FC Bayern München - Ex-FCB-Talent Armindo Sieb von Greuther Fürth im Interview: "Als mich Hansi Flick rief, fühlte ich gar nichts mehr"

Von Alex Gschlössl
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Der Start in München verlief sehr vielversprechend. Sie haben gleich im ersten Spiel getroffen und zwei weitere Tore vorbereitet, im Junioren-Pokal gegen St. Pauli einen Hattrick geschossen und feierten anschließend sogar im DFB-Pokal gegen Düren Ihr Debüt bei den Profis. Das war Wolke sieben, oder?

Sieb: Absolut. Als ich wechselte, wurde mir versprochen, dass ich mich in der zweiten Mannschaft zeigen und in die 3. Liga hineinschnuppern darf. Es ging dann direkt Schlag auf Schlag. Nach dem Hattrick hat mir mein U19-Trainer Martin Demichelis gesagt, dass ich bei den Profis dabei sein darf. Das war unglaublich - ich dachte, ich träume!

Wie erinnern Sie sich an Ihr erstes Profitraining dort?

Sieb: Ich bin etwas ängstlich hingegangen, weil ich nicht wusste, was mich erwartet und ich auch eine gewisse Ehrfurcht hatte. Ich gab einfach mein Bestes und schaffte es in den Kader für das Pokalspiel. Als mich Hansi Flick dort dann zur Einwechslung rief, fühlte ich im ersten Moment gar nichts mehr. Mir kam es vor, als würde das alles gerade gar nicht stattfinden. Komisch war dann, dass meine Nervosität komplett verflogen war, als ich auf dem Platz stand. Da war das dann irgendwie ein Spiel wie jedes andere.

Leider mit einem unguten Ende für Sie: In der 87. Minute zogen Sie sich eine schwere Bänderverletzung zu.

Sieb: Das war meine erste Verletzung. Ich hatte extreme Schmerzen und konnte nicht mehr auftreten. Als man mir die Socken auszog, sah ich, dass mein Fuß lila und dick angeschwollen war. Die Ärzte meinten sofort, ich würde länger ausfallen, wahrscheinlich elf, zwölf Wochen. Das war ein schwerer Schlag für mich.

Wie erging es Ihnen dann in der täglichen Reha, das war ja dann auch Neuland für Sie?

Sieb: Es war schon ziemlich hart. Ich telefonierte oft mit meiner Mama. Sie hat versucht, mich zu ermuntern. Ich war allerdings sehr sauer und gekränkt, da hatte ich viel negative Energie in mir. Es war ein schlimmes Gefühl zu sehen, wie die anderen auf den Platz gehen und jeden Tag die Chance haben, besser zu werden - und ich musste meine Reha-Übungen machen. Irgendwann merkt man aber, dass das halt alternativlos ist. Ich habe dann aber erkannt, dass ich diese negative Energie für mein Training nutzen und in positive Energie umwandeln kann, um möglichst schnell wieder zurückzukommen.

Bayern-Trainer Hansi Flick tröstet den verletzten Armindo Sieb.
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Bayern-Trainer Hansi Flick tröstet den verletzten Armindo Sieb.

Armindo Sieb: "Ich wäre bereit für Hannover gewesen"

Nach vier Monaten Pause gelang das auch. Neben weiteren Einsätzen in der 3. Liga standen Sie auch noch zweimal im Bundesliga-Spieltagskader der Profis.

Sieb: Die Erfahrungen bei den Profis waren insgesamt einfach der Wahnsinn. Man kann das auch gar nicht so richtig beschreiben wie es ist, wenn plötzlich all diese großen Namen im Training um dich herumstehen. Mit ihnen zu trainieren, gibt dir Mut und Energie. Das macht dich schlichtweg besser und man will nur noch genauso werden wie sie. Ein wirklich unfassbares Gefühl. Auch in der Kabine habe ich Dinge erleben dürfen, die von außen betrachtet ganz anders erscheinen. Es war ein sehr familiärer, aber auch direkter Umgang. Natürlich gab es da auch mal Unstimmigkeiten untereinander, aber es war immer erkennbar, dass alle nur ein Ziel hatten: Sie wollten das Beste für die Mannschaft.

Haben Sie zu einem der Profis anschließend einen engen Draht entwickelt?

Sieb: Nein. Direkten Kontakt hatte man im Alltag nicht. Es waren aber alle sehr nett und hilfsbereit. Ich habe im Training viele Tipps und Anweisungen bekommen, alle dort haben mir schnell die Angst genommen und dadurch konnte ich mein Spiel auf den Rasen bekommen.

Im Winter 2022 wollte Sie Zweitligist Hannover 96 ausleihen. Stimmt es, dass Sie das gerne gemacht hätten, die Bayern Sie aber nicht ziehen ließen?

Sieb: Ja. Durch den Abstieg mit der zweiten Mannschaft spielte ich dort nur noch in der Regionalliga. Es war nicht mein Ziel, in dieser Liga zu bleiben. Ich wäre daher bereit für Hannover gewesen, um zu sehen, ob ich dort überhaupt mithalten kann. Meine Überzeugung war, dass mir das guttun würde. Jochen Sauer, der Leiter von Bayerns Nachwuchsabteilung, wollte mich aber behalten und meinte, ich könnte mich dann in einem halben Jahr nach Saisonende neu orientieren.

Wären Sie denn dann geblieben, wenn Bayern II in die 3. Liga aufgestiegen wäre?

Sieb: Das wäre eine andere Situation gewesen, die ich eventuell anders eingeschätzt hätte. Es war nicht so, dass ich unter allen Umständen in der 2. Liga spielen wollte. Ich wollte nur höher als Regionalliga spielen, da ich das ja auch bereits getan habe. Ich hätte in München auch verlängern können, doch die Regionalliga war nicht mein Anspruch. Ich wollte den nächsten Schritt gehen und von einem Verein einen konkreten Plan vorgelegt bekommen, wie mir der gelingt. Und genau das hat letztlich Fürth getan.

Welche Rolle spielte dabei der Wechsel Ihrer Berateragentur? Kurz zuvor haben Sie ROGON verlassen und werden seitdem von ICM Stellar vertreten.

Sieb: Es stand nicht fest, dass ich nur wegen des Beraterwechsels auch gleich einen neuen Verein finde. Ich wollte dann einfach den Markt neu sondieren und schauen, was für mich möglich ist. Relativ kurzfristig kam dann die Info, dass Fürth eine gute Option für mich sei. Dort wollte man mich unbedingt haben. Ich habe mir das dann vor Ort angeschaut und war schnell überzeugt, dass das zu diesem Zeitpunkt die richtige Adresse für meine Entwicklung ist.

Armindo Sieb will sich in der 2. Bundesliga bei Greuther Fürth beweisen.
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Armindo Sieb will sich in der 2. Bundesliga bei Greuther Fürth beweisen.

Armindo Sieb: Der Traum von Manchester United

Was hat Fürth aus sportlicher Hinsicht geboten, was andere nicht geboten haben?

Sieb: Vor allem ein super Gefühl. Die Gespräche mit den Verantwortlichen und dem Trainer liefen sehr positiv. Auch die Vergangenheit hat gezeigt, dass junge Spieler in Fürth die Chance bekommen, sich zu zeigen und weiterzuentwickeln. Jamie Leweling, der heute bei Union Berlin spielt, ist da nur eines von vielen Beispielen, die ich mir vorher natürlich angeschaut habe.

Bislang standen Sie in sechs der zehn Pflichtspiele in der Startelf. Wo sehen Sie sich denn in fünf Jahren?

Sieb: Ich will zunächst in Fürth als Spieler zu mir selbst finden und mir meine Grenzen aufzeigen, um zu sehen, wie weit es mit mir gehen kann. Natürlich will ich der Mannschaft bestmöglich weiterhelfen und mich dadurch auch selbst weiterentwickeln. Wir sind ein sehr junges Team und haben einen großen Zusammenhalt. Da macht es einfach Spaß. Ich glaube, als Fußballprofi kann man nie sagen, was in fünf Jahren ist. Da gibt es so viele Faktoren. Für mich ist wichtig, immer Spaß an meinem Beruf zu haben. Mein größter Wunsch und auch mein Traum ist es aber, eines Tages in die Premier League zu wechseln.

Und dort dann zu welchem Klub, wenn man einmal von einer idealen Welt ausgehen würde?

Sieb: Mein Traumverein ist eigentlich der FC Barcelona. Vor zwei, drei Jahren habe ich mir aber tatsächlich das Ziel gesetzt, einmal für Manchester United zu spielen und dort Titel zu gewinnen.

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