Italien-Legionär Oliver Kragl im Interview: "Pablo, leck mich am Arsch. Ich hau ab!"

Von Dennis Melzer
Oliver Kragl im Spiel gegen Red Bull Salzburg.
© imago images
Cookie-Einstellungen

Ihre nächste Station, im Sommer 2017, war Crotone. Warum sind Sie dort nur ein halbes Jahr geblieben?

Kragl: Davide Nicola, der aktuell den FC Genua trainiert, wollte mich unbedingt haben. Obwohl ich mich in meinen letzten Monaten bei Frosinone erneut am Meniskus verletzt hatte. Nach meinem Wechsel zu Crotone schmerzte mein Knie aber immer noch regelmäßig, ich kam einfach nicht in Tritt. Die Verantwortlichen haben mir meine Probleme aber nicht abgekauft und mich der Lüge bezichtigt. Ich bin zweimal in die Klinik gefahren und habe den Ärzten gesagt, dass sie mein Knie aufmachen sollen. Sie haben festgestellt, dass bei meiner OP offenbar etwas schiefgelaufen war. Als ich zurückkehrte, lief es zunächst gut. Dann hatte Nicola keinen Bock mehr und hat den Klub verlassen.

Warum?

Kragl: Er wollte sich von der Führungsetage nicht mehr vorschreiben lassen, wen er aufzustellen hat. Auf Nicola folgte Walter Zenga, der bei Inter Mailand zur Torwartikone wurde. Das war ein richtiges Arschloch. Er hat mir immer wieder versprochen, dass er mich spielen lässt, aber sein Versprechen nie gehalten. Zenga hat mich nur verarscht. Vielleicht haben ihm einfach die Eier gefehlt, sich gegen die Vereinsbosse durchzusetzen. Ich behaupte, dass ich mich selbst gut einschätzen kann - und in dieser Mannschaft hätte ich spielen müssen. Wenn Crotone Franck Ribery auf der linken Außenbahn gehabt hätte, hätte ich keine Ansprüche gestellt. Aber das war natürlich nicht der Fall. Am letzten Spieltag vor den Winterferien durfte ich gegen Milan noch ein paar Minuten spielen und habe mich empfohlen. Ich habe mich gefreut, weil ich nach der Pause durchstarten wollte. Zwei Tage später war ich in Dubai und mein Berater rief an. Er informierte mich darüber, dass Crotone mich loswerden wolle. Ich habe gesagt: "Alles klar, f**** Euch, ich bin sofort weg!"

Harte Worte.

Kragl: Ich habe damals ein Wut-Interview gegeben und geriet in die Schlagzeilen. Das hat mich aber nicht gestört. Ich weiß, was ich kann und lasse mich nicht verarschen.

Kragl über seine Frau Alessia Macari und Selfies bei McDonalds

Ihren nächsten Arbeitgeber schienen Sie mit Ihrem Interview nicht abgeschreckt zu haben. Foggia lieh Sie zunächst für eine halbe Saison aus und verpflichtete Sie im Juli 2018 fest. Gab es damals auch andere Optionen?

Kragl: Ich hatte mehrere Angebote aus der Serie B. Auch Bari war an mir interessiert. Ich bin aber zu Foggia gewechselt, weil der Verein Hilfe benötigte. Foggia war Vorletzter, als ich ankam. Am Ende der Saison verpassten wir nur knapp die Playoffs. Nach der Saison ging mein Trainer Giovanni Stroppa ausgerechnet zu Crotone. Und raten Sie mal, wen er mitnehmen wollte!

Sie?

Kragl: Richtig. Die Klubbosse hatten in der Zwischenzeit meinen Berater kontaktiert. Er sollte mir ausrichten, dass Crotone bereit wäre, mich zurückzunehmen, wenn ich mich für meine Aussagen entschuldige. Das muss man sich einmal vorstellen! Ich habe meinem Berater gesagt, dass ich mich selbstverständlich für gar nichts entschuldige. Ich blieb also bei Foggia, obwohl ich gerne mit Giovanni Stroppa weitergearbeitet hätte. Was dann kam, war sehr ärgerlich.

Und zwar?

Kragl: Vor der Spielzeit 2018/19 kam heraus, dass Foggias Präsident Schwarzgeld gewaschen hatte. Aufgrund dessen starteten wir mit minus acht Punkten in die Saison und stiegen mit einem Zähler Rückstand aufs rettende Ufer ab. Danach ging der Verein pleite und ich heuerte bei Benevento an.

In Italien sind Sie nicht nur als Fußballer bekannt, sondern auch wegen Ihrer berühmten Ehefrau Alessia Macari. Sie gewann bei der italienischen Version von Promi Big Brother, hat mehr als eine Million Follower bei Instagram. Wie haben Sie sich kennengelernt?

Kragl: Als ich in Frosinone gespielt habe, besorgte mir ein Kumpel Alessias Nummer. Dann habe ich ihr bei Whatsapp geschrieben. Auf ein Treffen musste ich aber ein Jahr lang warten.

Sie hat einmal erzählt, dass Sie bei Whatsapp sehr hartnäckig waren. Stimmt das?

Kragl: Absolut (lacht). Ich habe ihr alle paar Wochen geschrieben, um zu testen, ob ich Chancen habe. Ich erhielt nie eine Antwort. Nach einem Jahr hat sie sich tatsächlich mit mir getroffen. Seitdem haben wir uns nicht mehr losgelassen.

Wie hat man sich einen gemeinsamen Stadtbummel oder Restaurantbesuch vorzustellen?

Kragl: In Benevento ist es ziemlich ruhig. Aber als wir noch in Foggia gelebt haben, konnten wir kaum vor die Tür gehen. Sofort kamen die Menschen und wollten Selfies machen. Das ist auf der einen Seite schön, andererseits auch manchmal unangenehm. Vor allem, wenn wir gemeinsam im Restaurant sind und 20 Leute uns umzingeln. Da wird das Essen kalt! Ich war eines Tages alleine bei McDonalds. Die Arbeiter dort kannten mich schon, weil ich häufiger vorbeigeschaut habe. Ich saß in meiner Ecke und plötzlich stürmten 50 bis 60 Fans auf mich zu. Der Restaurantmanager hat ihnen gesagt: "Lasst ihn in Ruhe essen, wenn er fertig ist, kommt er raus und macht Fotos mit Euch."

Kragl: "Natürlich geht es bei uns Fußballern auch ums Geld"

Wie ist es um die Klatsch-und-Tratsch Schlagzeilen in Italien bestellt?

Kragl: Da steht ganz schön oft Blödsinn drin.

Ist der angebliche Streit mit anschließendem Polizeieinsatz während Ihrer Hochzeitsnacht auch Blödsinn?

Kragl: Kompletter Blödsinn. Da wollte sich jemand wichtigmachen und hatte vielleicht die Aussicht auf einen Job bei einer größeren Zeitung.

Wenn Sie Ihre turbulente Karriere Revue passieren lassen: Gibt es etwas, das Sie bereuen?

Kragl: Man weiß nie, wie meine Karriere verlaufen wäre, wenn ich andere Entscheidungen getroffen hätte. Aber es gibt nichts, das ich konkret bereue. Ich bin glücklich verheiratet, lebe in Italien, spiele in der kommenden Saison hoffentlich wieder in der Serie A. Ich verdiene nicht schlecht und bin gesund. Was möchte ich mehr?

Könnten Sie sich vorstellen, eines Tages wieder in Deutschland zu spielen?

Kragl: Ich werde in wenigen Wochen 30 Jahre alt. Ich muss zwangsläufig an später denken. Wenn ein Klub, egal woher, mir drei Millionen Euro im Jahr zahlen würde, dann würde ich vermutlich zusagen. Ich fühle mich zwar sehr wohl in Italien, bin bei diesem Thema offen und ehrlich. Natürlich geht es bei uns Fußballern auch ums Geld.