Ousmane Dembele nach dem Barca-Aus: Ein prädestinierter Newcastle-Transfer

Von Fatih Demreli
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© getty

Ousmane Dembele muss den FC Barcelona sofort verlassen. Während der Franzose mit seiner Karriere spielt und nicht allzu viele lukrative Optionen zu haben scheint, setzt Barca seinen neuen Weg konsequent fort.

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So lange ist es gar nicht her. Erst im November 2021, also vor knapp zwei Monaten, setzte Xavi Hernandez zu einem Monolog an, um all sein Lob und seine Liebesbekundungen über Ousmane Dembele loszuwerden.

"Er könnte der beste Spieler der Welt auf seiner Position sein", sagte der Trainer des FC Barcelona. "Für mich ist Ousmane von grundlegender Bedeutung." Xavi sprach über das "Potenzial" Dembeles, "ein Weltklassespieler für den FC Barcelona" zu sein. Er sei einfach "spektakulär"!

Ein paar Tage später lobte er Dembele nach einem Spiel gegen Benfica in der Champions League, als der 24 Jahre alte Außenbahnspieler nach Einwechslung den Turbo zündete und nicht mehr stehen blieb. "Die Gegenspieler hatten Angst vor ihm", so Xavi damals voller Begeisterung.

Keine Win-win-Situation

Geblieben ist davon nichts mehr. Ja, Dembele ist immer noch ein großes Versprechen, der - wenn er denn gesund ist und Lust hat - auf Çüş-Niveau (Türkische Umgangssprache für Wow, Anm. d. Red.) Fußball spielt, wie es Serge Gnabry und Leroy Sane in der Amazon-Doku über den FC Bayern ausgedrückt hatten.

Aber Xavi spricht nicht mehr darüber. Kein Lob, keine Liebesbekundung, kein Çüş. "Entweder er verlängert oder es muss eine Lösung mit einem sofortigen Verkauf gefunden werden", sagte Xavi am Mittwoch. Ein ganz anderer Ton als noch im Herbst. Einen Tag später verkündete der Klub offiziell, dass Dembele nicht verlängert und er den Klub sofort verlassen müsse.

Eine Win-win-Situation hat sich zunächst nicht ergeben. Barcelona verliert einen Spieler, den der Trainer beim Neuaufbau gerne behalten hätte. Aber es ist nur konsequent, dass es so kommt. Dazu aber später mehr. Dembele dagegen verliert einen Arbeitgeber, den man gerne in die Signatur schreibt. Dass er nun sofort gehen soll, erschwert die Aufgabe seines umtriebigen Beraters Moussa Sissoko einen ähnlich hochdekorierten Arbeitgeber zu finden.

Ousmane Dembele hat nicht viele Optionen

Wer zahlt schon in Corona-Zeiten eine hohe Ablöse für einen Spieler, der im Sommer frei zu haben ist und dessen Gehalt dem FC Barcelona zu hoch war, obwohl man in eigenen schwierigen Zeiten an die Grenze gegangen ist? Beim aktuellen Informationsstand ist es ein einziges Ratespiel mit willkürlicher Namensnennung, wohin es Dembele im Winter ziehen könnte.

Paris Saint-Germain, das immer wieder genannt wird, hat aktuell genug teure Spieler auf der sogenannten Payroll. Und das Financial Fairplay guckt ja auch zu. Manchester United wird auch häufig genannt, hat aber auf den Außenpositionen viele Spieler, die auch selbst viel gekostet haben (Jadon Sancho) und erst noch hinbekommen werden müssen. Juventus kann etwas Tempo gebrauchen, aber auch die Kohle. In Inters System passt er nicht.

Bleibt man beim Namedropping, scheinen zwei Optionen für den Winter - und vielleicht auch für den Sommer - übrig zu bleiben. Da ist zum einen der FC Chelsea, das Ausschau nach Flügelspielern halten soll. Vielmehr für die Blues könnte allerdings der Trainer sprechen. Thomas Tuchel kennt Dembele aus gemeinsamen Zeiten bei Borussia Dortmund und hat in dieser Zeit großen Eindruck auf den Franzosen hinterlassen.

Dembele: "Wäre Thomas Tuchel in Dortmund geblieben..."

Im April vergangenen Jahres sprach Dembele in einem Interview mit Bein Sports über Tuchel und schwärmte: "Thomas Tuchel ist mein Lieblingstrainer. Unter ihm habe ich mehr auf der rechten Seite gespielt, bevor ich auf die Zehn oder in die Mitte versetzt wurde." Und: "Wenn er geblieben wäre, wäre es sehr schwer gewesen, Dortmund zu verlassen. Ich hätte es wohl nicht getan."

Nicht schlecht für einen Trainer, dem man damals Schwächen im Umgang mit schwierigen Spielern attestierte. Sollte es welche gegeben haben, hat er sie spätestens in Paris abgelegt. Tuchel könnte einen Spieler wie Dembele betreuen. Ob aber die Chelsea-Bosse im Winter bereit sind, weitere Millionen locker zu machen, obwohl man schon im Sommer allein für Romelu Lukaku mehr als 120 Millionen Euro investierte, ist strittig.

Das Geld hätte Newcastle United. Seit dem Einstieg der saudi-arabischen Investoren sogar sehr viel davon, aber wie wenig attraktiv der Klub für Top-Spieler gerade ist, merkt der Abstiegskandidat in der aktuellen Wintertransferperiode, in der man nur schwerlich vorankommt, neue und fähige Spieler zu rekrutieren.

Dembele spricht von Erpressung

Newcastle-Angreifer Allan Saint-Maximin fragte die Twitter-Transfer-Posaune Fabrizio Romano kürzlich selbst, ob Evertons Lucas Digne zu Newcastle kommt. Der Linksverteidiger unterschrieb aber dann bei Aston Villa. Doch die Magpies müssen etwas machen: Sportlich, weil es aktuell düster aussieht, aber auch für das Image.

Nachhaltige Personalpolitik mit Geduld zur Entwicklung und Förderung wurde den Saudis bisher nicht nachgesagt. Wenn man also einen spektakulären Mann vom FC Barcelona bekommen kann, zahlt man sicher auch gerne über den Marktpreis. Dembele sozusagen ein prädestinierter Newcastle-Transfer.

Dembele muss sich nun entscheiden, ob er ein Spieler auf Weltklasse-Niveau sein will und bei einem entsprechenden Klub spielt oder ob er ab sofort in den Wanderzirkus einsteigt und den Anfang mit Newcastle macht. Jedenfalls hat er mit seiner Abrechnung bei Instagram gezeigt, in der er Barcelona unter anderem "Erpressung" vorwirft, dass er die Töne seines Beraters anschlägt und die Spekulationen, wonach es Sissoko war, der die Trennung provozierte, im Keim erstickt.

Der FC Barcelona spart drastisch

Barcelona muss zwar den Abgang eines immer noch spannenden Spielers spätestens im Sommer verkraften, aber gibt auch einen Spieler auf, der seit 2017 weit über 100 Pflichtspiele verpasste und der damaligen Investition von knapp 140 Millionen Euro nie gerecht wurde. Magische Momente wie gegen Benfica, ein Spiel, das Barca übrigens nicht mal gewann, gab es zu selten.

Zum einen ist es bitter, dass man so einen Spieler womöglich nun ablösefrei verliert und ihn bis Sommer fürs Warmhalten weiterbezahlt. Auf der anderen Seite ist es konsequent, dass Barcelona nicht auf die überzogenen Forderungen eingegangen ist. Der Klub setzt seine Aufräumarbeiten fort. Die drei höchsten Investitionen der vergangenen fünf Jahre sind weg oder sollen spätestens im Sommer weg sein: Neben Dembele, der im Sommer 2017 kam, sind das Coutinho, der ebenfalls 2017 für 135 Millionen Euro kam sowie Antoine Griezmann, der 2019 noch 120 Millionen Euro kostete. Coutinho (Aston Villa) und Griezmann (Atletico Madrid) sind mit Kaufoptionen verliehen. Fast unmöglich, dass sie im Sommer wieder da sind.

Nimmt man die (ungewollte?) Sparmaßnahme Lionel Messi hinzu, hat sich die Ausgabenseite beim FC Barcelona drastisch verändert. Selbst ein Perspektivspieler wie Yusuf Demir (19), der Barcelona bei einem weiteren Pflichtspiel-Einsatz lediglich zehn Millionen Euro gekostet hätte, ist zurück nach Wien geschickt worden. Jeder Stein wird umgedreht.

Bei einem horrenden Schuldenberg wohl deutlich zu spät, aber zumindest ist das Bestreben deutlich sichtbar. Das Bestreben, dass man über den Barcelona-Fußball bald wieder Çüş sagt.

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