Unter dem Radar

Bob Hemmen
18. Oktober 201411:25
Der FC Metz lieferte in den vergangenen Jahren überragende Jugendarbeitgetty
Werbung
Werbung

Die Jugendabteilung des FC Metz bildet seit Jahren Top-Spieler aus. Trotzdem gelten "Les Grenats" in Frankreich seit Jahren als Fahrstuhlmannschaft. Das nächste Talent droht bereits mit Abschied.

1996 feierte der FC Metz mit dem Gewinn des Ligapokals den größten Triumph der Vereinsgeschichte. Die Mannschaft um Robert Pires und Rigobert Song gehörte einige Jahre zu den Besten in Frankreich und landete 1998 in der Meisterschaft auf Rang zwei.

Nachdem die besten Spieler den Verein verließen, folgte der Umbruch. Die Verantwortlichen entschieden sich für einen anderen Weg und plante, fortan als Ausbildungsverein junge Spieler an die Mosel zu locken. Ähnlich wie bei Pires wollte Metz Talente entwickeln, die dem Verein entweder sportlich helfen oder Ablösesummen generieren.

Erste Talente

"In den vergangenen zehn Jahren wurden 67 Spieler die bei uns in der Jugendakademie zu Profis. Das ist unglaublich", sagte Dennis Schaeffer, Direktor der Metzer Jugendakademie. Mit dieser Einstellung arbeitet Metz bis heute, jedoch konnte der FC selten gute Spieler binden. Der Verein musste in den letzten zwölf Jahren vier Abstiege hinnehmen, 2012 ging es sogar in die dritte Liga.

Trotzdem bewahrte die Vereinsführung die Ruhe und verpflichtete einen ehemaligem Profi. Albert Cartier übernahm den Trainerposten, setzte auf Talentförderung und "Les Grenats" kämpften sich bis in die Ligue 1 zurück. Im Gegensatz zu Vereinen wie dem AJ Auxerre traf man zu diesem Zeitpunkt bedachte Entscheidungen. Mit der kurzzeitig in Vergessenheit geratenen Philosophie verzeichnete der Klub die ersten Erfolge bereits um die Jahrtausendwende.

Louis Saha wurde damals in die erste Mannschaft befördert und durfte sich in der höchsten französischen Liga mit den Besten messen. Nach einer durchwachsenen Saison bei den Profis wollte der langjährige Coach Joel Muller den Stürmer verleihen.

Von Saha bis Adebayor

Allerdings konnte sich Saha bei Newcastle United nicht durchsetzen. Metz verkaufte den Franzosen an den FC Fulham. Die Ablösesumme lag damals bei ungefähr drei Millionen Euro. Vier Jahre später wechselte der Ex-Nationalspieler für 17,5 Millionen Euro zu Manchester United. "Ich denke sehr oft an die Zeit in Metz. Es war einerseits sehr schön, weil ich mich hier entwickeln konnte, aber auch traurig, da ich es nie zum Stammspieler schaffte", analysierte der Stürmer rückwirkend.

Das nächste Talent stand damals schon bereit. Mit 15 Jahren wechselte Emmanuel Adebayor im Jahr 1999 aus Togo nach Lothringen. Zum Ende der Saison 2001/2002 wurde er zum Stammspieler und überzeugte im darauffolgenden Jahr mit 13 Toren in der Ligue 2. Der FC Metz konnte den togolesischen Nationalspieler nicht halten und verkaufte ihn an den AS Monaco. Die 3,2 Millionen Euro Ablöse stellten sich im Nachhinein als Schnäppchen für die Monegassen heraus.

Pjanic als Speerspitze

Die Akademie von Metz schaffte es, mit Erfolgen den Bekanntheitsgrad zu steigern. In der Region gab es keine Konkurrenz und so gelang es dem Verein 2004 den damaligen luxemburgischen Jugendnationalspieler Miralem Pjanic in die Akademie zu lotsen. Nachdem der Mittelfeldspieler drei Jahre in den Jugendmannschaften des FC Metz verbracht hatte, stieß er mit 17 zu den Profis.

Pjanic setzte sich schnell durch und wurde nach einigen Spieltagen zum Stammspieler. Die europäischen Spitzenklubs buhlten in der Sommerpause um die Dienste des Talentes, doch der bosnische Nationalspieler entschied sich für Olympique Lyon und blieb vorerst in der Ligue 1.

Metz kassierte 7,5 Millionen Euro, die höchste Ablösesumme der Vereinsgeschichte. Drei Jähre später war Pjanic die französische Liga dann doch zu klein und er wechselte für rund 11 Millionen Euro zum AS Rom. Nach wie vor gilt der 24-Jährige als größtes Talent der Metzer Jugendakademie.

Starke Offensivkräfte und Top-Verteidiger

Doch auch Pjanic stand für ein vermeintliches Manko der Akademie: Die zahlreichen Offensivkräfte, die bei Metz den Durchbruch schafften, sorgten dafür, dass man der Akademie nicht zutraute, auch vernünftige Abwehrspieler auszubilden. In der dritten Liga angekommen, konzentrierte sich der Verein darauf, den Kader ausgeglichener zu gestalten. Der Verein begann, die Ausbildung der Verteidiger zu intensivieren. Zwei große Talente entwickelten sich und trugen entscheidend zum Erfolg der Mannschaft bei.

Nach dem Aufstieg waren Kalidou Koulibaly und Sadio Mane nicht mehr zu halten. Koulibaly wechselte für zwei Jahre nach Genk und steht mittlerweile in der Serie A beim SSC Neapel unter Vertrag. Mane ging nach Salzburg und überragte in Österreich derart, dass der FC Southampton im August 15 Millionen Euro für den 22-Jährigen ausgab.

Seite 1: Die größten Erfolge der Akademie

Seite 2: Supertalent vor dem Absprung und Blick in die Zukunft

In den letzten Jahren traf der Erstligist allerdings auch manche Fehlentscheidung. Während der Winterpause der Saison 2009/2010 beispielsweise verkaufte der Klub Papis Demba Cisse nach einer überragenden Hinrunde.

Metz hatte den Senegalesen 2004 entdeckt und ihn über mehrere Jahre verliehen, bevor er den Durchbruch schaffte. Nach acht Treffern in 16 Spielen in der Ligue 2 verpflichtete der SC Freiburg den Stürmer für lediglich 1,5 Millionen Euro.

Metz war damals finanziell angeschlagen und benötigte das Geld dringend zur Stabilisierung. Ohne den Mittelstürmer spielten "Les Grenats" jedoch enttäuschend und verpassten den Aufstieg. Freiburg hingegen kassierte zwei Jahre später sage und schreibe 12 Millionen Euro von Newcastle United für Cisse.

Vier bis sechs Aufrücker pro Saison

Seit dieser Entscheidung agierten die Verantwortlichen um Präsident Bernard Serin vorsichtiger. In der vergangenen Saison entschied sich der Verein in der Winterpause gegen den Verkauf von Diafra Sakho. Der ebenfalls aus dem Senegal stammende Mittelstürmer hatte nach der Hinrunde zahlreiche Angebote auf dem Tisch, doch man ließ ihn nicht ziehen. Erst am Saisonende ging Sakho schließlich zu West Ham.

Aktuelle ist der FC Metz dabei, sich erneut in der Ligue 1 zu etablieren. Der Trainer hat das nötige Vertrauen, um sich auf die Spiele zu konzentrieren und die Sicherheit, dass er nicht bei der ersten kleineren Krise entlassen wird. Cartier lässt Woche für Woche Jugendtalente ins Training der Profis reinschnuppern und gibt somit jedem die Möglichkeit, sich zu beweisen.

Bis heute schafften jedes Jahr vier bis sechs Jugendspieler aus der Akademie den Sprung in die Profimannschaft. "Wir wollen unsere besten jungen Spieler halten und vielleicht zwei oder drei erfahrene Spieler im Kader haben, um ihnen zu helfen", erklärte Schaeffer das Konzept.

Supertalent vor dem Absprung

Seit der letzten Saison gehörte Maxwel Cornet zu den Talenten, die es zu den Profis schafften. Der Stürmer ist seit seinem siebten Lebensjahr in der Akademie und gilt in Frankreich als das größte Metzer Talent seit Pjanic. Der 17-Jährige verdiente sich in der vergangenen Spielzeit bereits Einsätze und der Klub ist bemüht, den auslaufenden Vertrag mit ihm zu verlängern.

"Wir verfolgen in Metz klare Ziele und haben ein Projekt das über mehrere Jahre läuft. Maxwel Cornet soll bei uns bleiben und wir hoffen, dass er und sein Umfeld sich für uns entscheiden", äußerte der Präsident.

Die Berater des Jugendnationalspielers haben allerdings andere Pläne. "Wenn es nicht zu großen Veränderungen kommt, verlässt er den Verein nach der Saison", verkündete der Vater des Franzosen. Der AS Rom und Juventus Turin sollen an einer Verpflichtung interessiert sein. Jedoch wünscht er sich, dass sein Sohn erstmal in Frankreich bleibt, damit der Sprung nicht zu groß wird.

Cornet ist derzeit verletzt und konnte sich in der aktuellen Spielzeit noch nicht beweisen, doch nach seiner Verletzung könnte er schnell zur Stammkraft werden.

Neue Wege in Indien und Asien

Die Metzer hadern bis heute damit, dass ihnen die Talente immer früher von großen Vereinen weggeschnappt werden. Auf der Suche nach Alternativen zu den vorhandenen Verbindungen nach Senegal und anderen afrikanischen Ländern verstärkte der Verein den Scouting-Bereich in Asien.

Im Mittelpunkt stehen Indien und Singapur, Länder in denen Fußball mancherorts noch in den Kinderschuhen steckt. Die Identifikation mit dem Verein soll künftig eine wichtige Rolle spielen. Die Anzahl der Talente, die aus Frankreich stammen, nahm in den letzten Jahren ebenfalls zu. Die Zeiten, in denen mehr Spieler aus Afrika als aus Frankreich im Kader standen, scheinen der Vergangenheit anzugehören.

"Wir haben das Glück, dass 70 bis 80 Prozent unserer Spieler bereits sehr früh zu uns gekommen sind. Den nötige Willen, den Einsatz und das Kämpferherz bringen die Jungs dann automatisch mit. Das sind Werte, die in unserer Region wichtig sind", sagte Trainer Albert Cartier.

Seite 1: Die größten Erfolge der Akademie

Seite 2: Supertalent vor dem Absprung und Blick in die Zukunft

Alles zum FC Metz