DHB-Team scheitert an Spanien

Von Florian Regelmann
Deutschland scheiterte im WM-Viertelfinale an Gastgeber Spanien
© Getty

Die deutsche Handball-Nationalmannschaft ist bei der WM im Viertelfinale ausgeschieden. Das DHB-Team verlor im mit 10.801 Zuschauern ausverkauften Pabellon Principe Felipe von Saragossa mit 24:28 (14:12) gegen Gastgeber Spanien.

Anzeige
Cookie-Einstellungen

Sven-Sören Christophersen (6/1), Dominik Klein (4) und Christoph Theurkauf (4) waren die besten Werfer im deutschen Team. Bei den Spaniern trafen Julen Aguinagalde (7), Victor Tomas (7/1) und Alberto Entrerrios (6) am häufigsten.

WM-Statistik: Die Besten der Besten

Deutschland wartet damit weiter seit sechs Jahren (WM-Viertelfinale 2007) auf einen Sieg gegen Spanien. Im Halbfinale trifft Spanien am Freitag auf Slowenien. Das zweite Halbfinale bestreiten Dänemark und Kroatien.

Roundup: Frankreich ist raus!

Reaktionen:

Martin Heuberger (Bundestrainer): "Wenn wir eine Chance hätten haben wollen, dann hätte alles hundertprozentig funktionieren müssen. Spanien hat aufgrund der Flexibilität in der Abwehr verdient gewonnen. Vorne haben wir zu viele Chancen vergeben. Es war ein tolles Turnier, aber mit solchen Fehlern gewinnst du so ein Spiel gegen den Gastgeber eben nicht."

... über das WM-Fazit: "Wir haben hier einen Riesen-Charakter gezeigt und bewiesen, was man auch ohne die ganz großen Einzelspieler international erreichen kann. Die Mannschaft hat toll gekämpft. Wir können stolz auf die Leistung bei der WM sein."

Oliver Roggisch (DHB-Kapitän): "Es gehört viel dazu, hier ein Viertelfinale zu spielen. Aus so einer Niederlage müssen wir lernen. Man hat gesehen, dass wir am Schluss noch nicht so erfahren sind. Wir dürfen uns das Turnier nicht vermiesen lassen, wir sind nicht so weit weg von der Spitze und werden trotzdem ein bisschen feiern."

Dominik Klein (DHB-Linksaußen): "Jetzt sind wir ausgeschieden. Aber wir haben eine grandiose WM gespielt und hatten auch heute unsere Chance. Wir haben auf der Platte Gas gegeben."

Patrick Groetzki (DHB-Rechtsaußen): "Die Fehlwürfe machen mich sehr traurig. Es war in einer entscheidenden Phase, danach kippte die Partie."

Silvio Heinevetter (DHB-Keeper): "Den (Aguinagalde) haben wir 60 Minuten lang nicht in den Griff bekommen. Von dicht dran können wir uns nichts kaufen."

Michael Haaß (DHB-Mittelmann): "Wir können stolz sein darauf, wie wir hier aufgetreten sind. Wir haben in Deutschland wieder Lust auf Handball gemacht."

Der SPOX-Spielfilm:

Vor dem Spiel: Christophersen, der im Achtelfinale früh ausschied (Knie, Oberschenkel), kann spielen und beginnt wie zuletzt im Rückraum an der Seite von Haaß und Weinhold. Auch sonst bleibt alles unverändert. Klein und Groetzki auf den Außen und Wiencek am Kreis. Heinevetter steht im Tor. Spaniens Starting Lineup: Alberto Entrerrios, Sarmiento und Maqueda im Rückraum, Aguinagalde am Kreis, Rivera und Tomas auf den Außen. Und natürlich Sterbik im Tor.

5.: Weinhold mit einem bärenstarken Pass an den Kreis zu Wiencek, Bam Bam lässt Sterbik keine Chance. 3:3. Guter Start des DHB-Teams.

13.: Heinevetter mit seiner nächsten Parade, er hält den Wurf von Tomas von der Außenposition und dann bricht es aus ihm heraus. Unfassbar, wie aufgepumpt der Berliner schon wieder ist. Im nächsten Angriff läuft Klein ein, Haaß setzt sich an den Kreis ab, bekommt den Ball und trifft. Und jetzt noch mal Hassan. 7:5 Deutschland. Spanien nimmt Sterbik aus dem Tor und bringt Sierra.

22.: Spanien ist auf Rechtsaußen brutal stark besetzt. Rocas ist für Tomas auf der Platte und ballert das Ding von Außen in den Winkel. Dann scheitert Schmidt mit seinem 7-Meter gegen Sierra. 10:9 Spanien.

30.: Was ein Sensations-Treffer von Klein! Der Linksaußen hatte zwar schon einige Fehlwürfe, jetzt haut er aber den Ball von der rechten Seite links oben in den Winkel. Überragend! Die DHB-Auswahl geht mit einer Zwei-Tore-Führung in die Pause. 14:12 Deutschland.

32.: Deutschland zu Beginn der zweiten Halbzeit in doppelter Unterzahl. Tomas nutzt das zweimal aus. Ausgleich. 14:14.

40.: Spanien wäre zweimal fast auf 3 Tore davongezogen, jetzt kann Groetzki im Gegenstoß den Ausgleich machen. Er versucht es mit einem Dreher, vorbei! Warum nur ein Dreher??? Dafür besorgt Christophersen per 7-Meter den Ausgleich. 18:18. Unglaubliches Handball-Spiel!

44.: Theuerkauf mit seiner nächsten tollen Bewegung am Kreis, schon sein vierter Treffer. Und schon ist Deutschland wieder vorne. 20:19.

54.: Jetzt wird's brutal schwer! Aguinagalde ist in den letzten Minuten absolut on fire! Immer wieder wühlt er sich am Kreis durch. Auch eine Heuberger-Auszeit konnte den Run nicht stoppen. Spanien nach einem 6:1-Run plötzlich auf vier weg. 25:21.

59.: Christophersen verkürzt noch mal auf drei, auf der Gegenseite trifft aber Trainersohn Rivera und macht den Deckel drauf. 27:23 Spanien. Heinevetter rennt noch mal mit nach vorne und wirft auf den Kasten, aber auch den hat Sierra.

Der Star des Spiels: Jose Manuel Sierra. Der 33-Jährige ist eigentlich hinter Sterbik und Hombrados die Nummer drei im spanischen Tor. Durch Hombrados' Verletzung rückte Sierra in den WM-Kader, viele Spielanteile hatte er vor dem Viertelfinale aber nicht. Jetzt bekam Sterbik in der Anfangsphase keinen Ball zu fassen und Coach Rivera zögerte nicht lange - Sierra ging ins Tor. Und Sierra wurde zum entscheidenden Mann. Der PSG-Torhüter war vor allem in Halbzeit zwei kaum mehr zu überwinden. Seine Quote am Ende: 39 Prozent (11/28). Daneben der größte Faktor: Aguinagalde.

Der Flop des Spiels: Patrick Groetzki. Wenn ein deutscher Spieler nach dem Viertelfinale Albträume haben wird, dann der Rechtsaußen der Rhein-Neckar Löwen. Zweimal tauchte er in einer ganz entscheidenden Phase frei vor Sierra auf, zweimal vergab der Linkshänder. Einmal entschied er sich unnötigerweise für einen Trickwurf, einmal knallte er den Ball an die Latte. Insgesamt war Groetzkis Fastbreak-Quote (1/4) und die des Teams (5/10) schlecht. Dabei war sie im ganzen Turnier zuvor sensationell (36/38). Was wäre gewesen, wenn Groetzki diese beiden Chancen genutzt hätte...

Analyse: Eines war vor Spielbeginn klar: Es stehen sich zwei Teams gegenüber, die sich in vielerlei Hinsicht ähneln. Beide Mannschaften definieren sich über eine starke Deckung mit einem dominanten Abwehrchef (Morros/Roggisch), beide Teams haben Weltklasse-Keeper (Sterbik/Heinevetter) dahinter - und beide wollen ihr Tempospiel mit vielen Fastbreaks aufziehen.

Sowohl der spanische Gegenstoß als auch der deutsche funktionierte im bisherigen Turnierverlauf exzellent. Das DHB-Team schaffte es aber von Beginn an hervorragend, den Spaniern genau diese Stärke zu nehmen. Die Iberer erzielten in der ersten Halbzeit nur ein einziges Gegenstoßtor, auch weil Deutschland keine leichten Bälle herschenkte.

Deutschland zeigte sich von der ersten Minute an alles andere als eingeschüchtert. Die Heuberger-Truppe machte es vor allem in der Abwehr, aber auch größtenteils im Angriff, hervorragend. Heinevetter war sofort im Spiel und gewann das Torhüter-Duell gegen Sterbik eindeutig - allerdings war Sterbik-Backup Sierra nach seiner Einwechslung gleich ein Faktor und hielt die Spanier mit seinen Paraden im Spiel.

Denn offensiv fiel dem Gastgeber sehr wenig ein. Ihr bekanntes, auf "Kleingruppen" basierendes Spiel mit dem Kreisläufer funktionierte nur punktuell, der Rückraum fand überhaupt nicht statt. Das DHB-Team leistete sich zwar im Angriff auch den einen oder anderen Fehler, oftmals fand man gegen die unglaublich offensive (5-1)-Deckung der Spanier aber gute Mittel. Gerade Weinhold machte in der Anfangsphase als verkappter Spielmacher eine super Partie.

Immer wieder wurde es geschafft, die Hünen zu hinterlaufen. Immer war sehr viel Bewegung drin. Die Spanier wurden dagegen im Laufe des Spiels nervöser und leisteten sich hanebüchene Fehlpässe. Auch die Halle wurde zwischenzeitlich ganz ruhig. In der zweiten Halbzeit änderte sich dann allerdings das Bild.

Spanien übernahm mit einem schnellen 5:1-Run das Kommando, aber wie schon während der ganzen WM fiel das junge DHB-Team nicht um, sondern hatte auf eine schwierige Phase eine Antwort parat. Deutschland ärgerte Spanien so bis weit in die zweite Halbzeit hinein, verpasste aber dann die Big Points.

Insgesamt gab es zudem zu viele Unterzahl-Situationen, die dem Team letztlich das Genick brachen. Und gegen die nun bombensicher stehende spanische Deckung fehlte Deutschland die Power aus dem Rückraum. Die Spanier hatten zwar das gleiche Problem, sie hatten aber das Mittel Aguinagalde. Der Kreisläufer war in der entscheidenden Phase nicht mehr zu stoppen und warf in neun Minuten fünf Tore (7:1-Lauf der Spanier).

So einen Spieler hat Deutschland (noch) nicht. Nur 10 Tore in der zweiten Halbzeit und eine Effizienz von nur 47 Prozent (Spanien: 61) reichen dann gegen clevere Spanier eben nicht für ein WM-Halbfinale. Das DHB-Team hat aber insgesamt ohne Zweifel alle Erwartungen übertroffen und ein sehr gutes Turnier gespielt. Charakterlich ist diese Truppe sensationell.

Handball-WM: Alle Ergebnisse

Artikel und Videos zum Thema