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Kommentar zur DFB-Pleite gegen Frankreich: Mit diesem Löw droht ein Deja-vu

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© getty

Suboptimales In-Game-Coaching und gefährliche Schönrederei: Joachim Löw offenbart ein ähnliches Verhaltensmuster wie bei der WM 2018. Legt er nicht schnell den Schalter um, droht ein ähnlicher Ausgang wie in Russland. Ein Kommentar.

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Als Joachim Löw am 29. Mai seine erste Pressekonferenz während der Vorbereitung auf die EM in Seefeld abhielt, kam der Eindruck auf, der Bundestrainer wolle alles Schlechte der vergangenen drei Jahre um jeden Preis ausradieren. Russland 2018. Spanien 2020. Nordmazedonien 2021. Löw vermittelte ein Jetzt-erst-recht-Gefühl. Dafür sprachen neben klaren Worten auch klare Entscheidungen wie die Reaktivierung der ausgebooteten Weltmeister Mats Hummels und Thomas Müller.

Generell: Löw stellte - abgesehen von den Nicht-Nominierungen Ridle Bakus und Jerome Boatengs - einen guten Kader zusammen. Keine Draxlers, Brandts, Tahs oder Kehrers. Dafür Kevin Volland, der in den vergangenen Jahren beste deutsche Stoßstürmer, sowie Überflieger Jamal Musiala vom FC Bayern. Interessante Optionen. Doch was bringt einem ein guter Kader, wenn er nicht richtg moderiert wird? Wenn von der restlos überzeugenden taktischen Idee, gerade im Offensivspiel, aber auch von der ultimativen Gier auf Erfolg wenig zu sehen ist?

Löw wechselt zu spät - und redet die Niederlage schön

Nach dem 0:1 gegen Frankreich zu behaupten, die Dreierkette bringe nichts, Joshua Kimmich dürfe nie wieder hinten rechts spielen und Kai Havertz sei eine schlechte Version von Mesut Özil, ist gewiss zu einfach. Jedes System hat wie jede Personalentscheidung Vor- und Nachteile, über die sich diskutieren lassen.

Über was sich nach dem verpatzten Start in München allerdings nicht diskutieren lassen sollte, ist Löws Verhaltensmuster. Wie bei nahezu allen drei Spielen bei der WM 2018 hielt er auch gegen Frankreich stur an seinem Matchplan fest und brachte zu spät frische Impulse von der Bank. Timo Werner und Leroy Sane kamen erst nach 74, Volland sogar nach 87 Minuten. Das fand dann auch so mancher Spieler wie Ilkay Gündogan eher suboptimal.

Ein weiteres, russlandähnliches Phänomen war Löws übermäßige Schönrederei nach dem Duell mit den alles andere als übermächtig daherkommenden Franzosen. Er könne seinen Spielern keine allzu großen Vorwürfe machen, sagte Löw. Einzig die letzte Konzentration und Durchschlagskraft im letzten Drittel habe gefehlt. Auch Routiniers wie Toni Kroos verzichteten darauf, den Finger in die Wunde zu legen, sondern sprachen von einer "guten Leistung".

DFB-Team schon gegen Portugal unter Zugzwang

Eine gefährliche Haltung, gerade vor dem Hintergrund, dass die deutsche Elf rein tabellarisch schon jetzt unter Zugzwang steht und gegen den alles andere als untalentierten Titelverteidiger aus Portugal dringend treffen und punkten muss. Das Torverhältnis des DFB-Teams liegt derzeit bei -1, und nur die vier besten Dritten aus den sechs EM-Gruppen kommen weiter.

Löw und seine Spieler sollten nicht den Fehler machen und nach einer maximal durchschnittlichen Darbietung gegen den großen Titelfavoriten in den Das-schaukeln-wir-schon-noch-Modus schalten. Es braucht ein Jetzt-erst-recht-Gefühl. Nicht auf Pressekonferenzen, nicht auf dem Papier. Sondern auf dem Platz. Sonst droht ein Deja-vu.

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