Napoli kritisieren? "Am Arsch!"

Von SPOX
Aurelio De Laurentiis (l.) ist kein Mann, den man besonders gerne erzürnen würde - wirklich nicht
© Getty

In Neapel gab es von Präsident Aurelio De Laurentiis eine Medien-Schelte der ganz besonderen Sorte - feinste Wortwahl, lyrisch akkurat positioniert. In Manchester pinkelt ein United-Fan den City-Scheichs ans Bein, in Spanien heißt es: Party-Alarm im Pyjama.

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Serie A

von Oliver Birkner

Zynismus mit V. Rossi: Die 23. Folge der diesjährigen Inter Horror Picture Show hatte mal wieder einiges auf Lager. Die Mailänder brachten es tatsächlich fertig, daheim gegen den Tabellenletzten mit der schlechtesten Defensive zu verlieren - Aufsteiger Novara hatte auswärts zuvor zwei Pünktchen ergattert. Abgesehen von Wesley Sneijder, der kurz vor Schluss die Latte traf, besaßen Inters apathische Bemühungen nicht einmal das Tempo einer Tipp-Kick-Partie. Das ermöglichte einem Rudel Tauben Nahe der Eckfahne über eine Stunde lang eine ungestörte Saatschlemmerei, bis auch sie gelangweilt davonflogen. Inter-Edelfan Valentino Rossi twitterte vor dem TV: "Ahhh, jetzt habe ich verstanden: Die Weißen sind gar nicht Novara, sondern Real Madrid." Etwas später: "Der Tausch Forlan für Eto'o war ein ähnlicher Geniestreich wie einst Pistone - Roberto Carlos!" Mitte der 90er bevorzugte Coach Roy Hodgson den mittelprächtigen Alessandro Pistone und disqualifizierte Roberto Carlos als "taktisch undiszipliniert" - Inter verscherbelte den Brasilianer schließlich für 3,5 Millionen Euro zu Real. Am Ende resümierte Rossi: "Heute Abend möchte ich nicht der Aschenbecher von Moratti sein!" Der Inter-Patron wird zweifelsohne einige Schachteln seiner geliebten Marlboro durchgezogen haben. Jüngst zürnte Moratti, er werde zukünftig genau studieren, wer es am Saisonende wert sei, bei Inter zu verbleiben. Damit dürften die Gehaltkosten rapide gesenkt werden. Gleichzeitig könnte allerdings Hauptsponsor Pirelli seine Zuschüsse beschneiden. Denn ein erboster Tifoso kündigte Konsequenzen an: "Lieber Sponsor, nach dem Auftritt von heute wirst du die Produktion von Winterreifen drosseln müssen: Mein Freundeskreis und ich steigen auf Yokohama um."

Medien-Kritik auf Neapolitanisch: Neben Moratti ging auch einem anderen Klubbesitzer kürzlich die Sicherung durch. Napolis Aurelio De Laurentiis erhitzte sich über die herbe Medien-Kritik an den mäßigen Liga-Auftritten und stellte sie folgendermaßen ins Achtung: "Eine Saison, die man im Klo runterspülen kann? Ihr Idioten. Was zur Hölle habt ihr in Neapel denn gewonnen? Zwei Scudetti, einen Pokal, einen UEFA-Cup? Es gibt Leute, die haben davon das Zigfache in der Vitrine! Seit 20 Jahren passierte hier nichts. Und wenn ihr mir weiter auf den Sack geht, haue ich eben ab. Falls ich aber bleibe, müssen hier alle an einem Strang ziehen - überhaupt gilt meine Arbeit nicht euch, sondern ausschließlich den Fans, meinen Hauptauftraggebern. Bleibt mal alle hübsch mit den Füßen auf dem Boden, denn in Neapel funktioniert verdammt noch mal rein gar nichts. Niemand sagt: Weißt du, in Neapel läuft alles perfekt, und nebenbei gibt es auch noch den Fußball. Am Arsch! In Neapel gibt es NUR den Fußball! Zeigt also mehr Dankbarkeit!" Das saß.

De Laurentiis im Porträt: Der Revoluzzer aus dem Show-Business

Ein Mafiosi sieht Rot: Dass der Fußball im Nebenjob auch bei Polizeifahndungen auszuhelfen vermag, bewies eine Episode aus Kalabrien. Dort saß der gesuchte Mafiaboss des Aquino-Clans vor den Berichten über den Amateurfußball im Lokal-Fernsehen und kommentierte die Platzverweise für seine beiden Söhne per fluchender SMS als horrende Fehlentscheidungen. Zunächst anonym, bei ausbleibender Reaktion im Studio dann unterzeichnet. Eine leichtfertige Aktion, denn so ortete man Aquino, der kurz darauf festgenommen wurde. Den Ärger über die Roten Karten hätte er besser mit einem Grappa runtergespült.

Premier League

von Raphael Honigstein

Cat-Fever: Die Katze von Anfield, Redknapps Freispruch, Capellos Abschied, Luis Suarez' Handschlag-Skandal und eine Liverpooler-Welle der Entschuldigungen: was war das für eine Woche. Fangen wir von vorne an, bei der streunenden Katze, die am Montagabend das 0:0-Match zwischen Liverpool und Tottenham unterbrach. Die Briten wären nicht die Briten, wenn sie den vierbeinigen Eindringling nicht sofort zum Popstar gemacht hätten. Tausende schrieben sich als Follower beim Twitter-Account @AnfieldCat ein, Buchmacher führen die Tigerkatze sogar als Kandidat für das Amt des Nationaltrainers - wenn auch mit der zugegegen großzügigen Quote von 5000 zu 1. Ab sofort kann man auch wetten, welches Tier als nächstes unerlaubt auf dem Rasen auftaucht. Zur Wahl stehen: Maus (2 zu 1), Katze (4 zu 1), Eichhörnchen (5 zu 1), Hamster (6-1), Reptil (33-1). 66 zu 1 gäbe es für einen Affen. Man muss in diesem speziellen Fall regelrecht hoffen, dass sich die kroatische Wett-Mafia der Sache annimmt.

Irren und Wirren mit der FA: Zweibeiner Redknapp wird wohl die Engländer zum nächsten Viertelfinal-Aus coachen, zuvor darf U-21-Trainer Stuart "Psycho" Pearce ran. Diese Personalie folgt einer interessanten Logik. Capello musste gehen, weil er John Terry nach seiner Rassismus-Anklage nicht degradieren wollte. Der Italiener, argumentierte der Verband, erkenne nicht den Ernst der Lage. Also wurde Pearce befördert. Jener Pearce, der sich 1994 nach einem Match zwischen Nottingham Forest und Manchester United für eine rassistische Beleidigung von Paul Ince entschuldigen musste. Nun, die Sache ist, man muss es fairerweise sagen, schon länger her. Außerdem hätte es auch viel schlimmer kommen können: Stuarts älterer Bruder Dennis kandidierte einst für die British National Party.

Ans Bein pinkeln auf Manchester-Art: Nach den Entschuldigungen von Suarez, Liverpool-Geschäftsführer Ian Ayre und Kenny Dalglish wollen auch die Blitzlichter einen Schlussstrich unter die Affäre ziehen. Es gibt ja schon wieder neue, ebenfalls interessante Geschichten, wie zum Beispiel diese: ein Manchester-United-Fan versucht gerade, den Bau des 120-Millionen-Euro-Trainingkomplexes von Manchester City vor dem Etihad-Stadion zu verhindern. Grundstücksbesitzer Shaun O'Brien will 5,4 Millionen Euro Entschädigung haben, City hat nur 114 000 Euro geboten. Um einer Zwangsenteignung zuvorzukommen, hat er begonnen, die 32 Hektar Bauland in 18 000 Parzellen zum Preis von 300 Euro zu verkaufen. O'Brien will bereits eine "signifikante" Anzahl der Grundstücke an den Mann gebracht haben. Wer hier investiert, dürfte klar sein: es sind United-Fans, die den hellblauen Nachbarn die Expansion so schwer wie möglich machen wollen.

Primera Division

von Paula Villamarin Temperan

Der Feind in meinem Stadion: Irgendwo ist Reals Standpunkt ja nachvollziehbar. Wenn sich schon der Erzfeind lüstern über die Ex hermacht, dann bitte nicht im eigenen Schlafzimmer. Insofern ist klar, dass der enttrohnte Pokal-Titelverteidiger Madrid das Copa-Finale nicht unbedingt im eigenen Bernabeu stattfinden lassen will. Aus nationalen Gesichtspunkten sind Barca und Bilbao auch nicht gerade artige Gäste, wurde die spanische Hymne doch beim letzten Pokalfinale zwischen beiden Teams 2009 in Valencia gnadenlos nieder gepfiffen. Das Problem: Beide wollen unbedingt nach Madrid, weil man dort am meisten Zuschauer unterbringen könnte. Bei einem Finale in Valencia beispielsweise könnte beiden Mannschaften nur ein Kontingent von knapp 18.700 Tickets zur Verfügung gestellt werden. Also doch das Bernabeu? Jose Mourinho hat seinen eigenen Standpunkt dazu: "Mir ist es egal, wo sie spielen - ob hier bei uns oder in China." Gute Idee, Jose. Ins Nationalstadion in Peking gehen ja immerhin 91.000 Fans rein.

Pyjama-Party: Apropos Mourinho - Gerüchte, der Spezielle Eine (the Special One) werde Real nach dieser Saison verlassen, halten sich weiter hartnäckig wie ein Tripper rund um die Umkleidekabine der Galaktischen. Zehn Punkte Vorsprung in der Liga scheinen die Mou-Kritiker nicht daran zu hindern, fröhlich das "Wer-könnte-denn-der-nächste-sein"-Spielchen über den Äther gehen zu lassen. Angeblich stünde ja Espanyol-Coach Mauricio Pochettino schon Gewehr bei Fuß. Dumm nur, dass der am Wochenende meinte: "Alles was ich darüber sagen kann, ist, dass meine Kinder alle in Espanyol-Schlafanzügen ins Bett gehen." Nuff said.

Last-Minute-Heuler: Fans von Real Betis haben es mittlerweile raus: 80 Minuten lang kann man sich getrost mit was anderem beschäftigen, erst in den letzten zehn Minuten wird's naturgemäß richtig heiß. Die Grün-Weißen hatten nämlich vor dem Wochenende bereits 10 ihrer 23 Saisontreffer erst kurz vor Abpfiff erzielt. Da passte es ins Drehbuch, dass Betis gegen Bilbao nun schon der vierte Siegtreffer diese Saion innerhalb der letzten drei Minuten gelang. Und weil der Fußballgott gerade eh auf Hollywood gepolt war, ließ er gleich auch noch Nelson das Tor erzielen: Der Portugiese war erst vor der Saison aus Osasuna mit den Nachwehen eines Knöchelbruchs zurückgekehrt, stand nun erstmals seit Juni 2010 wieder für Betis auf den Platz und erzielte quasi mit dem Schlusspfiff überhaupt erst sein erstes Tor im 58. Spiel für die Grün-Weißen. "Ich habe oft geweint und emotional sehr unter der Situation gelitten", ließ Nelson später verlauten. "Aber nun sehe ich endlich Licht am Ende des Tunnels." Steven Spielberg, übernehmen Sie!

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