WM

Sex auf allen Ebenen

Von Andreas Lehner
Die spanische Nationalmannschaft beim Training in Brasilien
© getty

Spanien muss vor dem Halbfinale gegen Italien (21 Uhr im LIVE-TICKER) Gerüchte um eine wilde Partynacht mit Strip-Poker entkräften. Der Sex ist zurück bei der Seleccion, auch auf dem Platz.

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Auf Pressekonferenzen vor Fußballspielen wimmelt es oft von Platitüden. Jeder will gewinnen, über die Mannschaftsaufstellung wird sowieso nicht geredet und Fragen abseits des Sportlichen werden nicht beantwortet. So geht das meistens.

Nicht so beim Confederations Cup 2013 in Brasilien. Da sind zum einen die Proteste, die das Gastgeberland seit Tagen bewegen und die auch die brasilianische Nationalmannschaft nicht kalt lassen. Als die brasilianischen Nationalspieler ihre eindeutige Meinung mitteilten und sich mit den Demonstranten solidarisierten, ging die FIFA nicht dazwischen.

Diebstahl? Strip-Poker? Kein Kommentar!

Es war doch überraschend, dass der sonst so gestrenge Weltverband diese Politisierung der offiziellen Pressekonferenzen zuließ, auch wenn es die einzig richtige Entscheidung war. Und auch beim Termin der spanischen Nationalmannschaft drehte sich viel um ein in doppelter Hinsicht unsportliches Thema.

Die Seleccion sieht sich dem Vorwurf des brasilianischen Online-Portals "Globo Sport" ausgesetzt, nach dem ersten Gruppenspiel gegen Uruguay (2:1) im Teamhotel eine wilde Partynacht mit leichten Mädchen und Strip-Poker veranstaltet zu haben.

Die Damen sollen dann mit rund tausend Euro in den Taschen verschwunden sein. Von einem Diebstahl war zunächst die Rede, den die FIFA sogar bestätigte. Raul Jimenez, Sicherheitschef der spanischen Delegation, und Hotel-Chef Eduardo Babosa bestritten den Diebstahl. Die Stiuation ist also verworren, von Anfang an. Die FIFA will sich mit Verweis auf die andauernden Untersuchungen nicht mehr äußern.

Verteidigungsrede für eine ganze Nation

Sergio Ramos nutzte die Pressekonferenz vor dem Italien-Spiel allerdings zu einem flammenden Plädoyer und einer Verteidigungsrede einer ganzen Nation.

"Man darf mit dem Ruf eines Landes wie Spanien, das ein sehr sauberes Image hat, nicht spielen. Und man darf auch nicht mit unseren Familien, Frauen und Kindern spielen", mahnte Ramos: "All das in Frage zu stellen, in dem man eine solche Story erfindet, ist etwas sehr Ernstes."

Er bat die FIFA, "den Lügner zu entlarven, der sich auf Kosten der Spieler einen Namen zu machen versucht, die in den vergangenen fünf Jahren bewiesen haben, dass sie die besten der Welt sind".

Das Bild vom Sex

Die Vorwürfe gegen die Seleccion, ob nun wahr oder falsch, sind das große Thema vor der Neuauflage des EM-Endspiels von 2012, das die Spanier mit 4:0 für sich entschieden. Und ob man will oder nicht, passt das Bild vom Sex nur zu gut zur spanischen Nationalmannschaft.

Der Welt- und Europameister musste während des Turniers in Polen und der Ukraine viel Kritik einstecken. Der Spielstil von Xavi, Iniesta und Co. sei langweilig geworden, das ewige Passspiel ermüdend und wenig attraktiv.

Italiens Presse schrieb von "taktischer Masturbation", Ex-Bayern-Profi Bixente Lizarazu meinte: Es ist ein bisschen wie Liebe, nur ohne Sex."

Del Bosques kleine Revolution

Doch der Sex ist zurück. Vor allem im Auftaktspiel gegen Uruguay überzeugte die Seleccion auf ganzer Linie. Die "Marca" sah sogar das beste Spanien seit der EURO 2008. Beim Kontinentalturnier in Österreich und der Schweiz startete die spanische Hegemonie.

Nationaltrainer Vicente del Bosque ist mit zwei Änderungen zum Confed Cup gereist. Aufgrund der Verletzung von Xabi Alonso hat er die Doppelsechs aufgelöst und das Barca-Mittelfeld mit Xavi, Iniesta und Sergio Busquets aufgeboten.

Dazu kommt ein echter Stürmer. Im Land, das die Wiege der falschen Neun ist, und in dem so häufig und heftig wie nirgendwo anders über die Berechtigung eines Mittelstürmers diskutiert wird, ist dies eine gravierende Neuigkeit. Zweimal hieß der Angreifer Roberto Soldado, gegen Tahiti Fernando Torres.

Dahinter haben Pedro und Cesc Fabregas alle Freiheiten, nur in der Defensive besetzen sie eine der Außenpositionen. Die kollektive Arbeit in der Balleroberung ist ohnehin wieder beeindruckend.

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Am besten mit zehn Mittelfeldspielern

Del Bosque hat das Spiel der Spanier mal wieder erneuert, auch wenn der bescheidene Weltmeistertrainer daraus keine Wissenschaft machen will. "Wir sind eine Mannschaft, die gut spielt und viel Ballbesitz hat", sagt Del Bosque. "Und wir haben auch Tiefe. Ich glaube, wir haben mehr Tiefe in unserem Spiel als in den vergangenen Jahren."

Dies war einer der Hauptvorwürfe gegen die Spanier, dass ihrem Ballbesitzspiel die Zielstrebigkeit abhanden gekommen sei. Del Bosque hat angekündigt, auch gegen Italien mit einem echten Mittelstürmer aufzulaufen. Torres hat gute Chancen, für Soldado in der Startelf zu stehen.

Dennoch legt Del Bosque viel Wert darauf, dass auch Fabregas eine Neun sei. "Vielleicht nicht im traditionellen Sinne, aber Fabregas hat schon mehrmals bewiesen, dass er ein Torjäger ist."

Am besten wäre Spanien, so sagt Del Bosque, "wenn wir zehn Mittelfeldspieler auf dem Platz hätten."

Der Kader Spaniens beim Confed Cup 2013