Ryan Gauld - Probleme im ersten Klub von Cristiano Ronaldo: Der "schottische Messi" spielt heute in Kanada

Von Ryan Tolmich
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Er wollte Cristiano Ronaldo nacheifern und wurde mit Lionel Messi verglichen: Sein Glück aber fand Ryan Gauld über Umwege erst in Vancouver.

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Seit Jahren lechzen Schottlands Fans nach einem Superstar. Einem, der in die Fußstapfen von Kenny Dalglish oder Denis Law treten und die Nationalmannschaft zu Erfolgen führen kann.

Vor rund zehn Jahren schien dieser Heilsbringer gefunden. Ryan Gauld mischte als Teenager die höchste schottische Liga auf. Es war die Zeit, in der es "neue Lionel Messis" wie Sand am Meer gab und der geschmeidige Spielmacher reihte sich in die Liste nahtlos ein. Als "schottischer Messi" feierten Fans und Medien den Linksfuß.

Die Vorschusslorbeeren konnten also größer nicht sein und heute ist klar: Sie waren übertrieben. Gauld hat eine ordentliche Karriere hingelegt, aber kein Vergleich zum PSG-Superstar, der mittlerweile siebenmaliger Ballon-d'or-Sieger ist.

Trotzdem ist Gauld zufrieden. Seine Laufbahn verlief, wie es kaum jemand erwartete und führte ihn auf Umwegen in die MLS. Dort ist er mittlerweile eine der Attraktionen der Liga.

Ryan Gauld: Wie alles begann

Gaulds Profikarriere begann bei Dundee United. Im Alter von neun Jahren wechselte er in die Jugendabteilung des Traditionsvereins. Sein Stern ging etwa sieben Jahre später auf.

Gauld (oben rechts) gab sein Debüt in der schottischen Premier League im Mai 2012, als er im Alter von nur 17 Jahren für Johnny Russell eingewechselt wurde, einen Spieler, den er zufällig Jahre später in der MLS wiedersehen würde. Ein Jahr später stand er zum ersten Mal in der Startelf und erzielte gegen St. Johnstone sein erstes Tor zum 1:1-Unentschieden für die Tangerines.

Dank starker Leistungen häuften sich die Wechselgerüchte um den aufstrebenden Offensivspieler. Vor allem bei Vereinen aus der englischen Premier League war Gauld Ende 2013 immer wieder im Gespräch. So soll sich der damalige ManUnited-Trainer David Moyes persönlich um seinen jungen Landsmann bemüht haben. Auch Everton, Liverpool, Roma und Real Madrid wurden mit dem Juwel in Verbindung gebracht.

Gauld war in jener Zeit das Wunderkind des schottischen Fußballs, eine große Karriere schien vorgezeichnet. Gauld stellte damals auch einen Mannschaftskameraden in den Schatten, der später noch von sich reden machen sollte: Andrew Robertson. Gauld galt als talentierter im Vergleich zu dem heutigen Liverpooler, der mittlerweile unter anderem die Champions League und den englischen Meistertitel gewonnen hat.

Ryan Gauld: Warum "der schottische Messi"?

Während seines Aufstiegs tauchten schnell die ersten Messi-Vergleiche auf. Diese waren nicht übertrieben, jedenfalls was die Ähnlichkeiten im Spielstil angeht. Wie beim Argentinier wirken auch Gaulds Bewegungen elegant, die Ballbehandlung ist außergewöhnlich gut. Dazu kommen die geringe Körpergröße von 1,68 Metern und eine beeindruckende Dribbelstärke.

Mit diesen Eigenschaften passte Gauld so gar nicht in den körperbetonten schottischen Fußball und es erklärt auch, warum er so herausstach.

In seiner letzten Saison bei Dundee United erzielte er in 38 Spielen acht Tore und entschied sich für einen Wechsel. Allerdings nicht zu einem absoluten Spitzenklub. Gauld wählte einen Transfer zu Sporting CP nach Portugal, die Ablöse betrug drei Millionen Euro. Es wirkte wie ein kluger Schritt in ein Land, das perfekt zu seiner Spielweise passte. Weg von dem Hype, der in seiner Heimat um ihn grassierte.

Gauld schilderte im Telegraph nach seinem Wechsel: "Ich habe es geschafft, das Etikett 'Mini Messi' abzulegen - und ich bin sehr froh darüber. Es war ein bisschen seltsam, und es kam nur zustande, weil ich auch klein und ein Linksfuß bin. "

Ryan Gaulds großer Schritt

Gauld unterschrieb in Lissabon einen Sechsjahresvertrag inklusive der happigen Ausstiegsklausel von 60 Millionen Euro. Ausschlaggebend für den Schritt zu Sporting war die herausragende Nachwuchsarbeit des Vereins, wie Gauld bei Match oft the Day erklärte: "Sporting hat eine gute Erfolgsbilanz mit wirklich starken, jungen Spielern - Luis Figo, Cristiano Ronaldo und Nani kamen alle von hier. Es gibt hier also Trainer, die Weltklassespieler entwickeln können."

Das Leben in Portugal verlief jedoch nicht so reibungslos, wie Gauld gehofft hatte.

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Ryan Gauld: Probleme bei Sporting

Gauld wurde zwar zunächst in Sportings 25-köpfigen Kader für die Champions League berufen, fand sich aber regelmäßig in der Reservemannschaft wieder. Sein Debüt für die zweite Mannschaft gab er im August 2014, als er den aktuellen Fulham-Star Joao Palhinha bei einer Niederlage gegen Farense ersetzte.

Im Dezember lief er erstmals für die erste Mannschaft in einem Spiel der Taca da Liga auf und wurde beim 1:0-Sieg gegen Boavista später zum Spieler des Spiels gewählt. Am Ende seiner ersten Saison bei Sporting standen aber nur magere fünf Einsätze mit zwei Toren. Es sollten seine einzigen Spiele für den Klub bleiben.

Da der Sprung zu den Profis für Gauld augenscheinlich zu groß war und seine Entwicklung nicht wie erhofft verlief, folgten mehrere Leihgeschäfte. Vitoria de Setubal, Aves, Farense und Hibernian hießen die Stationen. Vier Leihdeals, 52 Partien und eine Verletzung an der Kniesehne lautete die dürftige Bilanz.

Im Juli 2019 trennte sich Sporting von ihm, und Gauld wechselte zu Farense in die zweite portugiesische Liga.

Ryan Gauld: Neuer Schwung bei Farense

Vor der Coronapandemie spielte Gauld dort groß auf. Er glänzte als Spielgestalter und Torschütze. Neun Treffer erzielte er in 21 Spielen und war maßgeblich am Aufstieg in die erste Liga beteiligt. Er etablierte sich in der Folge im portugiesischen Oberhaus und markierte auch dort neun Tore.

Es folgte der Ruf aus Kanada.

Vancouver holt Ryan Gauld nach Nordamerika

Die Vancouver Whitecaps, ehemaliger Klub von Bayern-Star Alphonso Davies, suchten 2021 einen Spielmacher und wurden bei Gauld fündig. Der Transfer entwickelte sich wegen eines Vertragsstreits mit Farense, Problemen bei der Arbeitsgenehmigung und Quarantänebestimmungen zu einem harten Stück Arbeit.

"Auf dem Weg dorthin gab es viele Probleme. Aber ich habe das nie als schlechtes Omen gewertet", so Gauld. "Seit ich hier bin, weiß ich, dass ich zu 100 Prozent die richtige Entscheidung getroffen habe."

Bei den Whitecaps unterzeichnete er einen Vertag über dreieinhalb Jahre und sollte sofort eine Schlüsselrolle einnehmen.

"Bei der ganzen Suche ging es immer darum, einen Spieler zu finden, der nicht nur für diese Saison, sondern auch für die Zukunft in unser Profil passt", sagte der sportliche Leiter und Geschäftsführer Axel Schuster. Gauld sei ein "fehlendes Puzzleteil", um das man die Mannschaft aufbauen wolle.

Sechs Tore im ersten Halbjahr in der MLS waren ein überzeugender Arbeitsnachweis des Spielgestalters.

Ryan Gauld macht Vancouver zum kanadischen Meister

2022, in seiner ersten kompletten MLS-Saison, lieferte Gauld 17 Scorerpunkte (acht Tore, neun Assists). Die US-Profiliga passt perfekt zu seiner Spielweise. Regisseure alter Prägung gibt es hier noch deutlich mehr als in Europa. Gaulds Defizite in der Rückwärtsbewegung fallen zudem nicht so schwer ins Gewicht.

Seine großen Momente hatte Gauld im Vorjahr in der kanadischen Meisterschaft, als er Vancouver zum zweiten großen Titel in der Vereinsgeschichte führte.

Die Whitecaps besiegten Valour FC, Cavalry FC und York United auf dem Weg ins Finale, wo sie auf Toronto FC trafen. Gauld verwandelte beim 5:3-Sieg im Elfmeterschießen von Punkt und bekam später die George Gross Memorial Trophy für den besten Spieler des Turniers.

Ryan Gauld: Wie geht es weiter?

Trotz des ganzen Rummels, der ihn einst in seinem Heimatland umgab, hat Gauld nie für die schottische A-Nationalmannschaft gespielt. Auch die starken Leistungen in der MLS haben daran bisher nichts geändert.

So könnte sich dem 27-Jährigen mittelfristig auf Länderspielebene noch eine neue Möglichkeit eröffnen: Kanadas Nationalelf.

Der Mittelfeldspieler hätte theoretisch die Möglichkeit, die kanadische Staatsbürgerschaft zu beantragen, wenn er seinen bis Ende 2024 gültigen Vertrag bei den Whitecaps erfüllt. Dann wäre er auch für die A-Nationalmannschaft spielberechtigt und hätte die Aussicht, bei der Heim-WM 2026 aufzulaufen. Im Podcast Away from the Numbers sagte er: "Man sollte niemals ‚nie' sagen, ich habe noch nicht darüber nachgedacht. Wer weiß, was in der Zukunft passieren wird." Eine Nominierung für Schottlands Auswahl könne er jedenfalls nicht "erzwingen".

Sein Fokus gelte zunächst den Whitecaps, wo er sich heimisch fühle: "Es ist erfrischend, dass ich am Ende einer Saison weiß, wo ich in der nächsten Saison sein werde. Das ist mir in meiner Karriere noch nicht so oft passiert."

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