Liverpool-Debütant Melkamu Frauendorf: Anfangs im Schatten des Bruders, Bayern-Angebot abgelehnt

Von Stanislav Schupp
In der 3. Runde des FA Cup feiert der deutsche Nachwuchsstürmer Melkamu Frauendorf sein Profidebüt für den FC Liverpool.
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In der 3. Runde des FA Cup feiert der deutsche Nachwuchskicker Melkamu Frauendorf sein Profidebüt für den FC Liverpool. Wir stellen den Juniorennationalspieler vor.

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Anfield Road, Sonntagnachmittag: Es läuft die 80. Minute in der FA-Cup-Partie des FC Liverpool gegen den Drittligisten Shrewsbury Town, als beim Stand von 3:1 auf der Wechseltafel die Nummer 94 in Grün aufleuchtet.

Ein kurzes Abklatschen mit Torschütze Kaide Gordon, dann mit den Kollegen auf dem Platz. Melkamu Frauendorf hat ein breites Grinsen auf dem Gesicht, als er vor knapp 52.000 Zuschauern den grünen Rasen betritt. Zu Recht, schließlich war besagte Einwechslung das Profidebüt für den erst 17-Jährigen.

Doch wer ist der Mittelfeldmann, den Jürgen Klopp aus dem Hut zauberte?

Melkamu Frauendorf zunächst im Schatten des Bruders

Geboren wurde Frauendorf 2004 im äthiopischen Kembata. Im Alter von vier Jahren wurde er gemeinsam mit seinem anderthalb Jahre älteren Bruder Melesse von einem deutschen Ehepaar adoptiert und wuchs im baden-württembergischen Schefflenz auf. Dort absolvierten die beiden auch ihre ersten fußballerischen Schritte. Zunächst stand Melkamu allerdings im Schatten von Melesse.

"Ich muss ehrlich gestehen, dass ich mich bei Melkamu zu Beginn geirrt habe. Ich dachte nicht, dass er mal so ein guter Fußballer wird", gestand Andreas Grimm, Jugendtrainer der Frauendorf-Brüder beim SV Schefflenz, im vergangenen Jahr gegenüber der Rhein-Neckar-Zeitung, nachdem Melkamu bei Liverpool einen Profivertrag unterschrieben hatte.

Vielmehr war es Melesse, Außenverteidiger und heute in der Zweitvertretung der TSG Hoffenheim aktiv, der den Unterschied ausmachte. "Nachdem wir Melesse in der Mannschaft hatten, haben wir in der Saison kein einziges Spiel mehr verloren", ergänzte Grimm. Bei Melkamu, der zunächst schüchtern und zurückhaltend war, "merkte man von Jahr zu Jahr, dass er besser wurde".

Mit jeweils zehn Jahren wechselten die Brüder dann schließlich ins Nachwuchszentrum der TSG Hoffenheim, ehe Melkamu im Sommer 2020 den Schritt nach Liverpool wagte. Für Frauendorf, dem nach Informationen von SPOX und GOAL unter anderem auch Angebote anderer englischer Klubs sowie des FC Bayern München vorlagen, erhielten die Kraichgauer eine geringe Ausbildungsentschädigung.

Bis Sommer 2020 lief Frauendorf in der Jugend der TSG Hoffenheim auf.
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Bis Sommer 2020 lief Frauendorf in der Jugend der TSG Hoffenheim auf.

Frauendorfs in Liverpool: Eingewöhnungszeit? Fehlanzeige!

Bei den Reds, wo er derzeit zwischen der U23 und U18 pendelt, fand sich Frauendorf schnell zurecht. In seinem ersten Jahr kam er für die U18 auf 23 Partien in Liga (dort gesetzt) und FA Youth Cup, in denen er sieben Tore erzielte und zwei weitere auflegte.

In der laufenden Spielzeit steht er nach elf Auftritten bereits bei je vier Toren und Assists. Auch in der Youth League kam er zum Einsatz (fünf Spiele, ein Tor). Die bisherige Krönung: Das Profi-Debüt am vergangenen Wochenende nur drei Tage vor seinem 18. Geburtstag.

"Er ist schnell, entschlossen und verfügt über ein gutes Spielverständnis", sagt GOAL-Liverpool-Korrespondent Neil Jones über den deutschen Juniorennationalspieler, der im offensiven Mittelfeld variabel einsetzbar ist. Wie bei jedem Nachwuchsspieler, müsse Frauendorf "an seiner Konstanz und Körperlichkeit arbeiten. Ich würde nicht sagen, dass er bislang überragend war, aber er hat Momente, in denen er seine Qualität zeigt."

Frauendorfs großer Traum: "... wissen, dass das schwer ist"

Ob Frauendorf nach seinem Kurzeinsatz auf weitere Minuten bei den durch Corona-Ausfälle und Afrika-Cup-Teilnehmer personell gebeutelten Reds hoffen darf? "Ich könnte mir vorstellen, dass man ihn bis zum Ende der Saison in die U23 integriert", dämpft Jones die Erwartungen. Dass Frauendorf woanders Spielpraxis sammelt, glaubt er nicht: "Es wäre eine Überraschung, wenn er jetzt oder sogar im Sommer verliehen würde." Möglicherweise könnte der Rechtsfuß in der kommenden Saisonvorbereitung erneut bei Klopp reinschnuppern.

Den Traum vom Profi verfolgte Frauendorf von klein auf - und konnte ihn sich nun wohl schneller als erhofft erfüllen. Ein anderer steht dagegen noch aus. "Irgendwann wollen wir gemeinsam als Profis für ein Team auflaufen. Auch wenn wir wissen, dass das schwer wird", betonte er vor knapp zwei Jahren im Doppel-Interview mit seinem Bruder in der Rhein-Neckar-Zeitung.

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