Schwere Ausschreitungen in Rom

SID

Rom - Nach dem gewaltsamen Tod eines Fußballfans ist es in Italien am 11. November zu schweren Ausschreitungen gekommen. Bei den Krawallen in Rom gab es nach neuesten Polizeiangaben 40 Verletzte. Drei Personen wurden festgenommen.

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Randalierer griffen Polizeidienststellen an, setzten mehrere Autos und einen Bus in Brand und zerstörten am Sitz des Nationalen Olympischen Komitees Italiens (CONI) Marmorskulpturen, die Countdown-Uhr für die Spiele in Peking 2008 sowie Büroeinrichtungen.

Zuvor hatten sich bereits mehrere hundert Fans Straßenschlachten mit Sicherheitskräften rund um das Stadion geliefert, wo zuvor die Partie AS Rom gegen US Cagliari abgesagt worden war. Mindestens zehn Polizisten wurden verletzt. Auch in anderen italienischen Städten kam es zu Ausschreitungen.

Rangelei endet tödlich 

Auslöser der Krawalle war der Tod eines Lazio-Rom-Fans. Der 26-Jahre alte Mann war auf dem Weg zum Auswärtsspiel seines Clubs bei Inter Mailand auf einem Autobahnrastplatz nahe Arezzo von einem Polizisten erschossen worden. Medienberichten zufolge war es auf dem Rastplatz zuvor zu Rangeleien zwischen Lazio-Anhängern und Fans von Juventus Turin gekommen. Als eine Polizeistreife eingriff, fielen die tödlichen Schüsse.

"Ich habe erst einen Warnschuss in die Luft abgegeben, der zweite Schuss hat sich beim Laufen gelöst", sagte der mutmaßliche Todesschütze der Zeitung "Corriere della Sera". Er habe auf "niemanden gezielt", betonte der Beamte. "Ich bin ruiniert, ich habe zwei Familien zerstört, die des Jungen und meine eigene", sagte der 31-jährige.

Spitzenspiel abgesagt 

Als sich die Nachricht unter den Fußballfans verbreitete, kam es bei Spielen im ganzen Land zu schweren Ausschreitungen und Angriffen auf Ordnungskräfte. Mehrere Polizisten wurden verletzt. "Mörder, Mörder", skandierten die Fans. Der italienische Fußballverband sagte das Spitzenspiel von Meister Inter gegen Lazio ab.

Die Partie zwischen Atalanta Bergamo und dem AC Mailand musste nach nur sieben Minuten wegen Fan-Randale genauso abgebrochen werden wie die Drittligapartie in Taranto. Die übrigen Nachmittagsspiele wurden mit zehnminütiger Verspätung angepfiffen, Spieler und Schiedsrichter liefen mit Trauerflor auf.

"Es war ein tragischer Fehler", sagte der tief betroffene Polizeichef von Arezzo, Vincenzo Giacobbe, der "La Gazzetta dello Sport" zu dem tödlichen Polizeieinsatz auf der Raststätte. Ministerpräsident Romano Prodi äußerte sich "höchst besorgt" über die tragischen Ereignisse, Oppositionsführer Silvio Berlusconi sprach von einem "schrecklichen Tag".

Schuss hat sich gelöst 

Im Gespräch mit der Zeitung rekonstruierten die Kollegen des Schützen den Hergang auf dem Autobahnrastplatz Badia al Pino. Demnach waren sie auf der Westseite des Rastplatzes auf Streifenfahrt, als sie auf der gegenüberliegenden Ostseite eine Prügelei zwischen den Insassen zweier Fahrzeuge beobachteten.

Nachdem sie über Funk Verstärkung gerufen hätten, habe einer der Polizisten aus einer Entfernung von fast 200 Meter einen Warnschuss abgegeben. Daraufhin seien die Personen in ihren Autos losgefahren.

Um zumindest einen Wagentyp oder das Nummernschild zu erkennen, sei der Kollege mit der Waffe in der Hand hinter den Autos hergelaufen. Dabei habe sich der Schuss gelöst, der unter Umständen noch abgeprallt sei und den 26-jährigen Lazio-Fan dann im Auto getroffen habe.

Der 26-jährige Römer ist bereits der zweite Tote, den der italienischen Fußball in diesem Jahr zu beklagen hat. Bei schweren Fan-Ausschreitungen war am 2. Februar ein Polizist in Catania von Randalierern erschlagen worden.

Denkpause für italienischen Fußball 

Daraufhin hatte die Regierung die Gesetze gegen Gewalt rund um den Fußball drastisch verschärft, das Problem jedoch nicht in den Griff bekommen. Justizminister Clemente Mastella forderte deshalb "noch härtere Maßnahmen" gegen gewaltbereite Fußballfans, Innenminister Giuliano Amato versprach eine "schnelle Aufklärung des tragischen Fehlers".

Sportministerin Giovanna Melandri hat nach den Ausschreitungen eine "Denkpause" für den italienischen Fußball gefordert. "Am kommenden Wochenende sollte der Ball ruhen", sagte die Ministerin der "La Gazzetta dello Sport". Die Serie A hat wegen Italiens EM-Qualifikationsspiels am 17. November in Schottland allerdings ohnehin spielfrei. Betroffen wären also nur die unteren Ligen.

Die Sport-Aufsichtskommission im römischen Innenministerium berät über Sofort-Maßnahmen zur Eindämmung der Gewalt im italienischen Fußball. Experten gehen davon aus, dass auf jeden Fall ein Mitreiseverbot für Fans zu den Auswärtsspielen ihrer Clubs beschlossen werden wird.

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