Eine Woche voller Wahnsinn!

Von Florian Regelmann
Eine US Open in Philly... das musste ja verrückt werden!
© getty
Cookie-Einstellungen

5. Superstars im Wohnzimmer! Wenn Thomas Gravina in der letzten Woche zur Haustür reinkam, war die Chance groß, dass Tiger Woods, Phil Mickelson oder andere Superstars bei ihm herumlungerten. Warum? Weil Gravinas Wohnzimmer, Esszimmer und Küche in dieser Woche zum US Open Player Hospitality Center umfunktioniert wurden. "Hey Tiger, nimm mal die Füße vom Tisch!"

Und damit noch nicht genug: Im Garten hinter seinem Haus stand ein Zelt, das als Umkleide für die Spieler diente. Was soll man auch machen, wenn in die eigentliche Kabine nur drei Leute reinpassen?!

In der Einfahrt vom Nachbarn wurden Interviews geführt, Fans wurden aus 30 Kilometer Entfernung mit Bussen hergefahren, weil es so wenige Parkplätze gab. Und der große Interview-Raum im Pressezentrum war immer leer, weil man ohne GoogleMaps nicht hinfindet. Zuschauer am 16. Grün gab es auch keine - kein Platz, alles zu eng. Es war das Problem, aber auch das Sensationelle am Merion Golf Club. Er ist so groß wie eine Schuhschachtel.

4. Der Gewinner heißt Merion! Was wurde vor der US Open nicht alles so prognostiziert? Kurzer Platz, softe Bedingungen - die Spieler werden den Kurs zerlegen und am Ende gewinnt 15 unter Par. Von wegen!

Interessant: Dass wir das alles erleben durften, ist im Grunde den Frauen zu verdanken. Ein Blick in die Geschichte des Klubs verrät, dass er überhaupt erst entstanden ist, weil ein Mitglied die Sehnsucht nach einem Platz hatte, wo seine Tochter Elsie das Spiel erlernen konnte. Das war im Jahr 1884.

Merion entwickelte sich über die Jahre zu einem der berühmtesten Plätze des Landes, unter anderem war der Club 1950 Gastgeber für die US Open, die Ben Hogan auf heroische Weise gewann, nachdem er fast bei einem Autounfall ums Leben gekommen war. 1971 besiegte Lee Trevino im Stechen Jack Nicklaus. Merion war Legende. Dennoch verschwand der Club im Lauf der Zeit komplett von der Bildfläche.

Es fanden keine USGA-Championships mehr in Merion statt, schon gar keine US Open. Mitte der 90er wendete sich eine Gruppe von Mitgliedern an die USGA und wollte wissen, was man denn tun müsse, um wieder Championships zu bekommen. Die USGA gab Merion noch mal eine Chance, 1998 durfte man die US Girls' Junior Championship ausrichten.

Hätte Merion diese Chance nicht genutzt und sich als großartiger Gastgeber für die Mädchen präsentiert, es hätte 2005 keine US Amateur Championship in Merion gegeben. Und 2013 keine US Open. Es wäre ein Jammer gewesen. Merion war in dieser Woche der größte Sieger, jeder Pro hat seine eigene Horrorgeschichte zu erzählen. Die Pros werden aufatmen, wenn sie in Eichenried ankommen und wieder 20 unter Par schießen können.

3. Vater des Jahres: Phil Mickelson! Die Story war zu schön, um wahr zu sein. Daddy Mickelson fliegt kurz vor der US Open nach Hause nach Kalifornien, um bei der Abschlussfeier seiner Tochter Amanda dabei zu sein. Er reist in der Nacht auf Donnerstag zurück nach Philadelphia, schläft so gut wie nicht, ist gerade rechtzeitig zu seiner Tee-Time am Morgen da und geht mit einer 67 sofort in Führung.

Die Leute lieben Phil ohnehin wie keinen Zweiten, jetzt hat er auch noch die Auszeichnung als Vater des Jahres in der Tasche. Spätestens, als ihm in seiner Runde dann auch noch ein Murmeltier, bestimmt ein Verwandter von Punxsutawney Phil aus "Und täglich grüßt das Murmeltier", über den Weg läuft, scheint die Sache klar. Phil läuft in Philly Phil über den Weg, es muss Phils Woche werden.

Unfassbare fünfmal war Mickelson bei der US Open schon Zweiter, diesmal muss es doch an seinem 43. Geburtstag klappen. Oder eben auch nicht... Was macht Phil? Er sorgt mit unglaublichen Schlägen (Eagle an der 10) für magische Phil-Momente, puttet sich dann aber um Kopf und Kragen, hat keinen Driver in der Tasche, obwohl er ihn gebraucht hätte (an der 3), schlägt in der Finalrunde als Meister der Wedges zwei grauenvolle Wedges zur Unzeit und wird wieder Zweiter. Zum sechsten Mal. Es ist zum verrückt werden. Er könnte der einzige Spieler im Feld sein, er würde die US Open trotzdem nicht gewinnen.

2. Der nächste Major-Sieger? Es ist unmöglich vorauszusagen, wer im Juli die Open Champioship gewinnen wird. Klar ist höchstens, wer sie nicht gewinnen wird: Nämlich die Herren Woods, McIlroy, Westwood, Donald und Garcia...

Aber zu einer Prognose lässt sich das Par-10 dann doch hinreißen. Jason Day wird in den nächsten beiden Jahren ein Major gewinnen. Der Australier fuhr bei der US Open sein viertes Top-3-Finish bei einem Major ein. Er klopft im Gegensatz zu anderen ständig an die Tür, Days Tag wird kommen. Garantiert.

1. Rosey - ein großartiger Champion: Als Justin Rose nach seinem Par an der 18 in den Himmel blickte und sein kurzes ganz persönliches Vatertagsgespräch mit seinem verstorbenen Dad Ken führte, war es ein herzzerreißender Moment. Vor elf Jahren war Ken an Leukämie viel zu früh verstorben, jetzt hatte sein Sohn den größten Moment seines Lebens.

Am Samstagabend hatte Rose seiner Mutter Annie eine SMS geschrieben: "Let's do it for Dad tomorrow." Gesagt, getan. Wie Rose die letzten brutalen Löcher spielte und seinen Sieg perfekt machte, war ganz großes Kino. Auch wenn jeder Mickelson den Sieg gegönnt hätte, mit Rose hat der Richtige gewonnen. Rose war in den letzten beiden Jahren wahrscheinlich der beste Spieler auf der Welt. Der Sieg war mehr als verdient und nur eine logische Folge. Nebenbei ist Rosey einer der nettesten Typen, die man auf der Tour treffen wird.

England hat dank ihm endlich seinen ersten Major-Sieger seit Nick Faldo 1996. 1998 war es, als Rose mit 17 bei der Open in Royal Birkdale Vierter wurde und die Golf-Welt elektrisierte. Aber als er dann seine Pro-Karriere startete, folgten erst mal 21 verpasste Cuts in Folge. 21! Jetzt ist Rose US-Open-Champion...

Der Stand in der Weltrangliste