Steffi Jones: "Mensch, Frauen-Fußball ist super!"

Von Interview: Oliver Wittenburg
WM-OK-Chefin Steffi Jones im Rahmen ihrer Welcome Tour beim Besuch in Australien
© Getty

Der Countdown zur Fußball-WM der Frauen läuft: Am Donnerstag gab Bundestrainerin Silvia Neid ihren vorläufigen WM-Kader bekannt und in exakt 100 Tagen wird die deutsche Nationalmannschaft in Berlin gegen Kanada ins Unternehmen Titel-Hattrick starten. Bis es soweit ist, wird sich Steffi Jones - wie in den letzten drei Jahren auch - rund um die Uhr dafür einsetzen, dass das Turnier ein voller Erfolg wird. Im Interview mit SPOX spricht die Präsidentin des Organisationskomitees über den Stand der Vorbereitung, ihre Reise um die Welt und Zweifel am Gelingen ihrer Mission.

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SPOX: Frau Jones, in 100 Tagen geht die WM los. Wie ist der Stand der Vorbereitung und was sind die größten Baustellen bis zum Start am 26. Juni?

Steffi Jones: Wir liegen voll im Soll. Die Arbeit an allen neun WM-Spielorten läuft perfekt. Einige lokale Organisationskomitees haben eine Doppelbelastung, denn sie kümmern sich bei ihren Vereinen auch um die Spiele der Bundesliga. Wenn die Saison vorbei ist, muss teilweise noch was an den Stadien für die WM gemacht werden. Die FIFA verlangt etwas anderes als die DFL. Aber Probleme gibt es nicht.

SPOX: Ihre Welcome Tour führt Sie praktisch um die ganze Welt. Nicht überall hat der Frauen-Fußball den Stellenwert wie in Deutschland. Welche Eindrücke bringen Sie etwa aus Neuseeland oder Äquatorial Guinea mit?

Jones: Sehr gute Eindrücke, die wirklich eines gemeinsam haben, nicht nur in diesen beiden Ländern: Die Leute freuen sich auf die WM. Sie hoffen, dass wir wieder wie 2006 ein tolles Ereignis organisieren. Sie sagen: Das war das Schönste und Größte. In Neuseeland ist Fußball etabliert. Wynton Rufer, der für uns dort Botschafter ist, hat es mir erklärt. Und Äquatorial Guinea ist total begeistert, weil dieses kleine Land mit nicht einmal einer Million Einwohner andere große Nationen bei der Qualifikation besiegt hat. Das ist nicht anders als bei der Männer-WM: In jedem Land sind sie happy, an der WM teilzunehmen.

SPOX: Gab es unterwegs ein Erlebnis oder eine Begegnung, die sich Ihnen besonders eingeprägt hat?

Jones: Sehr frisch in Erinnerung ist mir noch, wie herzlich mich die First Lady Mexikos Margarita Zavala vor einer Woche empfangen hat. Wenig später waren wir auf den riesigen Müllhalden in Mexiko City, auf denen tausende Menschen in Hütten leben und davon leben, Abfall zu sammeln. Auf jeder Station unterstützen wir auch ein soziales Projekt.

SPOX: Der öffentliche Eindruck ist, dass sich der Frauen-Fußball in einem fortwährenden Boom befindet und an Popularität und Akzeptanz gewinnt. Können Sie uns ein paar Beispiele nennen, wo dieser Erfolg sichtbar wird?

Jones: Frauenfußball boomt, wenn die großen Turniere laufen und unsere Mannschaft erfolgreich ist. Und er boomt im Nachwuchsbereich. In manchen Regionen rennen die Mädchen den Vereinen die Türen ein. Nachholbedarf gibt es bei der Betreuung: Trainerinnen und Trainer, Schiedsrichterinnen. Die WM wird sicher wieder einen Boom auslösen. Davon soll unsere Bundesliga profitieren, dort besteht auch Nachholbedarf. Wir müssen uns nach der WM darum kümmern, dass wir den Alltag des Frauenfußballs noch attraktiver machen.

SPOX: Sie strahlen in Ihrer Rolle als OK-Chefin, aber auch als Botschafterin große Leidenschaft und Vorfreude aus. Sie spüren aber sicherlich auch eine große Erwartungshaltung und viel Druck. Wie kommen Sie persönlich mit Ihrer Aufgabe zurecht und was ist Ihr Ausgleich?

Jones: Im Moment gibt es leider keinen Ausgleich mehr. Ich habe eine Sieben-Tage-Woche, was bedeutet, dass es nun keine Pause mehr geben wird bis zum 17. oder 18. Juli. Die Aufgabe macht mir super viel Spaß, weil ich tüchtige Mitarbeiter habe, ich freue mich total auf die WM, aber auch sehr auf meinen Urlaub danach. Am 1. September trete ich dann beim DFB meine Stelle an als Direktorin für Frauenfußball.

SPOX: Sie sagten in einem Interview, dass Sie innerhalb des DFB keine Ressentiments der Männer gegenüber dem Frauen-Fußball spüren. Gibt es andere Bereiche (Medien, Industrie, ...), in denen Sie sich mehr Akzeptanz für den Frauen-Fußball wünschen würden?

Jones: Es ist einfach so, dass ich grundsätzlich Männer- und Frauenfußball nicht vergleichen möchte. Ich ziehe auch keine Parallelen zwischen der WM 2006 und der WM 2011. Wir möchten nur eine ebenso schöne Atmosphäre wie vor fünf Jahren erreichen. In allen Bereichen sind die Dimensionen etwas kleiner. Aber wir haben viel geschafft. Bei der WM 2007 lagen die Marketing-Einnahmen der WM-Organisatoren bei null. Wir decken fast die Hälfte des WM-Etats durch Sponsoren-Einnahmen. In der Werbung, bei den Medien hat sich auch viel bewegt. Verbessern kann man aber immer was.

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SPOX: Es wurde Kritik laut an den Ticketpreisen bzw. Zweifel daran, dass genug Karten abgesetzt werden angesichts teilweise stolzer Preise. In der "Frankfurter Rundschau" sagten Sie: "Dass wir an bestimmten Standorten noch trommeln und werben müssen, wissen wir." Haben Sie Verständnis, wenn Fußball-Fans argumentieren, dass Sie für den Preis einer WM-Karte auch ein Bundesliga-Spitzenspiel besuchen können, und deshalb nicht ins Stadion gehen bzw. mit welchen Argumenten wollen Sie die Leute überzeugen?

Jones: Das Argument ist einfach: Bei der WM spielen die besten Frauen-Mannschaften der Welt. Die Spielerinnen geben 100 Prozent. Die Spiele mit ihrem Rahmenprogramm werden große Events. Der Vorverkauf läuft gut, wir sind zufrieden. Teilweise waren gerade die teuersten Karten sehr gefragt. Der Artikel war gut, aber zu skeptisch. Ich bin eben sehr anspruchsvoll: Ich möchte, dass alle Spiele ausverkauft sind und arbeite daran, dass wir es schaffen.

SPOX: Stimmen Sie zu, dass der Erfolg der WM in großem Maße vom Abschneiden der deutschen Mannschaft abhängig ist und dass ein vorzeitiges Scheitern fatal wäre?

Jones: Fatal ist mir zu negativ. Ein vorzeitiges Scheitern wäre ungünstig, aber daran denkt wirklich keiner. Aber klar ist doch auch: Unsere Mannschaft hat kein Abo auf die Finalteilnahme. Die Bayern spielen gegen Inter lange großartig und fliegen raus.

SPOX: Verschwenden Sie einen Gedanken an die Möglichkeit, dass die WM kein durchschlagender Erfolg wird? Anders gefragt: Was ist Ihre Zielsetzung für das Turnier und woran lassen Sie sich messen?

Jones: Die WM wird ein Erfolg. Drei Wochen Dauerregen, das wäre schlecht. Die WM 2006 hat auch vom Kaiserwetter gelebt. Meine Zielsetzung als OK-Präsidentin: Wir sollten die besten Fußballerinnen aus aller Welt und ihre Fans herzlich aufnehmen. Sie sollen später sagen, dass diese WM großartig war. Wenn das der Fall ist, war die WM für mich ein neues Sommermärchen.

SPOX: Wenn Sie an Ihre aktive Zeit zurückdenken: Wie hat sich der Frauen-Fußball verändert?

Jones: Ich habe 2007 aufgehört. Das ist nicht so lange her, ich trenne deswegen nicht in früher und jetzt. Die Aufmerksamkeit hat zugenommen, wobei wir als Weltmeisterinnen von 2003 auch nicht im Schatten standen. Das Spiel ist besser und schneller geworden. Ich würde nicht mehr mithalten können. Die Spielerinnen sind athletischer, sie müssen mehr trainieren und haben deswegen weniger Freizeit.

SPOX: Unabhängig von Ihrer Aufgabe: Worauf freuen Sie sich am meisten bei der WM?

Jones: Ich hoffe auf richtig gute Spiele. Ich hoffe darauf, dass die Leute danach sagen: Mensch, toll, Frauen-Fußball ist super und macht richtig Spaß. Und Deutschland gehört auch noch zu den Besten.

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