Einfach in die Bundesliga? Nein, danke

Von Interview: Anant Agarwala
Zurück in Liga 2: Milan Sasic trainierte vor dem MSV Duisburg schon Kaiserslautern und Koblenz
© Getty

Der MSV Duisburg hinkt den eigenen Erwartungen hinterher und baut auf einen neuen Coach. Der Kroate Milan Sasic soll nun den Aufstieg schaffen. Im Interview mit SPOX spricht Sasic über seine Eindrücke vom Team, sein Leben als Praktikant und Respekt für Peter Neururer. Den Abschied aus Kaiserslautern hat er noch immer nicht verdaut.

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SPOX: Vier Trainer in den letzten vier Jahren - Duisburg war zuletzt ein Schleudersitz für Trainer. Herr Sasic, hatten Sie Bedenken, Duisburg zuzusagen?

Milan Sasic: Ehrlich gesagt, nein! Aus dem einfachen Grund, dass ich die Duisburger Führung sehr schätze. Wenn man von so einem Verein ein Angebot bekommt, überlegt man nicht lange. Ich schätze die Tradition dieses Vereins und bin sehr dankbar, dass mir die Verantwortlichen ihr Vertrauen geschenkt haben. Eines kann ich versprechen: ich werde alles in meiner Macht stehende tun, damit der Verein dahin zurückkehrt, wo er hingehört: in die Bundesliga.

SPOX: Ihr Ex-Klub Kaiserslautern steht auf dem 2. Platz. Wie bewerten Sie mit dem gewonnenen Abstand Ihre Entlassung im April? Sind Sie noch traurig?

Milan Sasic: Ja, ich bin noch traurig. Das ist logisch, wenn einem vier Spieltage vor Schluss, nur drei Punkte vom Aufstiegsplatz entfernt, diese Chance genommen wird und man gehen muss. Aber: Ich hatte 15 wunderschöne Monate, 35.000 Zuschauer im Stadion, eine tolle Zusammenarbeit mit den Fans. Am 18. Mai 2008 haben wir gemeinsam den Klassenerhalt gefeiert. Das sind super Erinnerungen. Aber das ist Vergangenheit, jetzt bin ich in Duisburg.

SPOX: Nach Ihren Entlassungen in Koblenz und Kaiserslautern haben Sie sich fortgebildet, beispielsweise den Fußball-Lehrer gemacht. Wie war die Zeit ohne Job?

Milan Sasic: Ich habe meine freie Zeit bestmöglich genutzt. Mein kroatisches Trainer-Diplom wurde hier in Deutschland nicht anerkannt, daher die Ausbildung zum Fußball-Lehrer, die mir riesigen Spaß gemacht hat. Auch die Praktika bei anderen Vereinen - trotz meiner Erfahrung und langjährigen Trainertätigkeit war es sehr interessant zu sehen, wie andere Kollegen arbeiten.

SPOX: Welche Erkenntnisse haben Sie mitgenommen?

Milan Sasic: (lacht) Sie wissen, ich bin von der Kreisliga in die 2. Bundesliga und hatte nie irgendwo ein Praktikum gemacht. Aber das hat mir gut getan. Ich habe viele Erkenntnisse sammeln können über die Art, wie Trainer in Deutschland überhaupt arbeiten und auch von der Gesellschaft gesehen werden. Eine tolle Erfahrung.

SPOX: Zwei Aufstiege mit Koblenz, der sensationelle Klassenerhalt mit dem FCK, den Sie im folgenden Jahr zu einem Aufstiegskandidat geformt haben. Ihr Weg scheint vorgezeichnet Richtung Bundesliga.

Milan Sasic: (lacht) Das sagen Sie.

SPOX: Sehen Sie in Duisburg den richtigen Verein, das Ziel Bundesliga schnellstmöglich zu realisieren?

Milan Sasic: Ein Verein oder ein Trainer ohne Ziele, das wäre fatal. Ich habe noch den Wunsch, eines Tages in die Bundesliga aufzusteigen. In Duisburg decken sich unsere Ziele. Ein Aufstieg ist mir wichtiger, als einfach so in der Bundesliga zu arbeiten.

SPOX: Warum?

Milan Sasic: Mir ist es als Trainer sehr wichtig, dass man meine Arbeit danach beurteilt, in welcher Verfassung ich einen Verein übernommen und in welcher Verfassung ich ihn wieder verlassen habe. Ich denke, wenn man meine Stationen sieht - Koblenz in der Oberliga übernommen und in der 2. Liga verlassen, oder Kaiserslautern, wo kein Mensch mehr an uns geglaubt hat - da weiß man, dass ich gute Arbeit leiste. Ich hoffe, dass das auch so gesehen wird.

SPOX: Klappt der Aufstieg jetzt mit Duisburg?

Milan Sasic: Ob das dieses Jahr klappt, wird man sehen, aber wir werden es versuchen. Es ist nicht leicht, alle Störfaktoren zu kompensieren. Aber es ist alles möglich. Wenn die Verletzten in der Rückrunde zurückkommen und man seriös arbeitet, muss man sehen, was herauskommt.

SPOX: Ihr Debüt hätte besser laufen können. Wie ist Ihre Stimmung zehn Tage nach dem unglücklichen Punktverlust gegen Ahlen?

Milan Sasic: Das war nicht unglücklich, der Ausgleich war aus Sicht von Ahlen verdient. Wir haben in der zweiten Halbzeit absolut zu wenig getan, nur reagiert. Wenn man es dem Gegner erlaubt, in unserem Stadion zu agieren, ist es kein Wunder, wenn man am Ende bestraft wird.

SPOX: Haben Sie schon eine Erklärung für den Leistungseinbruch in Halbzeit zwei?

Milan Sasic: Mit Sicherheit. Wir haben das Spiel, aber auch die Gesamtsituation, sehr gründlich analysiert. In der Videoanalyse haben wir viele Szenen gezeigt, in denen wir uns - vor allem nach der Pause - falsch verhalten haben.

SPOX: Falsche Einstellung oder fehlende Kraft: Woran hat es gelegen?

Milan Sasic: Sie wissen selbst, wie schnell einem die Dinge falsch ausgelegt werden, daher bin ich in solchen Fragen sehr vorsichtig. Ich habe großen Respekt vor meinem Kollegen Peter Neururer und möchte nicht, dass da falsche Schlüsse gezogen werden. Daher spreche ich diese Dinge nur intern an.

SPOX: "Sasic-Fußball" stand immer auch für defensive Disziplin, ihre Mannschaften haben stets wenig Gegentore gefangen. Duisburg hat jetzt nach zwölf Spielen schon 20 Gegentore, das kann nicht in Ihrem Sinne sein.

Milan Sasic: Mehr Chancen erspielen, weniger zulassen: das muss die Tendenz sein. Letzte Saison hatte ich mit Kaiserslautern die besten Werte der ganzen Liga: Wir haben die wenigsten Torschüsse zugelassen und am häufigsten aufs Tor geschossen. Das sieht jetzt beim MSV anders aus, daran müssen wir arbeiten. Das Verhalten ohne und mit Ball ist gleichermaßen wichtig, um Gegentore zu verhindern. Das gilt natürlich auch für Standards.

SPOX: Im Kurztrainingslager in Bad Kreuznach hatten Sie die Gelegenheit, intensiv zu arbeiten. Wie lautet ihr Fazit?

Milan Sasic: Wir sind dorthin gefahren, um uns kennenzulernen. Leider fehlen einige wichtige Spieler wie Larsen, Wagner, Korzynietz oder Bodzek. Das ist ein Störfaktor. Ich bin aber insgesamt sehr zufrieden, wie die Jungs mitgezogen haben.

SPOX: Wie beurteilen Sie die Stimmung innerhalb der Mannschaft?

Milan Sasic: Die Jungs sind bereit, Gas zu geben, sie wollen arbeiten. Ich erlebe eine sehr, sehr positive Stimmung. In meinen Augen haben wir eine fast zu harmonische Atmosphäre. Ich bin ein Typ, der es auf dem Platz nicht immer harmonisch haben muss. Es sollte hart, aber absolut fair gearbeitet werden. Ich möchte noch mehr Wucht und Siegeswillen sehen.

SPOX: Nachdem Nürnberg, Freiburg und Mainz in die Bundesliga zurückkehrten, hieß es vor der Saison, es sei noch nie so leicht aufzusteigen, wie dieses Jahr. Wie schätzen Sie die Lage jetzt ein?

Milan Sasic: Ich will weniger sprechen und versuchen, mehr zu tun. Wir wollen jetzt Maßnahmen ergreifen, um die Rückrunde gut zu gestalten. Wenn man sieht, dass außer Bielefeld die Absteiger aus der Bundesliga und auch Geheimfavoriten wie 1860 München nicht das leisten, was man erwartet hat, kann man von aber einer ausgeglichenen Liga sprechen. Wird es deshalb einfach aufzusteigen? Nein, einfach wird es nicht.

SPOX: Die Mittelstürmer Sören Larsen und Sandro Wagner fallen aus - Ben-Hatira, Ede, Sahan oder Caiuby kommen eher über außen. Sehen Sie da Handlungsbedarf für die Winterpause?

Milan Sasic: Es wäre unfair, schon über neue Spieler nachzudenken. Ich habe immer ohne große Forderungen gearbeitet. Wenn wir im Verein aber alle zusammen - also die wirtschaftliche, politische und sportliche Seite - und der Meinung sind, etwas tun zu müssen, werden wir darüber nachdenken.

SPOX: Nach Larsens Verletzung gegen Ahlen ging nicht mehr viel beim MSV. Wagner wird seit Wochen schmerzlich vermisst.

Milan Sasic: Unsere Verpflichtung ist es, ihr Fehlen zu kompensieren. Natürlich sind Wagner und Larsen Klassestürmer. Dass sie uns fehlen, hat man gegen Ahlen gesehen. Aber mein Motto ist, nicht darüber zu diskutieren was man nicht hat. Und daran halten wir uns auch.

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