Crowdfunding-Kampagne für Austria Salzburg: Lila Stehaufmanderl

Austria Salzburg spielt derzeit in der drittklassigen Regionalliga West
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Nach elf Jahren des steten Aufstiegs wurde der von Fans neugegründete Verein Austria Salzburg im Sommer zwangsrelegiert und stand kurz vor dem finanziellen Ruin. Im letzten Moment gelang die Rettung, nun stellt sich die Austria neu auf. Helfen soll dabei die Crowdfunding-Kampagne eines Münchner Start-Ups.

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Roman Hammerl ist 39 Jahre alt und Chief Financial Officer eines Münchner Start-Ups, Otto Konrad 51 und ein ehemaliger Tormann aus der österreichischen Steiermark. Gemeinsam haben sie nicht viel - eines verbindet Hammerl und Konrad aber: Austria Salzburg. Beide beschäftigen sich derzeit intensiv mit dem österreichischen Regionalligisten und dessen Fortbestand.

Konrad spielte einst für den Verein und ist mittlerweile als ehrenamtlicher Berater der Austria tätig, Hammerl versucht mit der Firma KICKRS.NET finanzielle Mittel für den arg angeschlagenen Klub aufzutreiben. Austria Salzburg ist aber kein finanziell arg angeschlagener Klub, wie es weltweit so viele gibt. Bei Austria Salzburg ist alles etwas spezieller.

Hurra, wir leben! Die Geschichte von Austria Salzburg bis zum Zwangsabstieg

2005 übernahm Red Bull den österreichischen Traditionsverein, die Fans wollten sich das nicht bieten lassen und gründeten kurzerhand ihren eigenen Klub. Die Tradition der Austria sollte weiterleben. Von ganz unten kämpfte sich die Viola immer weiter nach oben. 2015 gelang schließlich der Aufstieg in die zweite Liga. Profifußball. Dann der Schock: Pleite und Zwangsabstieg. Nun kickt Austria Salzburg wieder in der drittklassigen Regionalliga West und versucht sich wirtschaftlich zu konsolidieren.

Dabei helfen soll eine ganz spezielle Crowdfunding-Aktion des Münchner Unternehmens KICKRS.NET. Unter dem Motto "Tradition hat Zukunft" wird ab Montag, 17. Oktober, in einer einmonatigen Kampagne um finanzielle Unterstützung gebeten. Benötigt wird das Geld für überlebensnotwenige Dinge - es geht um jeden Euro. Mit den ersten 25.000 Euro soll etwa die Stadionmiete der laufenden Saison gedeckt werden, weiteres Geld in die Nachwuchsförderung und infrastrukturelle Projekte fließen.

Irgendwann ist der Ofen aus

Jahrelang zehrte der Verein von den finanziellen Mitteln seiner Anhänger, die dem Klub etwa über einen Fonds knapp 300.000 Euro zur Verfügung stellten. "Die Fans haben schon so viel geleistet und all ihr Erspartes gegeben", sagt Konrad gegenüber SPOX, "doch jetzt ist der Ofen langsam aber sicher aus." Angeheizt soll er wieder werden mit Geld aus aller Welt. Hier kommt KICKRS.NET ins Spiel.

"Wir bieten dem Verein die Plattform und die Erfahrung, eine Crowdfunding-Kampagne durchzuführen", sagt Hammerl gegenüber SPOX. Erfahrung hat KICKRS.NET, das erfolgsabhängig mit einem kleinen prozentualen Anteil an den Einnahmen partizipiert, in diesem Bereich bereits reichlich. Kampagnen mit Lok Leipzig oder dem österreichischen Bundesligisten Admira Wacker Mödling wurden erfolgreich über die Bühne gebracht. Bei diesen Aktionen handelte es sich jedoch um Crowdinvestment-Kampagnen. Die Investoren wurden mit Renditen belohnt.

Bei der Austria ist das aus finanziellen Gründen nicht realistisch, die Zusammenarbeit mit der Viola ist für KICKRS.NET aber nicht nur wegen der Crowdfunding-Prämiere des Unternehmens eine spezielle, eine einzigartige. Es geht auch übermäßig emotional zu. "Die überregionale Fanunterstützung für die Austria ist riesig", sagt Hammerl. "was uns von Fans vor Ort berichtet wurde, war Gänsehaut pur."

Pro-Austria statt Anti-Red-Bull

Dieses Gänsehautflair soll nun über die Kampagne vermittelt werden. Die Austria ist ein Verein, der für Mitgefühl sorgt. Nicht nur bei Fans von Vereinen wie Borussia Dortmund, Union Berlin oder Udinese Calcio, die ohnehin schon gute Verbindungen zur Fanszene von Austria Salzburg unterhalten, sondern bei Fußball-Fans aus aller Welt. Fans, die Wert legen auf Tradition und der Kommerzialisierung des Sports kritisch gegenüberstehen. International ist die Kampagne angelegt, wie Hammerl erklärt, die entsprechende Internetseite auch auf Englisch und Italienisch abrufbar.

Spender bekommen für ihre Unterstützung Prämien wie eine Einladung zu einem großen Fanabend oder T-Shirts, mit der sie ihre Solidarität mit der Austria zur Schau stellen können. Diese Verbundenheit mit der Austria ist gleichzeitig eine Ablehnung gegenüber Red Bull. "Es wurde auch mal angedacht die Kampagne aggressiver gegen Red Bull zu fahren, aber wir wollten nicht noch mehr Öl ins Feuer gießen", sagt Hammerl.

Gemeinsam mit den Salzburger Verantwortungsträgern wurde sich dann für eine positive Pro-Austria- und gegen eine Anti-RB-Kampagne entschieden. "Was Red Bull macht, interessiert uns nicht", sagt auch Konrad, "dort geht es nur um Marketingziele und den sportlichen Erfolg." Doch auch bei der Austria wurde dem sportlichen Erfolg lange Einiges untergeordnet. Gemündet hat das beinahe im finanziellen Kollaps.

Patscherte Verantwortungsträger

Die Ansprüche haben sich ob der Entwicklungen der vergangenen zwölf Monate verschoben. Der Kater nach dem märchenhaften Rausch. "Das Ziel des Vereins ist es nicht, mit aller Macht kurzfristig aufzusteigen", schildert Hammerl seinen Eindruck. In ruhigen Gewässern in der dritten Liga zu kicken - auch das kann sexy sein. Es gelte laut Konrad jetzt, "das Sportliche dem Wirtschaftlichen unterzuordnen" und den Verein "irgendwie am Leben zu halten".

Im Sommer setzte es ein reinigendes Gewitter; es wurde beschlossen, was eigentlich selbstverständlich sein sollte: Fortan wird nur mehr das ausgegeben, was sich tatsächlich auf dem Vereins-Konto befindet. Bisher genügten für Kader-Investitionen oftmals auch vage Sponsoren-Versprechungen.

Eine Tatsache, die das Finanzgebaren der vergangenen Jahre treffender und trauriger nicht beschreiben könnte. Es waren wohl Leute am Werk, die schlicht nicht über die nötigen Kompetenzen verfügten. "Keiner hat sich bereichert", ist sich Konrad zwar sicher, "aber die einstigen Verantwortungsträger waren leider etwas patschert."

Patschert, das ist man in Österreich, wenn man etwas leichtsinnig, stümperhaft arbeitet. Chaos herrschte bis in den Frühsommer. "Eineinhalb Wochen vor Meisterschaftsbeginn hatten wir keine Mannschaft, die Verträge waren nicht unterschrieben", sagt Konrad. So etwas sollte sich besser nicht wiederholen.

Dafür wurden auch personelle Konsequenzen gezogen. "Wir wollen wieder vertrauenswürdig werden und gegenüber Sponsoren, Gönnern und den Behörden seriös wirken", erklärt Konrad. Ein Pfund ist dabei die funktionierende Jugendabteilung. Konrad nennt sie ein "Integrationsprojekt". Kinder aus 21 Nationen spielen für die Austria.

Irgendwann, ja irgendwann

Auch die sportliche Lage der ersten Mannschaft stellt sich trotz der turbulenten vergangenen Monate wieder vielversprechend dar. Austria Salzburg spielt im oberen Tabellenmittelfeld der Regionalliga West mit. Unterstützt stets von den ebenso zahlreichen wie treuen Fans.

Die Fans. Sie sind vor allem seit der Wiedergründung der Schlüssel zum Erfolg des Vereins. Eines Vereins, der es seit mittlerweile elf Jahren mit teils eigen-, teils fremdverschuldeten Hindernissen aufnimmt. "Der Klub hat bereits oft seine Aufstehermentalität bewiesen", sagt Hammerl anerkennend. Unabhängig von ihm formuliert es Konrad fast gleich, nur etwas österreichischer: "Wir sind ein richtiges Stehaufmanderl!"

Aufstehen, das heißt auch zurückkämpfen - irgendwann, ja irgendwann, soll es dann schon wieder mal der bezahlte Fußball sein, sagt Konrad, "aber jetzt heißt es: Aufräumen". Das geht bekanntlich am besten gemeinsam. Durch die Crowdfunding-Kampagne von KICKRS.NET kann auch aus Argentinien oder Australien beim Austria-Aufräumen in Salzburg geholfen werden.

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