Trotz Pleite: WM-Chance bleibt

Silvio Heinevetter (r.) bot bei der Niederlage in Polen eine gute Vorstellung
© getty

Die deutsche Nationalmannschaft verliert das so extrem wichtige Hinspiel in den WM-Playoffs in Danzig gegen Polen unnötig mit 24:25 (12:9). Trotzdem hält sich das Team von Bundestrainer Martin Heuberger alle Chancen für das Rückspiel am 14. Juni in Magdeburg offen.

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Das DHB-Team zeigte in der ersten Halbzeit vor allem in der Abwehr eine hervorragende Leistung und führte mit drei Toren Vorsprung. Doch im zweiten Durchgang verloren die Gäste zeitweise komplett den Faden, Torhüter Silvio Heinevetter und Mimi Kraus verhinderten Schlimmeres.

Der Göppinger war mit fünf Toren bester deutscher Werfer. Patrick Groetzki und Uwe Gensheimer kamen auf jeweils vier Treffer. Bei den Polen überragte Mariusz Jurkiewicz mit sieben Toren.

Reaktionen:

Bundestrainer Martin Heuberger: "Wir haben stark angefangen, in der Defensive gut gestanden. In der zweiten Halbzeit haben wir in Unterzahl unseren Rhythmus verloren. Dennoch haben wir eine gute Chance aufs Weiterkommen."

Polens Trainer Michael Biegler: "Es ist Halbzeit und wir führen mit einem Tor. Mehr ist eigentlich nicht passiert. Ich bin stolz auf mein Team, dass es im zweiten Durchgang so gut reagiert hat."

Der SPOX-Spielfilm:

Vor dem Spiel: Torhüter Lichtlein und der zukünftige DHB-Teammanager Roggisch stehen nicht im 16er Kader. Zwischen den Pfosten erhält Heinevetter den Vorzug vor Bitter. Zu Beginn stehen der neue Kapitän Gensheimer (Linksaußen), Kraus auf ungewohnter Position (Rückraum links), Kneule (Spielmacher), Glandorf (Rückraum rechts), Groetzki (Rechtsaußen) und Wiencek (Kreis) auf der Platte. Polen-Coach Biegler muss auf die Leistungsträger Jaszka (Schulterverletzung) und Lijewski (Leistenverletzung) verzichten.

3.: Szmal ist zur Stelle. Der frühere Löwen-Keeper pariert einen Siebenmeter von Gensheimer. Trotzdem führt die deutsche Mannschaft dank eines Treffers von Groetzki mit 1:0.

6.: Man merkt es beiden Mannschaften deutlich an, wie viel auf dem Spiel steht. Beide Seiten werfen einige Fahrkarten. Kraus fasst sich schließlich ein Herz und trifft. 2:1 Deutschland.

10.: Gensheimer, der zahlreiche Möglichkeiten fahrlässig liegen lässt, gelingt ein schönes Anspiel an den Kreis, wo Wiencek sich nicht zwei Mal bitten lässt und Szmal keine Chance lässt. Auf der anderen Seite erhalten die Polen einen Siebenmeter - Bartosz Jurecki versenkt. 4:4.

14.: Nachdem Gensheimer zu Beginn an Szmal per Siebenmeter gescheitert war, darf diesmal Allendorf ran. Der Linksaußen aus Melsungen verwandelt eiskalt. Deutschland führt erstmals mit zwei Treffern Vorsprung - 6:4

20.: Sauber! Vom Hexenkessel in Danzig ist nichts mehr zu hören! Der Grund: Heubergers Mannschaft ist momentan klar überlegen, vor allem die Abwehr steht. Groetzki schließt einen Tempogegenstoß erfolgreich ab. 10:5 für Deutschland.

24.: Aufpassen jetzt! Die Polen sind wieder auf drei Tore dran. Auch, weil Szmal den zweiten Siebenmeter in diesem Spiel entschärft - diesmal gegen Allendorf. 11:8 Deutschland.

30.: Erste Zeitstrafe der Partie, Weinhold muss runter. Aber die Polen kommen trotzdem nicht zum Abschluss. 12:9 Deutschland.

32.: Deutschland wirft im Angriff den Ball weg, die Polen machen das Spiel schnell. Szyba lässt Heinevetter keine Chance. Deutschland führt nur noch 12:11.

38.: Groetzki springt von außen ein, aber Szmal wehrt die Kugel ab. Im Gegenzug packt Chrapkowski den Hammer aus dem Rückraum aus. Deutschland ist nun leicht von der Rolle, das Spiel droht zu kippen. Es steht 15:15.

42.: Heubergers Truppe ist von allen guten Geistern verlassen. In der Offensive werden die Bälle leichtfertig hergeschenkt, Polen fährt den Tempogegenstoß, den Szyba abschließt. Polen führt 18:15.

46.: Hässliche Szene! Jurkiewicz knallt dem vor allem in den letzten Minuten starken Heinevetter den Ball ins Gesicht. Kleinere Rangeleien sind die Folge. Jurkiewicz entschuldigt sich aber, der Füchse-Keeper nimmt an. Polen führt 18:16.

49.: Sauber, Mimi! Kraus übernimmt Verantwortung und erzielt durch eine herrliche Einzelaktion seinen fünften Treffer. Ausgleich - 19:19.

50.: Groetzki stellt sich Michal Jurecki in den Weg. Eine mäßige Idee, die Nase blutet. Der Deutsche muss kurzzeitig in der Kabine behandelt werden.

53.: Ist das bitter. Wieder pariert Heinevetter stark, aber der Abpraller landet bei Orzechowski. Der lässt sich nicht zwei Mal bitten und wirft den Ball in die Maschen. Polen führt 21:19.

57.: Nächster Siebenmeter für Polen, Bitter kommt. Bartosz Jurecki bleibt wieder cool. Polen führt 24:22.

59.: Kneule fasst sich ein Herz und tankt sich durch die polnische Abwehr, Szmal sieht diesmal alt aus. Das ist der Ausgleich - 24:24.

60.: Fünf Sekunden vor dem Ende steigt Jurkiewicz hoch und zieht ab - Tor. Polen gewinnt mit 25:24.

Der Star des Spiels: Mariusz Jurkiewicz. Unglaublich, was der 32-Jährige von Wisla Plock vor allem in der zweiten Halbzeit für Geschosse aus dem Rückraum abfeuerte. Jurkiewicz bildete aus dem Spiel heraus quasi die polnische Ein-Mann-Offensive und machte somit den Unterschied aus. Ebenfalls stark: Slawomir Szmal.

Der Flop des Spiels: Holger Glandorf. Klar: Der neue Kapitän Gensheimer erwischte mit seinen zahlreichen vergebenen Möglichkeiten nicht seinen besten Tag und auch von Steffen Weinhold war wenig zu sehen. Trotzdem war Glandorfs Vorstellung schwächer. Viele hatten vom frischgebackenen Champions-League-Sieger erwartet, dass er vorausgehen und die deutsche Mannschaft mitreißen würde. Das tat der 31-Jährige so gut wie nie - nur drei Tore. Für einen Spieler mit Glandorfs Fähigkeiten war das insgesamt in so einem wichtigen Spiel deutlich zu wenig.

Das fiel auf:

  • Heubergers Plan, die starke Abwehr der Polen durch viele Tempogegenstöße zu überrumpeln, ging zumindest im ersten Durchgang auf. Vor allem Groetzki war immer wieder schnell vorne und wurde auch zielsicher bedient. In der zweiten Halbzeit drehte Polen den Spieß allerdings häufig um.
  • Die deutsche Abwehr ließ sich - anders als noch bei der Pleite bei der Generalprobe gegen Norwegen - alles andere als leicht ausspielen. Vor allem der Mittelblock mit Wiencek und Pekeler machte gerade im ersten Durchgang einen herausragenden Job.
  • Heuberger wechselte in den ersten 30 Minuten kaum. Das tat der Mannschaft offensichtlich gut und verlieh ihr die nötige Stabilität. Jeder schien genau zu wissen, was zu tun ist. Fast jeder Spieler agierte mit sehr viel Selbstvertrauen - bis dann nach der Pause jemand den Stecker zog.
  • Roggisch ist schon ganz der Teammanager. Das Abwehr-Ass, das seine Karriere beendet, saß nur hinter der Bank auf der Tribüne. Doch Roggisch kam ab und an zu Heuberger geeilt, um dem Bundestrainer von seinen Eindrücken zu berichten.
  • Als die Polen im zweiten Durchgang begannen, offensiver zu decken, bekamen die Deutschen große Probleme. Die Ruhe im Passspiel war weg, die Bälle wurden teilweise regelrecht weggeworfen.
  • Als bei Deutschland im zweiten Durchgang nichts mehr ging, übernahm Kraus Verantwortung. Der Göppinger mit starken Einzelaktionen und Heinevetter im starken Paraden hielten Deutschland auf Kurs.
  • Bartosz Jurecki, Siebenmeter-Gott! Sechs Mal trat der Magdeburger an, sechs Mal versenkte er eiskalt.