Maradona-Trikot vor Gericht: Als Mike Tyson ein brasilianisches Gericht komplett provozierte

Von Gabriel Wonn
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Er war einer der kontroversesten Boxer aller Zeiten, der "baddest man on the Planet" - und diesem Ruf wurde Mike Tyson vor einem brasilianischen Gericht gerecht: Er kam im Maradona-Shirt.

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Gerichtsverfahren mit Prominenten erregen immer eine große Aufmerksamkeit, das liegt in der Natur der Sache.

Die Öffentlichkeit stürzt sich mit einer Mischung aus echtem Interesse und Voyeurismus auf sie, jedes Bild und jede Videoaufnahme laufen in Dauerschleife über die Newskanäle der zahlreichen anwesenden Fernsehstationen.

Das ist auch 2005 nicht anders, als Skandalboxer Mike Tyson vor einem Gericht in Brasilien erscheinen muss. Die Medien ringen sich um ihn, fangen jede Bewegung ein. Völlig normal, völlig gewöhnlich.

Und dennoch reißen sowohl die Beteiligten des Prozesses als auch Zigtausende von Zuschauerinnen und Zuschauern weltweit vermutlich ungläubig ihre Augen auf, als sie "Iron Mike" sehen. Vor allem diejenigen aus Brasilien selbst. Dabei geht es im ersten Moment nicht primär um ihn selbst - es geht um das Shirt, das er trägt.

Mike Tyson: Im Maradona-Trikot vor einem brasilianischen Gericht

Denn es gibt Dinge, die macht man einfach nicht. Man kommt nicht mit einem frechen bunten Shirt zu einer Beerdigung. Man zieht keinen Bikini an, wenn man ein Gotteshaus jedweder Religion betritt und man trägt nichts Schwarz-Gelbes, wenn man zu Schalke gegen Bayern ins Stadion geht. Tut man es doch, will man nur eins: provozieren. Und genau das will auch der weltberühmte Boxer an diesem Tag. Mit Erfolg. Mike Tyson betritt das brasilianische Gerichtsgebäude in einem Argentinien-Trikot mit der Nummer 10 und dem Namen von Diego Maradona auf den Rücken.

Als würde das nicht schon ausreichen, eine komplette Nation in Schnappatmung zu versetzen, handelt es sich auch noch um ein Shirt, welches Maradona höchstpersönlich signiert und mit einer Widmung für Tyson versehen hat. Im selben Jahr waren die beiden Sportlegenden gemeinsam in einer TV-Show aufgetreten, "El Diez" hatte "Iron Mike" das Trikot vermutlich dort geschenkt. Eine große Geste, ein hübsches Souvenir, ein Zeichen der Anerkennung - oder in diesem Moment einfach die größtmögliche Provokation, die es für die gesamte brasilianische Bevölkerung geben kann.

Waren gut befreundet: Mike Tyson und Diego Maradona.
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Waren gut befreundet: Mike Tyson und Diego Maradona.

Brasilien interessiert sich nicht mehr für Tysons angebliche Tat, sondern ist entsetzt über die Provokation

Was aber ist denn überhaupt passiert? Warum muss Tyson, der wenige Monate zuvor seine schillernde Karriere beendet hat, in Brasilien vor Gericht erscheinen - und warum will er so heftig provozieren? Es geht - man mag es sich bei ihm kaum vorstellen - um Körperverletzung und Sachbeschädigung. Der Skandalsportler soll in einem Nachtklub in Sao Paulo den Kameramann Carlos Eduardo da Silva angegriffen und dessen Ausrüstung zerstört haben. Ob er die Tat tatsächlich begangen hat und wie der Fall letztendlich ausgeht, wird im Nachhinein nicht überliefert werden. Denn darum geht es längst nicht mehr.

Brasilien ist nicht darüber entsetzt, was Tyson da in einem Nachtklub getrieben haben soll. Brasilien ist vielmehr empört über die Dreistigkeit, mit der sich der Beschuldigte gegen die Vorwürfe positioniert - und dabei ein ganzes Land ins Visier nimmt. Zusätzlich zur Trikot-Provokation berichten lokale Medien aufgebracht von "obszönen Gesten", die der Superstar den Kameras entgegenschleudert haben soll.

Tyson ist heute geläutert, doch das Maradona-Trikot bleibt in Brasiliens Gedächtnis

Heute ist der Mann, der der Sportwelt neben seinen großen Erfolgen vor allem dadurch in Erinnerung geblieben ist, dass er 1997 Gegner Evander Holyfield im Ring einen Teil seines Ohrs abbiss, ein ruhiger Mensch geworden. Tyson hat sich nach Jahren der Depressionen und des Drogenkonsums wieder in Topform gebracht, macht Schaukämpfe für wohltätige Zwecke und betreibt einen erfolgreichen Podcast.

Das wird man sicherlich auch in Brasilien anerkennen. Und dennoch: Manche Wunden verheilen nie. Die stolze südamerikanische Nation wird Mike Tyson auch 17 Jahre später sicherlich nie so ganz den Tag verzeihen, an dem er ein brasilianisches Gerichtsgebäude mit einem Maradona-Trikot entweihte.

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