Das Rätsel um den Transfer des Ruben Neves

Von Tim Althoff
Ruben Neves wird zukünftig nur noch in der englischen Championship jubeln
© getty

Das einstige portugiesische Wunderkind Ruben Neves hat mit am Wochenende mit einem skurrilen Transfer für Aufsehen gesorgt. Noch vor zwei Jahren jagten alle Spitzenklubs in Europa das vielversprechende Talent. Jetzt wagt er einen kuriosen Schritt in eine Liga, die nicht auf der ganz großen Bühne stattfindet. Sein Berater sieht das allerdings anders.

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Er ist nicht nur Portos jüngster Torschütze aller Zeiten. Er ist auch der jüngste Portugiese, der je in der Champions League spielen durfte. Als er im Oktober 2015 oben drauf noch zum jüngsten Kapitän wurde, der jemals seine Mannschaft in der Königsklasse auf den Platz führte (damals 18 Jahre und 221 Tage alt), wurden die Namen der Klubs, mit denen Ruben Neves in Verbindung gebracht wurde, größer und größer.

Gerüchteweise haben seinerzeit die spanischen Größen Real Madrid und der FC Barcelona vorgefühlt. Aber auch der FC Arsenal und Jürgen Klopps Liverpool sollen ein Auge auf den Portugiesen geworfen haben. Durchgesetzt hat sich nun ein Verein, der in einer ganz anderen Liga spielt. In einer Liga, bei der nur die wenigsten damit gerechnet hatten, dass Neves dorthin wechseln würde.

Er schloss sich einem Klub aus der Championship an. Also der zweiten englischen Liga. Am Wochenende gab der Zweitligist Wolverhampton Wanderers FC die Verpflichtung von Ruben Neves für eine "Rekordsumme des Vereins" bekannt. Kolportiert werden 17 bis 18 Millionen Euro.

Der Wechsel von Ruben Neves wirft Fragen auf

Die ganze Fußballwelt stellte sich die naheliegende Frage: Warum? Warum sollte ein Spieler, der noch vor zwei Jahren als eines der größten Talente in Europa galt, der so viel Erfahrung in jungem Alter mitbringt, zu einem englischen Zweitligisten wechseln?

"Es ist eine gute Möglichkeit für mich, wieder unter einem Trainer zu arbeiten (Nuno Espirito Santo), unter dem ich letztes Jahr schon gearbeitet habe", wird Neves in der Pressemitteilung der Wanderers zitiert. Merkwürdig, da Neves' letzte Saison, seine bislang schwächste war. Und die spielte er unter eben jenem Coach. Nach nur 13 Ligaeinsätzen unter Nuno nahm das allgemeine Interesse an Neves stark ab. Die Verbindungen zu den Topklubs wurden weniger.

Neves war im Sommer nicht mehr das heißeste Eisen im Feuer, galt dennoch als aussichtsreicher Kandidat auf einen Wechsel in eine der großen fünf Ligen. Der Draht mit Nuno Espirito Santo jedenfalls schien zumindest nicht offenkundig der beste zu sein.

Es ist entsprechend schwer vorstellbar, dass der Hauptgrund für den Wechsel in Espirito Santo lag, auch wenn Neves diesmal, seinem Talent nach zu urteilen, keine Probleme haben sollte, unter Santo auf seine Einsätze zu kommen. Immerhin spielt er jetzt zweitklassig.

Jorge Mendes und seine Verbindungen

Einen großen Teil der Antwort auf die Frage, warum Neves den "Rückschritt" nach Wolverhampton wagt, dürfte Neves' Berater liefern. Der ist nämlich niemand geringeres als Jorge Mendes. Der Typ, der auch Cristiano Ronaldo und James Rodriguez betreut. Der Typ, der sechs Mal hintereinander den "Globe Soccer Award'' als bester Berater (von 2010 bis 2015) gewann. Der Typ, der eine erstklassige Geschäftsbeziehung zu den Eigentümern der Wolverhampton Wanderers pflegt.

Im Juli 2016 kaufte das chinesische Unternehmen "Fosun International" die Wanderers für kolportierte 50 Millionen Euro von dem ehemaligen Besitzer Steve Morgan und seinem Unternehmen. Der Chairman von "Fosun International", Guo Guangchang, hält außerdem noch den Großteil der Firmenanteile eines Unternehmens namens "Shangai Foyo". Die wiederum kündigte im Januar 2016 eine Kooperation mit der Berateragentur "Gestifute", die von Jorge Mendes gegründet wurde, an. Und da schließt sich der Kreis.

Bei dem Event, auf dem die Kooperation verkündet wurde, waren nicht nur Guo und Mendes anwesend, sondern auch führende Figuren der Klubs von Monaco und Benfica. Vereine, bei denen Jorge Mendes ebenfalls großen Einfluss hat. So lotste er schon Spieler wie James Rodriguez, Falcao, Bernardo Silva und Fabio Coentrao zu den Monegassen.

Wolverhamptons Transfers unter der Beratung von Jorge Mendes

Während der Spielzeit 2016/2017, also seitdem die Wanderers zu Fosun gehören, wurden 12 Spieler unter der Konsultation von Mendes verpflichtet.

Darunter befinden sich unter anderem Ivan Cavaleiro, Helder Costa und Roderick Miranda. Alle drei werden von Mendes beraten. Cavaleiro und Costa kamen übrigens von Monaco (Cavaleiro) und Benfica (Costa). Costa, der im Januar für 15 Millionen Euro aus der portugiesischen Hauptstadt in die englischen West Midlands wechselte, war der einzige Neuzugang, der in der Championship überzeugte. Alle anderen enttäuschten.

Die Wanderers wurden nur 15. in der Championship und trennten sich nach nur sieben Monaten von ihrem Trainer, dem ehemaligen BVB-Profi Paul Lambert, der sich negativ über die Transferpolitik und über den Einfluss von Mendes geäußert hatte.

Sein Nachfolger wurde bekanntermaßen Nuno Espirito Santo, Ex-Trainer des FC Porto und damit auch von Ruben Neves. Gleichzeitig war er der allererste Klient, für den Jorge Mendes jemals einen Deal einfädelte. Ein verrückter Zufall?

Ruben Neves wollte schon immer in England spielen

Neves selbst äußerte in der Pressemitteilung lediglich in Standardphrasen: "Wolverhampton ist ein großer Verein" oder "Ich wollte schon immer mal England spielen".

Die zentralen Fragen beantwortete er darin allerdings nicht: Warum wechselt ein 20-jähriges Toptalent in die Championship, anstatt zu einem Klub, der den Ambitionen eines Neves eher gewachsen sein sollte? Klar, die Interessenten standen zuletzt nicht mehr Schlange aber für einen Premier-League-Klub sollte es doch, trotz seiner etwas schwächeren, letzten Saison reichen. Wenn der Wunsch, einmal in England zu spielen, tatsächlich so ein großer ist.

Man stellt sich also die Frage, ob es nur eine Sache des Gehaltes ist, oder ob Jorge Mendes doch noch etwas größeres plant. Diese Fragen bleiben weiter unbeantwortet.

Die Signalwirkung, die von dem Transfer ausgeht, ist jedenfalls eine große. Auch im vergangenen Jahr haben die Klubs der Championship bereits im großen Stil eingekauft. Dass ein Talent, dass vor zwei Jahren noch in halb Europa auf dem Einkaufszettel stand, nun in diese Liga wechselt, ist eine neue Dimension.

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