Wachwechsel im Schweizer Fußball

SID
Fußball, EM 2008, Schweiz, Hitzfeld
© DPA

Zürich - "Tschüs Köbi, Grüezi Ottmar" - so hat die Zeitung "Blick" zwei Tage nach dem EM-Abschied den Wachwechsel im Schweizer Fußball plakativ eingeleitet. Hinter den Kulissen hat Ottmar Hitzfeld bereits das Zepter in die Hand genommen und losgelegt.

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Der deutsche Nachfolger von Nationalcoach Jakob Köbi Kuhn hat bereits 24 Stunden nach dem ordentlichen Abgang des Gastgebers gegen Portugal (2:0) in einem Gespräch Nationalstürmer Marco Streller zum Rücktritt vom angekündigten Rücktritt bewegt, berichtete der "Tages-Anzeiger".

Der 27 Jahre alte Ex-Stuttgarter wollte nach Pfiffen gegen ihn beim letzten EM-Test gegen Liechtenstein das Handtuch werfen.

Jede Menge Arbeit für Hitzfeld 

Nach den Niederlagen gegen Tschechien (0:1) und die Türkei (1:2) bleibt nur der erste Sieg einer Schweizer Mannschaft in der EM- Geschichte gegen Portugal als Trost - und für Hitzfeld jede Menge Arbeit.

"Insgesamt muss sich nach den enttäuschenden EM-Spielen einiges ändern", forderte der "Blick" vom neuen Cheftrainer. Viel Zeit hat er nicht, um die eidgenössischen Nationalspieler wieder aufzurichten und für die Qualifikation zur Weltmeisterschaft 2010 in Südafrika in die Erfolgsspur zu bringen.

Am 31. Juli tritt er seinen neuen Job an. Nur 17 Tage nach dem Testspiel gegen Zypern am 20. August kämpft die Schweiz in Israel (6. September) um das WM-Ticket. Weitere Gegner sind Griechenland, Moldawien, Lettland und Luxemburg.

Zuviel Durchschnitt der Schweiz 

Offen ist jedoch, auf wen der 59-jährige bisherige Bayern-Trainer weiter bauen wird - und wen er ausmustert. "Viel Mittelmaß", urteilte die "Neue Zürcher Zeitung" über die EM-Leistungen der Spieler und die "Basler Zeitung" stellte fest: "Zu viel Durchschnitt - die Schweiz beendet die EM fast ohne Gewinner."

Von den 15 in den drei Partien eingesetzten Profis zählt vor allem Valon Behrami von Lazio Rom zu denen, die die EURO als Schaubühne nutzten. Der 31 Jahre alte Yakan Hakin schoss zwar alle drei Tore der Eidgenossen, die mit einem Altersdurchschnitt von 26,41 Jahren das zweit-jüngste EM-Team stellten, sorgte aber mit einer Attacke gegen Kuhn für Missstimmung.

Bauen kann Hitzfeld für die Zukunft auf das Bundesliga-Quartett mit Torhüter Diego Benaglio (Wolfsburg) sowie Ludovic Magnin (Stuttgart), Tranquillo Barnetta (Leverkusen) und Alexander Frei (Dortmund).

Personelle Umstrukturierung 

Möglich ist, dass er weitere Talente wie Fabian Lustenberger (Hertha BSC) oder Pirmin Schwegler (Leverkusen) aus Deutschland holt. Ein personelles Revirement im Betreuerstab hat er bereits vollzogen: Mit Ausnahme von Co-Trainer Michel Pont werden alle ausgewechselt - inklusive Teamberater Adrian Knup.

"Man redet immer vom Glück der Bayern und vom Glück der Deutschen", sagte Kapitän Frei, "aber das ist kein Zufall, man kann es erzwingen." Hitzfeld, der als Trainer siebenmal deutscher Meister wurde und zweimal die Champions League gewann, soll es den Eidgenossen beibringen. "Mit ihm bekommen wir einen großen Trainer", sagte Barnetta, "alles wird er aber auch nicht auf den Kopf stellen."

Schweizer Süßholz-Raspelei 

Kein gutes Haar ließen die Schweizer Medien jedoch in einem kritischen EM-Kehraus an der laschen Bilanz der Spitzenfunktionäre des Schweizer Fußball-Verbandes (SFV). "Minimale Resultate, maximales Lob", kritisierte die "Basler Zeitung" die "Süßholz- Raspelei".

"Man hätte sich eine Spur mehr Selbstkritik gewünscht." Stein des Anstoßes war das Fazit von SFV-Präsident Ralph Zloczower: "Die Leistungen der Mannschaft waren gut, gegen Portugal sehr gut. Was fehlte, waren die Resultate." Und sein Nationalteam-Delegierter Ernst Lämmli befand: "Nur wenig hat zum guten Gelingen gefehlt."