WM

Prandelli zürnt und zetert nach WM-Aus

SID
Geschlagener Ex-Weltmeister: Darmian (l.) und Chiellini schleichen vom Platz
© getty

Italiens Fußball steht nach dem bitteren WM-Aus vor einem Scherbenhaufen. Trainer Cesare Prandelli verabschiedete sich mit einem verbalen Rundumschlag.

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Erst bekam Mario Balotelli sein Fett weg, dann die italienischen Journalisten und ganz am Schluss sogar die Fans: Als Cesare Prandelli seinen denkwürdigen Rundumschlag nach dem WM-Aus der italienischen Nationalmannschaft beendet hatte, herrschte für einen Moment ungläubige Stille. Dann erhob sich der "Mister", zog seinen dunklen Anzug gerade und verabschiedete sich durch die Seitentür. Wahrscheinlich für immer.

Vorausgegangen war eine teilweise absurde Pressekonferenz. "Ich übernehme die Verantwortung und trete zurück", sagte Prandelli und schaute hinüber zum Verbandspräsidenten. "Ich trete auch zurück", sagte Giancarlo Abete, "hoffe aber, dass Cesare seine Entscheidung überdenkt." Darauf Prandelli: "Mein Entschluss steht ebenso fest wie der von Giancarlo."

Was Prandelli auf die Palme brachte, war nicht nur das lustlose 0:1 (0:0) gegen Uruguay und das erneute WM-Aus nach der Vorrunde. Der 56-Jährige beklagte vor allem den Umgang mit ihm nach der im Frühjahr erfolgten Vertragsverlängerung. Italienische Medien hatten das Millionen-Gehalt Prandellis in Zeiten der wirtschaftlichen Krise hinterfragt und zudem von Zahlungen an der Steuer vorbei berichtet.

"Ich bin kein Dieb!"

"Ich weiß nicht, was nach der Vertragsverlängerung passiert ist, aber plötzlich wurden wir beleidigt, wir wurden behandelt wie eine politische Partei", sagte Prandelli und blickte ernst in die Runde: "Uns wurde vorgeworfen, dass wir dem Staat Geld wegnehmen. Ich habe immer meine Steuern gezahlt und bin mit erhobenem Kopf gegangen. Ich möchte nicht, dass jemand sagt, dass ich ein Dieb bin."

Fertig war der Coach damit noch lange nicht. Gefragt nach Stürmer Balotelli, der erneut eine ganz schwache Leistung zeigte, sagte Prandelli: "Balotelli war Teil des Projektes, und es war kein siegreiches Projekt." Italienischen Medien zufolge wartete die gesamte Mannschaft nach der Pressekonferenz auf ihren Trainer, nur Balotelli saß bereits alleine im Bus.

Italienische Presse vernichtend

Von der italienischen Presse erhielt Balotelli denn auch die erwartet vernichtenden Kritiken. "Ein Desaster", titelte die Gazzetta dello Sport. Und der Corriere dello Sport schrieb: "Balotelli zeigt das Schlechteste von sich: Er wandelt verschlafen und ziellos auf dem Spielfeld. Mario muss wieder an Schwung gewinnen und einen Neubeginn schaffen: Ohne Tweets und mit klarem Kopf."

Derweil beklagte beklagte Prandelli auch den fehlenden Rückhalt in der Bevölkerung. "Wir sind ausgepfiffen worden, Leute haben bei der Nationalhymne gelacht, und jetzt soll das ganze Land plötzlich hinter uns stehen?", fragte der Coach, der 2010 das Erbe von Marcello Lippi angetreten hatte, rhetorisch.

Buffon: Kein Wort von Abschied

Tief enttäuscht waren indes auch die Spieler, die nach dem guten Auftakt gegen England (2:1) keinen einzigen Punkt mehr holten. "Für uns als Spieler, als Team und als Land ist das heute ein sehr trauriger Tag. Wir haben versagt. Wir müssen jetzt diese WM aufarbeiten", sagte Torhüter Gianluigi Buffon und übte unverhohlen Kritik an den jüngeren Spielern. Angesprochen fühlen durfte sich allen voran Balotelli (23).

"Oft hört man, dass es zu einem Wechsel kommen sollte, dass Buffon, Pirlo, De Rossi, Chiellini und Barzagli alt sind. Die Wahrheit ist, dass diese Spieler immer in der ersten Reihe sind, wenn es ums Arbeiten geht. Man muss sie ein bisschen mehr respektieren, nicht nur wegen dem, was sie einmal waren, sondern wegen dem, was sie heute noch sind", sagte Kapitän Buffon (36), der das Wort "Abschied" vermied.

Ob Spieler der alten Garde abtreten werden, blieb nach der Pleite von Natal zunächst offen. Sicher war nach dem denkwürdigen Abend nur: Cesare Prandelli wird für einen Neuanfang nicht zur Verfügung stehen. "Vielen Dank", sagte der Coach zum Abschied - und ging seines Weges.

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