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WM-Ball-Entwickler Hundacker im Interview: "Für die Torhüter sollten Schüsse berechenbarer werden"

Von Johannes Ohr
Oliver Hundacker ist der Entwickler des neuen WM-Balls.
© adidas

Der offizielle Spielball der WM 2022 in Katar stammt wieder aus dem Hause Adidas. Was kann der neue Ball, wie lief die Entwicklung ab? SPOX und Goal sprachen mit Entwickler Oliver Hundacker und Franziska Löffelmann über das neue Spielgerät.

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"Al Rihla" heißt der neue Spielball von Adidas, der während der Endrunde vom 21. November bis zum 18. Dezember in Katar zum Einsatz kommen wird.

"Wir haben nach dem WM-Finale 2018 mit der Entwicklung angefangen, arbeiten also schon zwei bis drei Jahre an dem Ball", berichtet Franziska Löffelmann (Design Director - Football Graphics & Hardware) im Gespräch mit SPOX und GOAL.

"Der Profispieler und dessen Feedback und Bedürfnisse sind unsere Bibel. Die wollen wir erfüllen, tun unser Bestes, dass wir dem gerecht werden. Je besser unser Partner ist, desto besser wird auch das Spiel."

Wie "Al Rihla" dazu beitragen soll, erklärt Oliver Hundacker (Senior Director - Football Product Development) im Interview.

Herr Hundacker, wird Deutschland mit dem neuen Ball Weltmeister?

Oliver Hundacker: Das wünschen wir uns natürlich. Wir haben auf alle Fälle dafür gesorgt, dass der Ball sehr gut getestet wurde. Wir waren mit über 350 männlichen und weiblichen SpielerInnen im Testprozess, sind auf verschiedene Kontinente gereist, um Feedback zu bekommen. Alle teilnehmenden Mannschaften sollten die Gelegenheit haben, mit dem Ball zu trainieren und sich vorzubereiten.

Wie war das Feedback der Profis - und welche Stars waren daran beteiligt?

Hundacker: Das Feedback war generell sehr positiv. Am meisten hat uns gefreut, dass viele Spieler nicht bereit waren, den Ball wieder zurückzugeben, weil sie weiterhin mit ihm spielen wollten. Wir haben sehr intensiv getestet, mit Klubs wie Bayern München, Manchester United oder Real Madrid, sowohl auf der Frauen- wie auch auf der Männerseite. Natürlich kommen dann viele Weltklassespieler mit dem Ball in Kontakt. Wir möchten aber niemanden spezifisch herausheben, weil am Ende das allgemeine Feedback entscheidend ist.

Sie sagen, der Ball sei der schnellste und in der Flugbahn präziseste der WM-Geschichte. Können alle Torhüter aufatmen, weil der Ball nicht flattert - oder müssen sie sich trotzdem warm anziehen?

Hundacker: Das war genau das Ziel. Dass wir sowohl einen Ball machen, der zwar bessere Flugeigenschaften hat und schneller fliegt, damit aber auch für eine konsistentere und präzisere Flugbahn sorgen. Durch das neue Panel-shape wird sich die Rotation limitieren, dadurch sollten die Schüsse berechenbarer für den Torhüter werden.

Gleichzeitig soll ein stärkerer Effet möglich sein. Sind Traumtore mit dem Ball garantiert?

Hundacker: Der Effet hängt stark von den fußballerischen Fähigkeiten des Spielers ab, also in welchem Bereich er den Ball beim Schuss trifft. Dadurch entstehen Turbulenzen und der Ball wird in eine bestimmte Richtung getrieben. In Sachen Traumtore kommt es also auf die persönlichen Stärken des Spielers an.

Früher spielte man noch mit einem schweren Lederball. Heute stecken die Bälle voller Hightech. Wie bewerten Sie die Evolution des Spielgerätes?

Hundacker: Als kleiner Junge hatte ich 1978 zum ersten Mal die Möglichkeit, mit dem Tango Durlast zu spielen. Es gab einen Jungen in der Nachbarschaft, der diesen Ball hatte. Natürlich waren wir da alle sehr happy. Mittlerweile sind wir über mehrere Generationen beim Al Rihla angelangt. Wir haben heutzutage technische Möglichkeiten, die es damals so einfach nicht gab. Da sprechen wir über Tests im Windkanal, Schussroboter, Highspeed-Kameras, die die Flugbahn aufnehmen und Geschwindigkeiten messen. Wir können heute schon sehr viel präziser voraussagen, wie sich das Sportgerät verhalten wird.

Was ist technisch gesehen bei der Entwicklung eines Balles überhaupt noch möglich?

Hundacker: Ich denke, dass wir irgendwann schon an ein Ende kommen, was die physikalischen Eigenschaften angeht. Wir haben heute schon einen sehr runden Ball, der sehr schnell und sehr konsistent durch die Luft fliegt. Unsere nächste große Herausforderung wird sein, dass wir noch nachhaltiger werden.

In Katar herrscht bei der WM eine Gluthitze. Haben die Temperaturen bei der Entwicklung auch eine Rolle gespielt?

Hundacker: Ja. Wir haben den Ball und das Material getestet, weil wir schon davon ausgehen, dass die Materialien mit großer Hitze konfrontiert werden.

Welcher ist Ihr persönlicher Lieblings-WM-Ball?

Hundacker: Mein persönlicher Favorit ist schon der Al Rihla. Das erste Mal verantwortlich war ich für den Telstar. Wir machen technisch jetzt schon noch einmal einen großen Schritt nach vorne. Rein von der innovativen Seite finde ich das sehr gelungen, was wir präsentieren können.