.Daniel Ricciardo (Racing Bulls)5
15.Alexander Albon (Williams)2
16.Esteban Ocon (Alpine)1
17.Kevin Magnussen (Haas)1
18.Pierre Gasly (Alpine)1
19.Guanyu Zhou (Sauber)0
20.Valtteri Bottas (Sauber)0
21.Logan Sargeant (Williams)0

Konstrukteurswertung:

Pos.TeamPkt.
1.Red Bull Racing276
2.Scuderia Ferrari252
3.McLaren184
4.Mercedes-Benz96
5.Aston Martin44
6.Visa Cash App Racing Bulls24
7.Haas7
8.Alpine2
9.Williams2
10.Stake Sauber0