FIFA erntet Kopfschütteln in ganz Europa

SID
Jerome Valcke (r.) ist seit 2007 Generalsekretär der FIFA
© Getty

Der Chip im Ball und die Torkamera sind für das International Football Association Board vom Tisch. Die Trainer in Europa reagieren mit Kopfschütteln und Unverständnis.

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Die Regelwächter des internationalen Fußballs lehnen den Chip im Ball und die Torkamera ab - und ernten für ihren Traditionalismus von fast allen Seiten nur Kopfschütteln und Unverständnis. "Ich habe vorher dafür kein Verständnis gehabt, ich habe jetzt auch immer noch kein Verständnis dafür", sagte Schalke-Trainer Felix Magath bei "Liga total"

"Wir erlauben uns im Profifußball, in dem ja letztendlich Milliarden umgesetzt werden, den Luxus, dass wir Fehler einfach mittragen. Wir hätten genügend Möglichkeiten, schwerwiegende Fehler sofort zu korrigieren."

Unverständnis auch bei Gross, van Gaal und Funkel

Am Samstag hatte sich das International Football Association Board (IFAB), das höchste Regelgremium, gegen die zuletzt immer häufiger geforderte Einführung technischer Hilfsmittel ausgesprochen.

Auch die Bundesliga-Trainer Christian Gross vom VfB Stuttgart und Friedhelm Funkel von Hertha BSC Berlin pflichteten Magath bei. "Technische Möglichkeiten, um strittige Szenen klar zu definieren und beurteilen zu können, sollte man einführen. Man darf sich da der Entwicklung nicht verschließen", sagte Gross. Und Funkel ergänzte: "Wir sind, glaube ich, die einzige Sportart, in der Hilfsmittel nicht angewandt werden. Und ich weiß nicht, warum der Fußball das nicht zulässt."

Bayern-Trainer Louis van Gaal hatte vor der Entscheidung ebenfalls Neuerungen gefordert - obwohl sein Team im Champions-League-Spiel gegen den AC Florenz von einer klaren Fehlentscheidung profitierte. "Ich sage seit zehn Jahren, dass wir nicht mehr ohne technische Hilfsmittel auskommen. Für die Schiedsrichter wird es immer schwieriger, die Dinge mit dem bloßen Auge zu sehen."

"Die Technologie soll aus dem Spiel herausgehalten werden"

Die Regelwächter, zu denen traditionell jeweils ein Vertreter der britischen Verbände aus England, Schottland, Wales und Nordirland sowie vier FIFA-Vertreter gehören, hatten sich intensiv mit den neuesten technischen Möglichkeiten beschäftigt. Dazu zählten ein Chip im Ball, der signalisiert, wenn der Ball die Torlinie überquert. Die zweite Variante war eine Torkamera, die Aufschluss über die genaue Lage des Balles geben sollte.

Beide Lösungen wurden aber mit großer Mehrheit verworfen. Wie FIFA-Generalsekretär Jerome Valcke erklärte, war das Gremium der Meinung, "dass die Technologie aus dem Spiel herausgehalten werden muss. Das Besondere sind die Menschen, und da gehören auch Fehler dazu."

Doch selbst im traditionsbewussten Fußball-Mutterland England stieß die Entscheidung auf große Ablehnung. "Das geht über meine Vorstellungskraft hinaus. Für mich ist das schwer zu verstehen, weil man doch so viel Gerechtigkeit wie möglich will", sagte Arsenals Teammanager Arsene Wenger: "Wenn man Fußball liebt, will man doch, dass die richtige Entscheidung getroffen wird."

Ereignisse im FA-CUP erneuern die Diskussion

Für aktuellen Bezug sorgte in England das 2:0 des FC Portsmouth im Viertelfinale des FA-Cup gegen Birmingham City. Dabei war den Gästen zehn Minuten vor Schluss ein klares Tor nicht anerkannt worden. "Das ist eine frustrierende Entscheidung der FIFA, weil ich denke, dass sie ihren Offiziellen keinen Gefallen tun", sagte der frühere schottische Nationaltrainer und jetzige Brimingham-Coach Alex McLeish.

Schon beim Handspiel von Thierry Henry während des entscheidenden WM-Qualifikationsspiels zwischen Frankreich und Irland, das die Iren die WM-Teilnahme kostete, hatte sich McLeish für den Videobeweis stark gemacht.

Verständnis für die Entscheidung äußerte dagegen Werder-Geschäftsführer Klaus Allofs: "Ich kann sehr gut damit leben. Wir werden als Verein daran nicht verzweifeln", sagte Allofs: "Ich denke, wir müssen lernen, mit menschlichen Fehlentscheidungen im Fußball umzugehen."

Auf die Seite der Regelhüter schlug sich auch Nationalspieler Marcell Jansen: "Fußball bleibt Fußball, der lebt davon. Wer weiß, ob das dann alles so rund laufen würde, wie wir das kennen. Deshalb kann ich die Entscheidung schon nachvollziehen."

Eine Neuerung könnte das IFAB allerdings noch beschließen. Auf einer Sondersitzung am 17. und 18. Mai soll es die endgültige Analyse über den Einsatz der Torrichter in der Europa League geben.

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