Max Meyers Wandel: Als "Weltklasse-Spieler" verschrien, jetzt als Unterschiedsspieler gefeiert

Von Maximilian Lotz
Max Meyer kam 2009 als Jugendlicher zu Schalke, 2018 wechselte er zu Crystal Palace in die Premier League.
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Das Label "Weltklasse-Spieler" haftet an Max Meyer seit seinem unschönen Abschied vom FC Schalke 04 vor mehr als vier Jahren. Doch statt eine Weltkarriere zu starten, entwickelte sich der Mittelfeldspieler zu einem Wandervogel. Im Sommer landete Meyer schließlich beim FC Luzern. Dort hat der 27-Jährige einen bisherigen Karrierebestwert schon egalisiert.

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Max Meyer genießt das Bergpanorama auf dem Weg zum Training. "Von der Lebensqualität her ist es hier natürlich unglaublich schön", schwärmte Meyer kürzlich im Podcast seines neuen Klubs.

Seit diesem Sommer ist der FC Luzern in der Schweiz seine fußballerische Heimat. Von der ganz großen Fußballbühne ist Meyer zwar am Vierwaldstättersee in etwa so weit entfernt wie sein Ex-Klub FC Schalke 04 momentan vom Gewinn der Champions League. Aber der 27-Jährige hatte zuletzt ohnehin andere Prioritäten gesetzt.

"In den letzten Jahren bin ich jedes halbe Jahr gewechselt, umgezogen in fremde Länder. Das war auch nicht ganz so einfach. Damit wollte ich aufhören", sagte Meyer. Nach Stationen in England, der Türkei, Dänemark und einem Intermezzo nahe der Heimat beim 1. FC Köln war die Sehnsucht nach etwas mehr Sesshaftigkeit einfach größer.

"Ich habe hier mehr oder weniger wieder bei null angefangen und wollte ordentlich Freude am Fußball haben, regelmäßig spielen. Das ist bislang gut geglückt, aber da steckte auch viel harte Arbeit dahinter. Ich habe auch in den letzten Monaten hart gearbeitet, trotzdem hat es nicht so gut funktioniert. Deswegen bin ich umso glücklicher, dass es jetzt wieder positiv in die richtige Richtung geht", erklärte Meyer.

Max Meyer trug neun Jahre das Trikot von Schalke 04.
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Max Meyer trug neun Jahre das Trikot von Schalke 04.

Max Meyer egalisiert Bestmarke aus Schalke-Saison

Der zentrale Mittelfeldspieler entdeckte auf seiner Lieblingsposition als Spielmacher seine Torjägerqualitäten wieder. Mit sechs Treffern ist Meyer unter den Top-Torjägern der Schweizer Super League, nur Berns Jean-Pierre Nsamé traf noch häufiger (achtmal). Damit stellte Meyer seine bisherige Bestmarke aus seiner Schalker Debütsaison als Profi ein. Wofür er damals eine komplette Spielzeit benötigte, schaffte Meyer jetzt in nur zehn Einsätzen.

Dass er dabei erst zweimal über die vollen 90 Minuten auf dem Feld stand, hängt mit seiner kurzen Vorbereitung zusammen. "Ich habe zwei, drei Tage trainiert und der Trainer hat mich direkt eingewechselt", berichtete Meyer, der nach seinem ersten Jokereinsatz mit Ausnahme einer kurzzeitigen verletzungsbedingten Pause regelmäßig in der Startelf stand. "Es ging natürlich nur über das Vertrauen des Trainers. Er hat mir direkt großes Vertrauen geschenkt, mich direkt reingeworfen. So kommst du auch schneller rein."

Chefcoach Mario Frick weiß, was er an seinem 1,73 Meter großen Mittelfeldregisseur hat. "Er ist ein Unterschiedsspieler", sagte der Ex-Profi kürzlich. "Ich bin froh, dass er den Spaß am Fußball wiedergefunden hat. Er fühlt sich hier pudelwohl, darum sind solche Leistungen möglich. Ich hoffe, dass er konstant gesund bleibt." Und Frick ergänzte: "Wenn einer mal einen solch hohen Marktwert hatte und wenn man seinen Werdegang sieht, dann muss er Qualität haben."

Zu Hochzeiten wurde sein Wert auf rund 20 Millionen Euro geschätzt, das war kurz nach seinem Wechsel von Schalke zu Crystal Palace 2018. Der gebürtige Oberhausener, der in der Schalker Knappenschmiede ausgebildet wurde, galt vor allem aufgrund seiner technischen Fähigkeiten, die er sich auch beim Futsal aneignete, als große Offensivhoffnung.

Nicht ohne Grund erbte Meyer bei Schalke Raúls frühere Rückennummer 7. Und Meyer lieferte zunächst, spielte sich mit seinen Leistungen sogar in den vorläufigen DFB-Kader für die WM 2014, wurde dann aber kurz vor Turnierbeginn noch gestrichen und verpasste somit den Triumph in Brasilien.

Max Meyer: "Hatte bei jedem Trainer schweren Stand"

Anschließend gerieten seine Leistungen bei Schalke auch aufgrund der nahezu jährlich wechselnden Trainer ins Stocken. "Ich hatte eigentlich bei jedem Trainer am Anfang einen schweren Stand. Ich habe immer ein bisschen gebraucht, um mich durchzusetzen", erklärte Meyer.

Anfang der Saison 2017/18 reifte angesichts des auslaufenden Vertrags der Wunsch nach Veränderung. Doch da Meyer im Laufe der Saison unter dem neuen Trainer Domenico Tedesco in neuer Rolle auf der Sechs an der Seite von Leon Goretzka plötzlich aufblühte, entwickelte sich ein Tauziehen um seine Zukunft, das in einer unschönen Schlammschlacht und seiner Suspendierung mündete.

"Der Abschied war natürlich unglücklich. Aber da haben mehrere Parteien ihre Rolle dabei gespielt", betonte Meyer nun. "Ich habe nie etwas Schlechtes über den Verein gesagt. Ich bin nach wie vor Fan und habe große Sympathien für den Verein. Das wird sich auch nicht ändern."

Hängen blieb aus dieser Zeit vor allem das Label "Weltklasse-Spieler", das ihm sein Berater Roger Wittmann in den Verhandlungen mit dem damaligen Schalke-Manager Christian Heidel verpasst und in dem Zusammenhang getönt haben soll, Meyer würde "in jeder europäischen Spitzenmannschaft Stammspieler sein". Zwar behauptete Wittmann später, von "internationaler Klasse" gesprochen zu haben, doch seinen "Titel" wurde Meyer nicht mehr los.

Bei Crystal Palace degradiert, Vater sorgt für "Lambo"-Eklat

Erst recht, weil er nach dem Theater im Sommer 2018 letztlich "nur" beim englischen Mittelklasseklub Crystal Palace unterschrieb. "Auch in England lief es bis zu einem gewissen Zeitpunkt gut, trotzdem wurde nicht positiv darüber berichtet, auch weil der Abschied nicht ganz so toll war", sagte Meyer rückblickend. Um ihn von der Gehaltsliste zu bekommen, wurde er in seinen letzten Monaten in London gar nicht mehr berücksichtigt und zur U23 degradiert.

Da auch die Neustarts beim 1. FC Köln sowie bei Fenerbahce und zuletzt beim FC Midtjylland nicht nachhaltig gelangen, dominierten im Zusammenhang mit Meyer eher die Negativ-Schlagzeilen. Wie in seiner Heimat über ihn berichtet wurde, nahm er auch auf seinen Auslandsstationen wahr. "Das merkt man trotzdem", betonte Meyer.

Zwischenzeitlich geriet er zudem noch in die Klatschpresse, nachdem sein Vater wegen einer verlorenen Wette mit einem Lamborghini durchs Ruhrgebiet ("Mit dem bezahlten Lambo vom Pleiteklub") gedüst war und sein Video davon viral gegangen war.

"Das passt nicht in meine Welt, nicht in diese Zeit, das passt in gar keine Zeit. Ich habe Schalke 04 sehr, sehr viel zu verdanken und distanziere mich entschieden von der Art und Inhalt dieses Videos", schrieb Meyer damals "zutiefst schockiert" auf Instagram. Auch sein Vater bat öffentlich um Entschuldigung.

Beim FC Luzern tobt ein erbitterter Machtkampf in der Führungsetage.
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Beim FC Luzern tobt ein erbitterter Machtkampf in der Führungsetage.

Machtkampf beim FC Luzern: Zerreißprobe für Klub

Jetzt will Meyer vor allem wieder in sportlicher Hinsicht für Schlagzeilen sorgen. "Im Fußball sieht man ja, wie schnell sich sowas drehen kann", sagte Meyer, der bis 2024 beim FCL unterschrieben hat und den aktuellen Tabellenvierten nicht als schnelle Durchgangsstation sieht. "Es war nie die Absicht, dass ich hier hinkomme, um mich nach nur einem Jahr oder einem halben Jahr wieder zu verabschieden, weil ich das hier nur als Bühne sehe."

Doch ganz ohne Chaos geht es bei Meyer offenbar nicht - auch wenn er in diesem Fall überhaupt keinen Einfluss darauf hat. Seit einiger Zeit tobt in der Führungsriege des Klubs ein interner Machtkampf um Besitzer Bernhard Alpstaeg, der den Verwaltungsrat absetzen will und vor Wochen schon Sportchef Remo Meyer, der an der Verpflichtung von Max Meyer entscheidenden Anteil hatte, absägen wollte. Als eine "Zerreißprobe" für den Klub bezeichnet die Neue Zürcher Zeitung das "sonderbare Luzerner Stück Fußballgeschichte".

Nur eines ist klar: Der Ausgang des Machtkampfes und damit die Zukunft des Klubs ist offen. Der skandalerprobte Max Meyer will daher nur eines: sich auf das Sportliche konzentrieren. "Die Ergebnisse zeigen, dass die Mannschaft das ausblenden kann", sagte Meyer. "Das sollte niemals eine Ausrede für einen Spieler von uns sein, dass er am Wochenende nicht seine Leistung bringt."

Max Meyer im Steckbrief

Name:Maximilian Meyer
Geburtstag:18. September 1995
Geburtsort:Oberhausen
Größe:1,73 Meter
Position:Zentrales Mittelfeld
Starker Fuß:rechts
Vereine:FC Sardegna Oberhausen, Rot-Weiß Oberhausen, MSV Duisburg, FC Schalke 04, Crystal Palace, 1. FC Köln, Fenerbahce, FC Midtjylland, FC Luzern
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